Mirjam Moll

Die Übergabe des heimlich gedrehten „Ibiza-Videos“, das in Österreich die rechtskonservative Koalition zum Platzen brachte, spielte sich wie in einem Politkrimi ab: An einem abgelegenen Ort wurde das Skandalvideo um FPÖ-Frontmann Heinz-Christian Strache der „Süddeutschen Zeitung“ zugespielt. Auch der „Spiegel“ erhielt die Aufnahmen und beide prüften vor der Veröffentlichung des brisanten Materials genau, ob es sich nicht um ein Fake-Video handelte.

Die „Süddeutsche Zeitung“ erhielt das Video aus dem Juli 2017 nach eigenen Angaben etwa vor einer Woche. Die Übergabe der Aufnahmen über das Treffen Straches und seines Vertrauten Johann Gudenus mit der angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen auf Ibiza sei „abenteuerlich“ gewesen, sagte „SZ“-Redakteur Bastian Obermayer in einem Video auf der Website der Zeitung. „Wir wurden an einen drei Stunden entfernten Ort gelotst.“ Das Material hätten sie einem „verlassenen Hotel“ bekommen – „also, wie man es sich in einem schlechten Film vorstellt“.

Motive nach wie vor ungeklärt

Die „Süddeutsche Zeitung“ und der „Spiegel“ machten keine Angaben zur Herkunft des Enthüllungsvideos, in dem der FPÖ-Mann Strache zu sehen ist, wie er großspurig öffentliche Aufträge im Gegenzug für verdeckte Wahlkampfspenden anbietet. „Die Quelle ist den Redaktionen bekannt, sie besteht darauf, anonym zu bleiben“, schrieb der „Spiegel“. Die Medienhäuser zahlten nach eigenen Angaben kein Geld für die Aufnahmen.

Ungeklärt sind demnach auch die Motive derjenigen, die Strache in die Falle lockten. Bild- und Tonaufnahmen von dem gut sechsstündigen Gespräch wurden laut den Redaktionen von Gutachtern geprüft. Dabei ergaben sich demnach keine Hinweise auf Manipulationen. Den Medien lagen nach eigenen Angaben auch Fotos der Rechnung über die Buchung der Villa auf Ibiza vom 22. bis 25. Juli 2017 vor.

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Die „SZ“ gab an, dass die wichtigsten Passagen aus dem Video einem externen Anwalt vorgespielt worden seien. Dieser könne bezeugen, dass die abgedruckten Zitate mit dem Wortlaut der Aufnahmen übereinstimmten. Eine beeidigte Dolmetscherin habe die auf Russisch geführten Teile der Unterhaltung übersetzt.

„Süddeutsche Zeitung“ und „Spiegel“ begründeten die Veröffentlichung von Ausschnitten aus dem Gespräch mit dem „öffentlichen Interesse“ daran. Der Veröffentlichung des Videos folgten rasch drastische Konsequenzen: Strache trat als Vizekanzler und FPÖ-Chef zurück, Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) beendete die Koalition mit den Rechtspopulisten und im September soll es nun Neuwahlen in Österreich geben.

(AFP)