Die Lebensphase zwischen 30 und Anfang 40 wird oft als die Rushhour des Lebens bezeichnet. Heiraten, eine Familie gründen, Karriere machen und das alles auf einmal: Vor allem wer länger studiert oder eine zweite Ausbildung begonnen hat, muss in diesem Lebensjahrzehnt richtig Gas geben. So geht es auch Matthias Schäfer und seiner Frau Cathrin. Die beiden Konstanzer haben vor vier Jahren eine Familie gegründet und sind beide beruflich voll eingespannt. Matthias Schäfer, 41 Jahre, arbeitet als Datenanalyst bei einem Konstanzer Wetterdienst. Seine Frau Cathrin ist eigentlich gelernte Physiotherapeutin, holt aber jetzt mit 33 Jahren ihr Psychologiestudium nach. Parallel zu diesem anspruchsvollen Studium zieht sie mit ihrem Mann ihre Kinder Mika (ein Jahr) und den vierjährigen Mats groß. Auch wenn beide Kinder einen Kindergartenplatz in der Nachbarschaft haben, ist der Zeitplan der Schäfers eng getaktet. Da bleibt nicht viel Zeit und Muße, sich Gedanken über die Rente zu machen. Und trotzdem haben sie es irgendwie geschafft, sich aus verschiedenen Bausteinen eine bunte Finanzmischung zur Altersvorsorge zusammenzustellen.
Zum Beispiel habe sich die beiden vor mehreren Jahren, als die Kaufpreise noch nicht das aktuelle Niveau erreicht hatten, eine Eigentumswohnung in Konstanz gekauft, die sie vermieten. „Das ist sicherlich unserer größtes Pfund bei der Altersvorsorge“, sagt Matthias Schäfer. Außerdem investiert Schäfer Monat für Monat in Aktien, die eine hohe Dividende versprechen. Dabei hilft ihm sein Studium der Volkswirtschaftslehre, das er vor seinem Zweitstudium der Informatik abgeschlossen hat. „Man sollte nie nur auf eine Aktie setzen, sondern breit diversifizieren. Das zeigt der Absturz von Volkswagen“, sagt er. Darüber hinaus haben die Schäfers einen staatlich bezuschussten Riester-Bausparvertrag abgeschlossen. „Irgendwann wollen wir in unserer eigenen Immobilie wohnen“, erklären die Schäfers. Zusätzlich verfügen die beiden auch noch über eine Lebensversicherung.
Mit ihrer Strategie der Altersvorsorge haben die Schäfers ziemlich viel richtig gemacht. Auch wenn die Bäume für sie finanziell nicht in den Himmel wachsen – zumal Cathrin als Studentin derzeit kein Einkommen hat – haben sie ihre Geldanlagen klug verteilt. Für sie ist es selbstverständlich, dass sie auch privat vorsorgen müssen. „Der demografische Wandel bringt das staatliche Rentensystem ins Ungleichgewicht“, sagt Cathrin Schäfer.
Gerade in der mittleren Lebensphase sollte man den Grundstein seiner Altersvorsorge legen, betonen Experten. Denn wer noch einige Jahrzehnte bis zum Ruhestand vor sich hat, der hat den Zeitfaktor auf seiner Seite. Genau dann lohnt sich eine Investition in die lukrativste Anlageform – Aktien. Denn kurzfristig können Aktien schwanken. Wer also erst mit 63 Jahren in den Aktienmarkt einsteigt, läuft Gefahr, mit 65 im Minus zu stehen. Wer aber in der Lebensphase zwischen Anfang 30 und Anfang 40 Aktien kauft, der kann kurzfristige Verluste aussitzen und macht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bis zum Rentenbeginn ein dickes Plus. Zu den Kursgewinnen kommen in der Regel jährlich Dividenden, die junge Anleger Jahr für Jahr reinvestieren können, um noch mehr Dynamik in ihre Altersvorsorge zu bringen.
Die Schäfers können entsprechend gelassen ihrem Ruhestand entgegenblicken. Dank des überdurchschnittlich hohen Einkommens von Matthias Schäfer können sie jeden Monat etwas Geld zurücklegen. Dabei hilft es ihnen, dass sie kein Leben in Saus und Braus führen. Sie besitzen zwar ein Auto, wenn auch keinen Neuwagen, fahren aber auch viel Fahrrad, um Benzin zu sparen. Auch ein teures Handy von Premium-Herstellern wie Apple oder Samsung brauchen sie nicht. Ihnen reicht ein durchschnittliches Smartphone vom chinesischen Hersteller Huawei. Außerdem achten sie beim Lebensmitteleinkauf auf die Preise und legen keinen Wert auf bestimmte Marken. Wenn sie Urlaub machen, wie diesen Frühling in Thailand, dann buchen sie nicht die teuersten Luxus-Hotels – es kann sogar mal eine Jugendherberge sein. „Das alles ist für uns kein Verlust. Wir legen keinen Wert auf Statussymbole“, sagt Cathrin Schäfer.
Sobald sie ihr Studium abgeschlossen hat, will auch sie wieder ins Berufsleben einsteigen und halbtags in einer Beratungsstelle für Familien arbeiten. Bisher konnte sie noch nicht viel Geld zur Seite legen. Ihr Job als Physiotherapeutin war eher schlecht bezahlt. „Ich habe unter anderem in der Neurologie gearbeitet. Das war körperlich sehr anstrengend“, sagt sie. Um ihre Gehaltschancen – auch in Hinblick auf die Rente – zu verbessern hat sie sich dann entschlossen, noch ein Studium aufzusatteln.
Solche Investitionen in Bildung zahlen sich in der Regel aus – nicht nur ideell, sondern auch materiell. So ging es auch Matthias Schäfer. Nach dem Studium schrieb er noch eine Doktorarbeit in Informatik – das ideale Sprungbrett für seinen jetzigen Job, den er seit eineinhalb Jahren ausübt. Zuvor war er sechs Jahre in Vollzeit an der Universität Konstanz beschäftigt. „Das Arbeiten im öffentlichen Dienst ist – sofern man kein Beamter ist – aus Rentensicht genauso wie das Arbeiten im Privatsektor. Man zahlt ganz normal in die Rentenversicherung ein“, erklärt er.

