Die Freiburger hatten sich mächtig in Schale geworfen für ihren ersten internationalen Auftritt seit acht Jahren. Die stimmgewaltigen Fans in der Kurve waren ganz in Weiß gekleidet für die Europa-League-Partie gegen den aserbaidschanischen Meister Karabach Agdam. Wenige Minuten vor Anpfiff zogen sie ein überdimensionales weiß-rotes Banner quer über den Block. Darunter stand Rot auf Weiß: „Wir sind zurück“.

Freiburg ist zurück auf der europäischen Bühne

Und wie sie zurück waren auf der europäischen Bühne. Den ersten gefährlichen Schuss setzte nach einer schönen Kombination über Christian Günter und Vincenzo Grifo Maximilian Eggestein über das Tor der ganz in Schwarz spielenden Gäste. 23 Sekunden waren da erst gespielt. 90 Sekunden später strich ein Versuch von Ritsu Doan nur knapp am Pfosten vorbei.

Freiburgs Nils Petersen (r) in Aktion gegen Karabach Agdams Qara Qarayev.
Freiburgs Nils Petersen (r) in Aktion gegen Karabach Agdams Qara Qarayev. | Bild: Tom Weller/dpa

Nach dem folgenden Eckball blieb Matthias Ginter lange im Strafraum liegen – und während der Freiburger Verteidiger behandelt wurde, zitierte der Videoassistent den belgischen Schiedsrichter Erik Lambrechts zur Seitenlinie. Lange brauchte der nicht, um nach Studium der Bilder zu erkennen, dass Ginter umgestoßen worden war. Strafstoß. Grifo trat an, Grifo traf. 1:0. Sie waren zurück, die Freiburger.

Der Sportclub-Express rollte unbarmherzig weiter in Richtung des Tors der Aserbaidschaner, die tapfer versuchten, selbst offensiv zu pressen. In der 9. Minute hatte Doan noch völlig frei übers den Karabach-Kasten geschossen, so machte er es nach einer Viertelstunde besser. Der Japaner umkurvte die gesamte Gästedefensive und schlenzte den Ball flach zur 2:0-Führung ins Netz.

Freiburgs Trainer Christian Streich gestikuliert.
Freiburgs Trainer Christian Streich gestikuliert. | Bild: Tom Weller/dpa

SC-Trainer Christian Streich, der den Gegner ausführlich auf Video studiert hatte, musste sein zuletzt so erfolgreiches Team umbauen. Beim Bundesliga-Tabellenführer stand erstmals in dieser Saison Torjäger Nils Petersen in der Startaufstellung, Neuzugang Michael Gregoritsch saß für ihn auf der Bank, der verletzte Roland Sallai wurde durch Woo-yeong Jeong ersetzt. Zudem fehlte der an Sprunggelenkproblemen leidende Verteidiger Manuel Gulde beim ersten Gruppenspiel der Breisgauer in der Europa League seit der Saison 2013/14.

Frühe Führung beruhigt die Freiburger

Mit der beruhigenden frühen Führung im Rücken schalteten die Freiburger zwei Gänge herunter, von Vollgas in den Modus Spielkontrolle. So wirklich begeistert von dieser Idee seiner Spieler schien Trainer Streich nicht zu sein, der lautstark aus seiner Coachingzone heraus schimpfte und gestikulierte. Die Fehler der Gastgeber nahmen zu, und so kam auch das Team aus Karabach nach einer halben Stunde zur ersten Chance durch Abdellah Zoubir. Den Schuss parierte SC-Keeper Mark Flekken noch, doch als neun Minuten später Marko Vasovic den Anschlusstreffer erzielte, sah der Niederländer nicht gut aus.

Spieler des FK Karabach Agdam reklamieren bei Schiedsrichter Erik Lambrechts (l).
Spieler des FK Karabach Agdam reklamieren bei Schiedsrichter Erik Lambrechts (l). | Bild: Tom Weller/dpa

Dass sie kicken können, wie Streich es ausdrücken würde, bewiesen die Aserbaidschaner im Anschluss. Weil die Freiburger es zuließen. Vom Anfangsschwung der Rot-Weißen war nicht mehr viel zu sehen. Karabach war zurück. Zurück im Spiel. Und wie die Gäste zurück waren. Keine acht Minuten waren in der zweiten Hälfte gespielt, da musste Flekken bereits zweimal in höchster Not retten.

Der SC Freiburg war nur noch ein Schatten des SC Freiburg aus dem ersten Abschnitt. Nichts war mehr zu sehen vom einstigen Offensivwirbel bei nun passiven und tief stehenden, ja fast schon verunsicherten Gastgebern. Ein Angriff nach dem anderen rollte auf das Sportclub-Tor zu. Positiv war aus Freiburger Sicht nur, dass es weiter 2:1 stand. Je länger es dabei blieb, desto mehr schwanden die Kräfte der Gäste.

Freiburgs Ritsu Doan jubelt nach seinem Tor zum 2:0.
Freiburgs Ritsu Doan jubelt nach seinem Tor zum 2:0. | Bild: Tom Weller/dpa

Wie die Fans vor dem Anpfiff kiloweise rot-weißes Konfetti, hatten die Spieler in der ersten halben Stunde ihr gesamtes Pulver verschossen. Da in den restlichen Spielminuten kein weiterer Treffer mehr fiel, feierten sie gemeinsam einen Heimsieg, der nach fantastischem Beginn nun doch etwas schmeichelhaft anmutete.