„Was wissen wir schon über unsere Kinder?“, fragt eine Mutter ihre Freundin, aber vielleicht sei es auch ganz gut, nicht alles zu wissen. Die entscheidenden Dinge, sagt die Freundin, sollte man schon wissen: „Sonst verlieren sich Eltern und Kinder“ – und davon erzählt dieser Breisgauer Tatort mit dem passenden Titel „Das geheime Leben unserer Kinder“.
Es geht um drei junge Leute, die mit wenig Aufwand rasch reich werden wollen. Dafür haben sie sich mit ziemlich zwielichtigen Typen eingelassen, und das geht im Krimi selten gut. Die drei sind wohlbehütet aufgewachsen. Prompt fallen ihre Eltern aus allen Wolken, als ihnen klar wird, dass ihre Kinder zu Verbrechern geworden sind.
Eine ganz andere Qualität
Drehbuchautorin Astrid Ströher und Regisseur Kai Wessel haben bereits bei „Saras Geständnis“ (2022) zusammengearbeitet, einem freudlosen und eher enttäuschenden Freiburger Tatort über eine Frau, die zu Unrecht als Vatermörderin im Gefängnis war. Ihr neuer Film ist gerade auch dank der jungen Mitwirkenden von ganz anderer Qualität.
Zu Beginn ist aus dem Trio allerdings bereits ein Duo geworden: Chris, der Dritte im Bunde, wird tot in einem Wehr entdeckt. Bei der Obduktion stellt sich raus, dass die klaffende Wunde am Hinterkopf nicht die Todesursache war. Der junge Mann, der seine Kfz-Lehre schon vor Monaten geschmissen hat, ist ertrunken – ein Detail, das in Krimis gern verwendet wird, um anzudeuten, dass selbst bei einem Unfall mutmaßlich auch Heimtücke im Spiel war.

Es dauert nicht lange, bis Franziska Tobler und Friedemann Berg (Eva Löbau, Hans-Jochen Wagner) bei den Eltern der beiden anderen, Benno (Aniol Kirberg) und Zoé (Caroline Cousin), vorstellig werden. Zoés Vater Paul (Christian Schmidt) ist der Lebensgefährte von Bennos Mutter Miriam (Susanne Bormann) und reagiert regelmäßig eifersüchtig auf die freundschaftlichen Gefühle, die sie nach wie vor für ihren Ex-Mann (Kai-Ivo Baulitz) hegt, was ihn nicht daran hindert, seinerseits eine Affäre zu pflegen.
Für die eigentliche Krimihandlung ist dieses Beziehungsgeflecht zunächst im Grunde unerheblich, aber natürlich machen sich die drei Elternteile große Sorgen, als das Kripoduo ihnen offenbart, dass ihre Kinder Drogen vertickt haben. Das vermeintlich leicht verdiente Geld wollten sie in eine neue Kryptowährung investieren, die astronomische Wertzuwächse verzeichnet.
Weil sie aber natürlich keine erfahrenen Kriminellen, sondern bloß Amateure sind, ist irgendwas gründlich schiefgegangen, weshalb ihnen nun die Schergen ihres Auftraggebers auf den Fersen sind. Als Benno von den Gangstern entführt wird, kommt es zu einem dramatischen Finale mit unerwartet tragischem Ausgang.
Tatort mit interessantem Stilmittel
Die optische Ebene (Kamera: Andreas Schäfauer) ist wie eigentlich immer in Wessels Werken auch diesmal vorzüglich; gerade die Schlussszenen sind beeindruckend gefilmt. Interessant ist auch der Einsatz des bereits mit der Titelgestaltung vorweggenommenen Stilmittels des geteilten Bildschirms.
Abgesehen von Telefongesprächen wird es gern verwendet, um eine Szene aus zwei verschiedenen Blickwinkeln zu zeigen, aber hier ersetzt es die Parallelmontage zweier gleichzeitig stattfindender Ereignisse.

Das verleiht dem im Vergleich zu früheren Schwarzwald-Krimis ohnehin recht flott erzählten „Tatort“ mehr Dynamik und ist auch dramaturgisch sinnvoll. So kann Grimme-Preisträger Wessel („Leben wäre schön“, 2004; „Zeit der Helden“, 2014) auf einen Blick verdeutlichen, wie seine Figuren buchstäblich wie auch im übertragenen Sinn unterschiedliche Wege einschlagen.
Ein weiteres ungewohntes Element ist der Humor. Geschickt spiegelt Autorin Ströher den Fall in Toblers Privatleben: Nichte Vanessa (Lola Höller) will Influencerin werden, weil sich damit viel Geld einnehmen lässt; theoretisch zumindest. Auch diese Ebene birgt einen Generationenkonflikt, denn die sonst so besonnene Kommissarin muss ein bisschen ausrasten, als sie rausfindet, dass sich Vanessa in Lebensgefahr bringt, um möglichst viele Follower zu erreichen.