Der Kanton Schwyz zählt sich stolz zu der mythenumrankten Urschweiz. Hier, im Herzen der Eidgenossenschaft, gelten die Menschen als geradeheraus, knorrig, bodenständig. Brauchtümer wie Fahnenschwingen und lukullische Gerichte erfüllen die Bewohner mit Liebe zu ihrer Heimat. Zumal die regionalen Käsesorten unter Kennern einen guten Ruf genießen. „Die Käsereien beeindrucken mit ganz individuellen Spezialitäten und klassischen Sorten wie Sbrinz und Emmentaler AOP“, heißt es in dem Buch „Chäsereie Zentralschweiz“.

Jetzt aber zieht ein Skandal um verseuchte Käsesorten und zehn Todesfälle auf, der nicht nur den Kanton Schwyz, sondern die ganze Schweiz zu erschüttern droht. Die Reputation der Käseproduzenten, dieser typisch helvetischen Branche, mit ihren weltweit bekannten Leckereien, könnte stark leiden.

Brennpunkt ist die inzwischen geschlossene Käserei Vogel im Schwyzer Dorf Stei­nerberg; sie erzeugte Sorten wie „Chnobli­ Chäs“, „Rauch-Chäsli“ oder „Steinerberger Mutschli“. Bei einer internen Inspektion früher in diesem Jahr wurden auf Vogel-Produkten die gefährlichen Listerien-Bakterien entdeckt.

Nach Eingang einer Strafanzeige ermittelt nun die Staatsanwaltschaft Innerschwyz gegen den Betriebsinhaber. Es besteht der Verdacht auf fahrlässige Tötung, fahrlässige Körperverletzung und Widerhandlung gegen das Lebensmittelgesetz. „Gemäß der Strafanzeige seien seit 2018 mutmaßlich 34 Erkrankungen auf denselben Listerien-Stamm zurückzuführen, wie er im Brie der Käserei nachgewiesen werden konnte“, heißt es von der Behörde. Zehn der 34 erkrankten Personen seien gemäß der Strafanzeige verstorben.

Eine Mikroskop-Aufnahme von Listerien.
Eine Mikroskop-Aufnahme von Listerien. | Bild: Manfred Rohde/Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung/dpa

Zwar sei im Vergleich zu anderen lebensmittelbedingten Infektionskrankheiten die Zahl der Opfer gering, schreibt das Universitätsklinikum Freiburg dazu. „Jedoch können Listeriose-Erkrankungen einen besonders schweren Verlauf nehmen und tödlich enden“, warnt der Ärztliche Leiter der Abteilung Infektiologie, Winfried Kern. „Besonders gefährdet sind Schwangere, Neugeborene und Personen mit einem geschwächtem Immunsystem.“ Bei schweren Verläufen könne es zu Blutvergiftungen und Gehirn- und Gehirnhautentzündungen kommen

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Auch in Deutschland verkauft?

Ob die Produkte der Käserei Vogel auch ins Ausland geliefert wurden, ist nicht abschließend zu klären. „Nach unserem Kenntnisstand wurde kein betroffener Käse exportiert“, versichert Stefan Truttmann vom Branchenverband der Käseerzeuger, Fromarte. Medien der Zürcher Tamedia hingegen schreiben, dass zu den Abnehmern der Käserei Vogel auch „Geschäfte in Deutschland“ zählten. Und: „Diverse Fluggesellschaften tischten ihren Passagieren Käse aus Steinerberg auf.“

Ob die deutschen Geschäfte und die Airlines aber tatsächlich verseuchte Käsesorten offerierten, bleibt unklar. Der Branchenverband übt sich derweil in Schadensbegrenzung: „Unser Qualitätsmanagementsystem beinhaltet sehr strenge Hygienevorschriften und Prüfmechanismen, aber eine absolute Sicherheit gibt es nirgends, da der Mensch ein Risikofaktor bleibt.“ Nach Feststellung der Kontamination seien alle Käse des Betriebs zurückgerufen und vernichtet worden.

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