Nach dem ebenso bemerkenswerten wie eigenwilligen Interview-Wumms von Manuel Neuer aus dem Krankenstand wird auf die Konsequenzen der massiv verärgerten Bayern-Bosse gewartet. Kommt es sogar zu einem großen Knall? Vorstandschef Oliver Kahn kündigte nach der Lektüre der Kapitäns-Aussagen jedenfalls „deutliche Gespräche“ mit dem Kapitän an.

„Wenn es Konsequenzen gibt, werden wir zuerst mit Manuel selbst darüber sprechen“, äußerte Sportvorstand Hasan Salihamidzic zurückhaltend. Wird Neuer bestraft? Wird er als Kapitän abgesetzt und so hierarchisch zurückgestuft? Die mehr als ein Jahrzehnt währende Erfolgsgeschichte zwischen dem FC Bayern und Neuer wird mit einem unrühmlichen Kapitel fortgeschrieben. Das letzte muss es freilich nicht sein.

Wie finden Neuer und der FC Bayern wieder zusammen? Nach den wortgewaltigen Neuer-Aussagen und einer umgehenden Maßregelung durch Kahn ist das die große Zukunftsfrage. Wie die, ob Neuer sich nach seinem Beinbruch überhaupt wieder in Topform zurückmelden kann. Die früheren Bayern-Profis und heutigen TV-Experten Lothar Matthäus, Dietmar Hamann und Stefan Effenberg rüffelten Neuer.

„Er spricht sich von allem frei und geht auf alle anderen los. Das ist nicht der FC Bayern“, sagte Rekordnationalspieler Matthäus. Die Münchner Bosse würden sich das „nicht bieten lassen – auch wenn es Manuel Neuer ist“.

Mit seinen markanten und sehr emotionalen Aussagen in der „Süddeutschen Zeitung“ und dem Sportportal „The Athletic“ hatte der Torwart den Verein, die Bosse und Trainer Julian Nagelsmann kalt erwischt.

Kahn führte in seiner Replik Punkte an, die den selbst erklärten „Teamplayer“ Neuer in eine Ego-Ecke stellen. Was dieser im Zusammenhang mit der Freistellung von Torwarttrainer Toni Tapalovic gesagt habe, werde „weder ihm als Kapitän noch den Werten des FC Bayern gerecht“, sagte Kahn: „Zudem kommen seine Aussagen zur Unzeit, weil wir vor ganz wichtigen Spielen stehen.“ In gut einer Woche steht die Champions-League-Kraftprobe mit Lionel Messi und Paris Saint-Germain an.

Bei Neuer löste sich ein Fruststau. Er sagt, was er fühlt. Die vermurkste WM, der schwere Ski-Unfall und schließlich die Aussortierung seines langjährigen Torwarttrainers waren in Summe wohl zu viel. Seine Rückkehr ins Tor – wann und wie wird es dazu kommen? Die Antwort kennt niemand. „Ich muss schauen, wie ich zurückkommen werde. Wenn es so weit ist, dann schaue ich in den Spiegel und sage mir die Wahrheit, so wie immer. Wenn ich nicht performe, werde ich den Posten räumen. Aber rechnen Sie nicht damit!“, sagte er kämpferisch in den Interviews.

Bis zum 30. Juni 2024 läuft sein Vertrag in München, ein Jahr weniger als beim künftigen Konkurrenten Sommer. Im Sommer 2024 findet auch die Heim-EM statt. „Der Beste wird spielen. Wenn ich spielen will, muss ich der Beste sein“, lautet Neuers Sicht der Dinge. Diese Passage des Interviews offenbarte den Ehrgeiz der deutschen Nummer 1. Es klang frei nach Uli Hoeneß nach: „Das war‘s noch nicht!“ Ein Manuel Neuer tritt nicht leise ab. (dpa)