Die britische Premierministerin Theresa May sollte heute eigentlich eine Alternative zur Lösung des Brexit-Chaos präsentieren. Doch statt einem Plan B stellte die Regierungschefin nochmals Plan A vor: der mit Brüssel ausgehandelte Austrittsvertrag. Wieder einmal grüßt das Murmeltier. Theresa May kündigte an, sich die Bedenken der Abgeordneten, insbesondere jene der Brexit-Anhänger in den eigenen konservativen Reihen sowie der nordirischen Unionistenpartei DUP, bezüglich der schwierigen Irland-Frage anzuhören und diese nach Brüssel zu tragen. Dort will sie um weitere Zugeständnisse bitten, um dann den Deal erneut zur Abstimmung im Parlament zu stellen.

Alles klang nach einem Déjà-vu, nachdem sie bereits vor Weihnachten an derselben Stelle schon einmal exakt dasselbe bekannt gab. Der sogenannte Backstop gilt auf der Insel als größter Bremsklotz. Die Auffanglösung soll im Notfall gewährleisten, dass es nach dem Brexit keine harte Grenze zwischen der Republik Irland und der zum Königreich gehörenden Provinz Nordirland gibt, um den Friedensprozess nicht zu gefährden. Der Vertrag, auf den sich die beiden Verhandlungspartner im November geeinigt hatten, sieht den Verbleib des gesamten Konigreichs in der Zollunion vor, bis eine langfristige Lösung gefunden wird.

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Doch der Widerstand in den Kreisen der europaskeptischen Hardliner ist groß. Sie fürchten, auf ewig an die EU gekettet zu bleiben, ohne eigene Handelsabkommen abschließen zu können und beharren deshalb darauf, dass jedes Provisorium ein festes Enddatum haben oder einseitig aufkündbar sein muss. Das lehnt die EU vehement ab. Ohnehin kam die Absage aus Brüssel heute unverzüglich. EU-Ratschef Donald Tusk betonte wie bereits in der Vergangenheit, das Paket könne nicht nachverhandelt werden. Steigt das Risiko eines chaotischen Brexit ohne Deal nun weiter?

Sorgen um Irland

Nicht nur die Wirtschaft auf beiden Seiten des Kanals warnt vor desaströsen Folgen. Insbesondere in Irland geht die Sorge vor einem Rückfall in dunkle Zeiten um, als die Gegend einer Kriegszone glich. Zahlreiche Menschen befürchten, dass eine feste Grenze erneut zu Unruhen führen, neue Gewalt entfachen könnte. Sollten die warnenden Stimmen am Ende recht behalten?

Am Samstagabend weckte ein Autobombenanschlag im Zentrum der nordirischen Stadt Derry/Londonderry böse Erinnerungen. Verletzte gab es vermutlich nur deshalb nicht, weil die Polizei nach einem Warnanruf die Gegend geräumt hatte. Heute wurden fünf Verdächtige festgenommen, die der militanten Gruppierung Neue IRA angehören sollen – einer Untergrundorganisation, die das 1998 geschlossene Friedensabkommen ablehnt und seit Jahren aktiv ist.

Gespaltenes Parlament

Die Meinungen im Parlament sind derweil so zerfasert, dass bislang keiner der mittlerweile unzähligen Vorschläge von Abgeordneten eine Mehrheit genießt. Manche fordern ein erneutes Referendum, was May heute abermals ablehnte. Andere wünschen einen soften Brexit mit Verbleib im Binnenmarkt, wieder andere eine Scheidung ohne Austrittsabkommen. Oder doch ein Aussetzen von Artikel 50 und damit eine Verschiebung des Brexit-Tags?

Die Spitze der oppositionellen Labour-Partei spekuliert derweil auf Neuwahlen, ohne aber ihrerseits konkrete Vorschläge für einen Brexit vorzulegen.