Auch wenn er selber sich sehr gut in Finanzfragen auskennt, könne man diese Kompetenz nicht von jedem Bürger erwarten. „Eigentlich sollte der Staat dafür da sein, seine Bürger für die Rente abzusichern“, sagt Schäfer, der für das Junge Forum im Konstanzer Gemeinderat sitzt. Er würde dafür sogar eine Erhöhung des Rentenbeitrags in Kauf nehmen. Es sei unfair, dass diejenigen, welche sich in Finanzfragen nicht so gut auskennen, benachteiligt seien, weil ihre private Rentenvorsorge darunter leidet. Seine Frau vertritt eine etwas andere Position. „Es ist einfach notwendig, sich frühzeitig mit der privaten Finanzierung seiner Rente auseinandersetzen“, sagt sie ganz pragmatisch. Ihr politischer Ansatz wäre es, Erziehungszeiten bei der staatlichen Grenze stärker zu gewichten.
Doch weder sie noch ihr Mann wollen sich tagtäglich mit dem Ruhestand und seiner Finanzierung befassen. Die Altersvorsorge dürfe nicht zur Zweittätigkeit ausarten. Sie bleiben lieber gelassen und genießen das Hier und Jetzt mit ihren Kindern. Schließlich gibt es auch ein Leben vor der Rente.
Vielleicht ist es mit der richtigen Rentenstrategie in der Rushhour des Lebens wie in einer echten Rushhour. Auch in der Hauptverkehrszeit, wenn viele Autos auf den Straßen sind, sollte man die Ruhe bewahren und sich nicht vom Stress anstecken lassen. Und wer frühzeitig und klug plant, der kann die großen Staus umfahren und sicher und gesund an seinem Ziel ankommen.
Altersarmut
Nach Angaben des Sozialverbands VdK sind rund 536 000 Rentner auf Grundsicherung angewiesen – das sind mehr als doppelt so viele wie noch im Jahr 2003 (258 000). Allerdings weist die Deutsche Rentenversicherung darauf hin: Rund 24 Prozent der heutigen Empfänger von Grundsicherung im Alter beziehen überhaupt keine Rente aus der gesetzlichen Versicherung. Ihnen würde auch ein höheres Rentenniveau nicht helfen.
Rentenniveau
In der Debatte über eine langfristig angelegte Reform der Alterssicherung ist das Rentenniveau der gesetzlichen Rentenversicherung ein zentraler Diskussionspunkt. Beim Rentenniveau wird eine standardisierte Rentenleistung mit einem durchschnittlichen Arbeitnehmerentgelt verglichen. Damit stellt das Rentenniveau dar, in welchem Verhältnis die Standardrente eines Jahres zum Durchschnittsverdienst der Beitragszahler desselben Jahres steht – ausgedrückt als Prozentsatz. Derzeit liegt das Rentenniveau bei 47,0 Prozent – im Jahr 2000 lag es noch bei 52,9 Prozent. Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) will eine Haltelinie bei 46 Prozent erreichen.

So fördert die Politik die private Vorsorge
- Sparer-Pauschbetrag: Für bis zu 801 Euro an Zinsen und Dividenden pro Jahr müssen Sparer keine Steuern zahlen. Bei Eheleuten ist es mit 1602 Euro sogar doppelt so viel. Um vom Sparer-Pauschbetrag zu profitieren, muss man bei seiner Bank einen so genannten Freistellungsauftrag stellen. Wer bei mehreren Banken Kunde ist, kann seinen Freistellungsauftrag verteilen. Wer mehr als 801 Euro an Zinsen und Dividenden kassiert, muss davon 25 Prozent Abgeltungssteuer zahlen.
- Riester-Rente: Über das 2002 eingeführte Riester-Modell unterstützt der Staat die Eigenvorsorge, um die absehbare Rentenlücke zu verringern. Die staatliche Förderung kann jeder in Anspruch nehmen, der in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist, also Arbeitnehmer, Auszubildende und Bezieher von Arbeitslosengeld. Aber auch für Beamte besteht die Möglichkeit zu riestern. Die Riester-Rente wird bei einer Bank, Versicherung, Fondsgesellschaft oder Bausparkasse („Wohn-Riester“) abgeschlossen und ist eine Art Sparvertrag, in den bis zum Rentenbeginn Beiträge eingezahlt werden. Die Höhe der Eigenleistung kann – je nach Vertrag – flexibel den jeweiligen Umständen angepasst werden.
- Vermögenswirksame Leistungen: Manche Arbeitgeber gewähren ihren Angestellten die sogenannten Vermögenswirksamen Leistungen. Dabei stocken der Staat und das Unternehmen den Sparbetrag um bis zu 40 Euro pro Monat auf. (td)

Die SÜDKURIER-Serie
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