In den letzten Wochen und Monaten haben sowohl die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi als auch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mehrfach durch Streiks für Stillstand im deutschen Verkehrssektor gesorgt - immer mit dem Hintergrund ihren Forderungen bei den Tarifverhandlungen mit der jeweiligen Arbeitgeberseite Nachdruck zu verleihen. 

Die EVG steckt noch immer in Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn und rund 50 weiteren Bahnunternehmen. Und auch nach dem Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst kommt es noch zu Nahverkehr-Streiks durch Verdi. Ob weitere Streiks anstehen und wie die Verhandlungen laufen, lesen Sie hier.

Vierte Verhandlungsrunde zwischen EVG und DB: Kommt jetzt eine Einigung?

In einer vierten Gesprächsrunde waren die Verhandlungen zwischen EVG und der Deutschen Bahn vom 23. bis zum 25 Mai fortgesetzt worden. Laufen sollen die Gespräche bis einschließlich Donnerstag, 25. Mai 2023. In einer Pressemitteilung hat die EVG bereits vorab mitgeteilt, dass es die Gewerkschaft nun "schnell echte Fortschritte" in Sachen Lohnerhöhung und Mindestlohn erwartet, denn "sonst kann ich für nichts garantieren", sagte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch.

Auch die Deutsche Bahn hat sich für einen zügigen Tarifabschluss ausgesprochen. "Wir wollen jetzt auch wirklich zu Ergebnissen kommen. Alle warten darauf und zurecht", sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler. In der kommenden Woche sollen die Gespräche fortgesetzt werden.

EVG: Bahn-Streik im Mai oder Juni 2023?

Im Mai 2023 wird es keinen Bahn-Streik mehr geben. Die EVG möchte in der kommenden Woche weiter mit der Deutschen Bahn verhandeln, die zuletzt ihr Angebot verbessert hatte. "Wer verhandelt, streikt nicht", sagte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch. Damit ist auch ein Bahn-Streik an Pfingsten 2023 abgewendet.

Die Gewerkschaft hat aber betont, beim Scheitern der Gespräche schnell wieder streiken zu wollen. Ein Bahn-Streik im Juni 2023 ist damit nicht ausgeschlossen. Allerdings haben sich EVG und Deutsche Bahn zuletzt so sehr angenähert, dass es bald einen Tarifabschluss geben könnte.

Verdi: Kommt es im Mai 2023 zu weiteren Streiks?

Verdi verhandelt seit Mitte April 2023 mit rund 40 Betrieben des ÖPNV, für die die EVG nicht zuständig ist, über einen neuen Eisenbahn-Tarifvertrag (ETV). Der alte war Ende März ausgelaufen. Die Gewerkschaft hat die betroffenen Betriebe schon mehrmals zum Warnstreik aufgerufen.

Verdi fordert für den ETV bei einer Laufzeit von 12 Monaten 550 Euro mehr Gehalt pro Monat sowie 250 Euro mehr für Auszubildende. Das bisherige Angebot des Arbeitgeberverbands Deutscher Eisenbahnen (AGVDE) ist laut Verdi bisher "weit hinter den Forderungen" zurückgeblieben.

Außerdem verhandelt Verdi aktuell den Tarifvertrag Nahverkehr Bayern (TV-N). Um den eigenen Forderungen Nachdruck zu verleihen, hatte die Gewerkschaft zu einem ÖPNV-Streik in Bayern am 19. Mai 2023 aufgerufen.

EVG-Tarifverhandlungen: Forderungen, Angebot der Bahn und Streikdrohungen

Die EVG verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte mit der Deutschen Bahn und rund 50 weiteren Eisenbahnunternehmen. Davon arbeiten bei der DB 180.000 Beschäftigte. Bisher gab es vier Verhandlungsrunden.

Die EVG fordert zwölf Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten, aber mindestens 650 Euro mehr Gehalt pro Monat. Die Deutsche Bahn hatte die Forderungen zuvor als unrealistisch kritisiert. Mittlerweile hat sie sich aber angenähert.

