Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) für ihre Verdienste mit dem Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik in besonderer Ausführung ausgezeichnet. Mit dem „Ausnahmeorden“ ehre er Merkel, für ihre außergewöhnlich lange Amtszeit und für ihren außergewöhnlichen politischen Lebensweg, sagte Steinmeier am Montagabend. Bislang erhielten diese hohe Auszeichnung nur die früheren Kanzler Konrad Adenauer und Helmut Kohl (beide CDU).

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreicht Angela Merkel den Orden im Schloss Bellevue.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreicht Angela Merkel den Orden im Schloss Bellevue. | Bild: Michael Kappeler, dpa

Die langjährige deutsche Bundeskanzlerin (2005-2021) zeichne sich durch ihr Pflichtbewusstsein und ihre Verlässlichkeit sowie dadurch aus, dass sie sich selbst als Person nie in den Mittelpunkt stelle, so Steinmeier. „Jede Eitelkeit, jede Schmeichelei, jedes Getue um sie selbst waren ihr zuwider.“ Und weiter: „16 lange Jahre haben Sie für Freiheit und Demokratie, für unser Land und das Wohlergehen seiner Menschen gearbeitet – unermüdlich. Und manchmal bis an die Grenzen Ihrer körperlichen Kraft.“

Steinmeier lobte Merkel als Krisenmanagerin

Als besondere Fähigkeiten Merkels bezeichnete der Bundespräsident deren Beharren auf Fakten, die Kunst des Verhandelns und ihre Unbeirrbarkeit, mit der sie grundsätzliche Prinzipien des Staates hochgehalten habe. Dies habe sich unter anderem in ihrer Politik während der Corona-Pandemie, in der Finanzmarktkrise, in der Russlandpolitik oder beim Ausstieg aus der Atomenergie sowie in der Flüchtlingskrise gezeigt. Dabei habe Merkel auch Entscheidungen korrigiert, wenn neue Fakten neue Entscheidungen erforderten, sagte Steinmeier.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hielt eine 40-minütige Rede zu Ehre von Angela Merkel.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hielt eine 40-minütige Rede zu Ehre von Angela Merkel. | Bild: Michael Kappeler, dpa

Steinmeier würdigte zudem Merkels Eintreten für den Schutz jüdischen Lebens in Deutschland und den Ausbau der deutsch-israelischen Beziehungen. Auch jenseits des hellen Scheinwerferlichts habe die langjährige deutsche Bundeskanzlerin (2005-2021) beharrlich dafür gearbeitet, dass jüdisches Leben in Deutschland eine feste, zukunftsfähige Grundlage habe.

Prominente Gäste bei der Feier

An der Zeremonie im Schloss Bellevue nahmen unter anderen Bundeskanzler Olaf Scholz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Ihnen und den anderen Anwesenden dankte Merkel für ihr Kommen trotz anderer Verpflichtungen. „Ich erinnere mich noch vage, dass Zeit ein knappes gut ist, und in diesen Zeiten ganz besonders.“

Thomas de Maiziere (links) und Helge Braun (rechts).
Thomas de Maiziere (links) und Helge Braun (rechts). | Bild: Michael Kappeler, dpa
Jürgen Klinsmann.
Jürgen Klinsmann. | Bild: Michael Kappeler, dpa

Zu den Gästen gehörten neben Scholz und von der Leyen DDR-Bürgerrechtler Rainer Eppelmann, die ehemalige Bundesbildungsministerin Anette Schavan, Fußballtrainer Jürgen Klinsmann sowie alle vier Kanzleramtsminister unter Merkel: Thomas de Maiziere, Ronald Pofalla, Peter Altmaier und Helge Braun. Zugegen waren auch Merkels Mann Joachim Sauer sowie weitere Familienangehörige.

Annette Schavan.
Annette Schavan. | Bild: Michael Kappeler, dpa
Peter Altmaier.
Peter Altmaier. | Bild: Michael Kappeler, dpa

Es gab auch Kritik

An der Ehrung Merkels hatte im Vorfeld der Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission, Andreas Rödder, Kritik geübt. Er bezog sich im Berliner „Tagesspiegel“ auf Merkels Russland- und Sozialpolitik. Zudem habe ihr Stil der „Alternativlosigkeit“ zu einem bedenklichen Wandel der demokratischen Kultur geführt. Die Linke-Vorsitzende Janine Wissler erklärte, sie wolle „gar nicht wegreden, dass Angela Merkel natürlich auch Verdienste hat“. Dennoch sei ihre Regierungszeit kritisch zu hinterfragen. So habe sie die Energiewende verschleppt, Kinderarmut und soziale Ungleichheit hätten zugenommen. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, am Ende von Merkels Amtszeit sei das Land „in keinem guten Zustand“ gewesen.

Unterdessen gratulierte der Evangelische Arbeitskreis der CDU/CSU Merkel zur Auszeichnung. Auch in Notzeiten habe sie trotz politischer Anfeindungen Menschlichkeit im politischen Handeln gezeigt, erklärte der Vorsitzende des Arbeitskreises, der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Rachel. „Ihr tief von der christlichen Wertebasis geprägtes Amtsverständnis, ihre Unbestechlichkeit und Verlässlichkeit verlieh ihrer gesamtpolitischen Tätigkeit jederzeit ein menschliches Gesicht.“ (dpa)