Im Prozess um die Amokfahrt von Trier mit sechs Toten hat das Landgericht in der rheinland-pfälzischen Stadt den 52-jährigen Angeklagten am Dienstag zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Zudem stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest und ordnete die Unterbringung von Bernd W. in der Psychiatrie an. Es erkannte Symptome einer Wahnerkrankung und eine verminderte Steuerungsfähigkeit.

Das Gericht verurteilte W. auch zu einer prinzipiell zeitlich unbefristeten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Dem Urteil zufolge handelte er grundsätzlich vorsätzlich und war schuldfähig, wenn auch nur eingeschränkt.

Neun Wochen altes Mädchen unter den Toten

W. hatte am 1. Dezember 2020 in der Trierer Innenstadt wahllos Passanten überfahren. Bei der Attacke in der Fußgängerzone wurden fünf Menschen unmittelbar getötet, ein weiteres Opfer starb rund elf Monate später an den Folgen.

Unter den Toten waren auch ein neun Wochen altes Mädchen und ihr 45-jähriger Vater. Viele weitere Passanten wurden schwer verletzt. Zahlreiche Opfer sind nach Angaben der Vorsitzenden Richterin Petra Schmitz bis heute traumatisiert und leiden unter den Folgen.

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Das Gericht verurteilte den Angeklagten nach dem rund einjährigen Prozess wegen fünffachen Mordes, 18-fachen versuchten Mordes sowie gefährlicher und schwerer Körperverletzung. W. habe bei seiner Fahrt durch die Fußgängerzone möglichst viele Menschen töten oder verletzten wollen, stellte Schmitz in der Urteilsbegründung fest.

Er habe die Arg- und Wehrlosigkeit der Passanten ausgenutzt. Die überraschten Opfer hätten keine Chance gehabt. Das Auto war demnach mit 70 bis 80 Stundenkilometern durch die Straßen gefahren. Dabei bewegte es sich im Zickzack und nahm gezielt Menschen ins Visier.

Motiv bleibt in der Verhandlung unklar

W. erfasste seine Opfer bei der Amokfahrt entweder frontal oder von hinten, bevor er nach einigen hundert Metern nahe der Porta Nigra ausstieg und dort nach wenigen Minuten widerstandslos von Polizeikräften festgenommen wurde. Das Verbrechen löste bundesweit Entsetzen aus.

Das Motiv blieb auch während der Gerichtsverhandlung unklar. W. habe sich dazu nicht geäußert, sagte Schmitz. Es gebe aber Hinweise darauf, dass eine seit langer Zeit subjektiv empfundene Benachteiligung sowie eine Frustration über seine Lebensumstände in die Tat mündeten und diese für den Angeklagten eine Art Rache an der Gesellschaft gewesen sei.

Alles andere sei Spekulation. Objektive Hinweise, dass es W. im Leben insgesamt schlechter ergangen sei als anderen Menschen, gebe es nicht. „Er hat die Chancen in seinem Leben nicht genutzt“, sagte Schmitz. Hinweise für ideologische oder politische Motive hatten sich bereits bei den Ermittlungen nicht ergeben.

Täter leidet unter Wahnstörung und Schizophrenie

Laut einem psychiatrischen Gutachten leidet W. an einer Wahnstörung und einer paranoiden Schizophrenie, wodurch seine Steuerungsfähigkeit deutlich beeinträchtigt sein soll. Er sei dauerhaft krank, sagte Schmitz am Dienstag.

Seine Gefährlichkeitsprognose sei wegen seiner sozialen Disintegration, mangelnder Kooperationsbereitschaft und einem mangelnden Behandlungswillen schlecht. Eine Unterbringung des 52-Jährigen in einer Sicherungsverwahrung lehnte das Gericht hingegen ab. Bei einer psychischen Erkrankung gehe die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vor.

Das Urteil entsprach den Forderungen der Staatsanwaltschaft sowie Vertretern der Nebenklage. Letztere zeigten sich danach erleichtert. Die Verteidigung hatte in ihrem Plädoyer nur die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gefordert, dabei aber kein konkretes Strafmaß genannt. Ob er in Revision gehen wird, ließ W.s Anwalt Frank Peter nach Prozessende offen. (AFP)

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