Die Deutsche Bahn bietet mittlerweile zwölf Prozent mehr Lohn für untere Einkommen, zehn Prozent mehr für mittlere Einkommen und acht Prozent mehr für höhere Einkommen. Die Laufzeit soll bei 24 Monaten liegen - die EVG fordert zwölf Monate. Die Deutsche Bahn bietet außerdem eine Inflationsausgleichsprämie von 2850 Euro an.

Verdi-Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst: Einigung erst nach Schlichterspruch - kurzer Überblick

Bei den Tarifverhandlungen zwischen Verdi und den Arbeitgebern von Bund und Kommunen konnte zuletzt eine Einigung erzielt werden. Dazu war nach einem ersten Scheitern der Gespräche allerdings ein Schlichterspruch nötig. Laut Verdi startet nun eine Mitgliederbefragung zum Tarifergebnis und am 15. Mai 2023 entscheidet die Bundestarifkommission für den öffentlichen Dienst final. Wie sind die Verhandlungen aber abgelaufen?

  • Die letzte Verhandlungsrunde für den öffentlichen Dienst war auf drei Tage angesetzt gewesen, von 27. bis 29. März 2023.
  • Die Gewerkschaft hatte 10,5 Prozent mehr Lohn und mindestens 500 Euro mehr Gehalt pro Monat gefordert. Der neue Tarifvertrag sollte laut Verdi eine Laufzeit von zwölf Monaten haben.
  • Wie Verdi am Donnerstag, 30. März 2023, mitteilte, war die Tarifrunde für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen "nach langwierigen und zähen Verhandlungen gescheitert". Verdi-Vorsitzender Frank Werneke sagte, die „Vorschläge der öffentlichen Arbeitgeber hätten nicht sichergestellt, dass die Kaufkraft insbesondere für die unteren und mittleren Einkommensgruppen erhalten bleibt. Die Bundestarifkommission von ver.di hat deshalb das Scheitern der Verhandlungen erklärt“. Laut Verdi habe sich der Interessenkonflikt nicht auflösen lassen. Aus diesem Grund habe die Gewerkschaft Forderungen nach einer weiteren Verhandlungsrunde eine Absage erteilt. "Es gibt nichts, was wir nicht in den zurückliegenden drei Tagen hätten besprechen können", sagte Werneke.
  • Anschließend wurde die Schlichtungskommission einberufen. Weil während der Schlichtung eine Friedenspflicht besteht konnte zunächst nicht gestreikt werden.
  • Die Schlichtungskommission hat am 15. April 2023 ihren Schiedsspruch für den öffentlichen Dienst vorgelegt.
  • Über den Schlichterspruch haben Gewerkschaften und Arbeitgeber anschließend einzeln beraten und sind am 22. April 2023 in Potsdam erneut zu Verhandlungen zusammengekommen. Beide Seiten haben noch in der Nacht ihre Einigung bekanntgegeben.

Das ist das Ergebnis der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst einer Verdi-Pressemitteilung zufolge: 

  • Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes erhalten eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichszahlung in Höhe von 3.000 Euro.
  • Die Auszahlung beginnt mit einem Betrag von 1.240 Euro netto im Juni 2023. In den Monaten Juli 2023 bis einschließlich Februar 2024 sind monatliche Zahlungen in Höhe von je 220 Euro netto vorgesehen.
  • Die Einkommen der Beschäftigten steigen ab 1. März 2024 tabellenwirksam um einen Sockelbetrag von 200 Euro plus 5,5 Prozent.
  • Studierende, Auszubildende sowie Praktikantinnen und Praktikanten erhalten im Juni 2023 ein Inflationsausgleichsgeld von 620 Euro sowie in der Zeit von Juli 2023 bis einschließlich Februar 2024 monatlich 110 Euro netto.
  • Die Ausbildungsentgelte werden ab März 2024 um 150 Euro erhöht.
  • Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 24 Monate bis zum 31. Dezember 2024.

In diesem Artikel informieren wir Sie laufend über die neuen Entwicklungen.

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