Carola Große-Wilde und Carlotta Sauer, dpa

Sogar ihr berühmtes Schild mit der Aufschrift „Skolstrejk för klimatet“ – Schulstreik fürs Klima – hat Greta Thunberg an diesem Morgen mitgebracht. Auch ihre wollweiße Pudelmütze darf nicht fehlen, sind die Temperaturen in Hamburg doch ziemlich frisch zum Frühlingsanfang am Freitag. Die junge schwedische Aktivistin, die mit ihren Auftritten bei der Klimakonferenz in Kattowitz und beim Weltwirtschaftsforum in Davos für Furore gesorgt hatte, ist in die Hansestadt gekommen, um die Schüler bei ihrem wöchentlichen Schulstreik fürs Klima zu unterstützen. Und Tausende sind gekommen – auch um ihr Idol einmal aus der Nähe zu sehen.

Greta Thunberg demonstriert in Hamburg mit Schülern.
Greta Thunberg demonstriert in Hamburg mit Schülern. | Bild: dpa

„Es ist beeindruckend, was sie alleine geschafft hat“, sagt die 13-jährige Janne Pusch vom Wilhelm-Gymnasium in Hamburg. „Und dass sie keine Angst hat, ihre Meinung zu sagen.“ Mit sieben Mitschülerinnen ist sie zum Gänsemarkt gekommen, die Jungs seien lieber zur Schule gegangen.

Thunberg, die Ferien hat und schon an Demonstrationen in Brüssel, Paris und Antwerpen teilgenommen hat, hält eine kurze Rede. „Und ja, wir sind wütend“, sagt die 16-Jährige, die mit „Greta, Greta“-Rufen begrüßt wird. „Wir sind wütend, weil die älteren Generationen unsere Zukunft stehlen. Und sie tun es weiter. Aber wir werden es nicht zulassen, dass sie es weiter tun.“

Fridays for Future in Konstanz Video: Hanser, Oliver

Thunberg ist Nachfahrin des Chemienobelpreisträgers Svante Arrhenius, der einst eine globale Erderwärmung durch einen steigenden CO2-Gehalt in der Atmosphäre voraussagte. Rund ein Jahrhundert später hörte Thunberg im Alter von acht Jahren erstmals vom Klimawandel.

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Mit elf machte sie sich große Sorgen. Sie bekam Depressionen, hörte zeitweise auf zu sprechen und zu essen. Mit 15 begann sie mit ihrem Protest. Anstatt zur Schule ging sie mit ihrem Schild vor den Reichstag in Stockholm, um die Politik zum Handeln aufzufordern – so lange, sagt sie, bis Schweden seine Bekenntnisse zum Pariser Weltklimaabkommen einhalte. "Das kann Jahre dauern, das kann auch länger dauern."

In Friedrichshafen wurde schon mehrfach gestreikt.
In Friedrichshafen wurde schon mehrfach gestreikt. | Bild: Michael Haefner

Angefangen hat sie alleine. Heute folgen ihrem Beispiel Abertausende Schüler in aller Welt. "Das ist ganz schön groß geworden. Das überrascht mich", sagt die Neuntklässlerin. Als Vorbild betrachtet sie sich trotzdem nicht. "Ich bin ziemlich ruhig. Privat spreche ich so gut wie gar nicht. Ich bin sehr empfindsam." Als Mädchen mit leiser Stimme, aber klarer Botschaft ist Thunberg zu einer Art Weltstar des Klimaschutzes geworden. Sie ernährt sich vegan, ist noch nicht geflogen und hat ihre Eltern dazu gebracht, ebenfalls nicht mehr in den Flieger zu steigen. Da ihre Mutter Malena Ernman eine bekannte Opernsängerin ist, ist diese Einschränkung für die Familie nicht immer leicht.

Verleumdungen im Internet

Gretas Hauptkritik richtet sich gegen die aus ihrer Sicht mangelhaften Klimabemühungen der Politik und Großkonzerne. Stefan Rahmstorf, einer der führenden Klimaforscher, sagt, Thunberg habe klarer als die meisten erkannt, was die globale Erwärmung für die Zukunft ihrer Generation bedeute.

400 Schüler gingen vor zwei Wochen in Villingen auf die Straße.
400 Schüler gingen vor zwei Wochen in Villingen auf die Straße. | Bild: Marcel Jud

Ihre Gegner laufen online Sturm gegen sie. In Hasskommentaren wird sie als "lächerliche kleine Witzfigur" bezeichnet. Manche machen sich über ihre psychische Erkrankung lustig. Zu Gretas Geschichte gehören neben diesen Angriffen auch Vorwürfe – oft aus dem rechten Lager, ein PR-Berater habe sie, die Minderjährige mit dem Asperger-Syndrom, für seine Sache vor den Karren gespannt. Dem schiebt Gretas Vater Svante Thunberg einen Riegel vor: ",Hinter' Greta steht niemand anderes als Greta selbst", sagt er.

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In Hamburg geben sie Greta deshalb eine ordentliche Portion Liebe mit: Die Hamburger Schüler Lilli (17) und Gustav (16) übergeben ihrem Vorbild einen langen Liebesbrief. Die beiden hatten eine Online-Petition gestartet und zu sogenannten Lovespeeches (dt.: Liebesreden) aufgerufen. Bisher haben mehr als 72 000 Menschen die Petition auf change.org unterzeichnet.