Alyn Morris, Medizin-Professor an der Universität Hull in England, ist der Begründer eines modernen Mythos. Er bereut das. Er bereut den Artikel, den er 2016 in der englischen Zeitung Daily Mail veröffentlichte. Denn dieser sorgte dafür, dass nun mit jeder Hustenwelle eine angebliche Wahrheit durch die Welt rollt: Dass Schokolade gegen Husten hilft.
Ein falsch verstandenes Ergebnis
Das Problem: Die Studie, über die Morris berichtete, hatte sich gar nicht mit der Wirkung normaler Schokolade auf Husten beschäftigt. Stattdessen wurde eine schokoladen-basierte Medizin mit einer verglichen, die den Wirkstoff Codein enthielt. Was stimmt: Teilweise half der Sirup mit dem Kakao-Wirkstoff tatsächlich besser. Was nicht stimmt: Dass deswegen auch Schokolade irgendeinen positiven Effekt auf Husten hat.

Viel zu viele Unterschiede
Schokolade ist aus vielen Gründen nicht wirksam: Zum einen flutscht zerkaute Schoki viel zu schnell durch den Rachen, als dass sie Wirkung entfalten könnte. Das Gleiche gilt für Trinkschokolade. "Wenn man langsam ein Stück lutscht, könnte das einen positiven Effekt haben", ließ Morris damals als einzige Wirkmöglichkeit. Doch auch hier war er selbst skeptisch. Dass Schokolade an sich Husten bekämpft ist für ihn eine "absolute Erfindung".
Andere Stoffe wirken
Für die Wirkung des Schoko-Saftes macht er das Zusammenspiel mit anderen Stoffen verantwortlich. Schon länger ist zwar bekannt, dass Theobromin, der im Medikament verwendete Inhaltsstoff von Kakao, Husten unter Umständen tatsächlich lindern kann. In Schokoladentafeln ist er aber in viel zu geringer Dosis enthalten, als dass er etwas ausrichten könnte.

Warum Schokolade doch eine Option ist
Es spricht also wenig dafür, Schokolade gegen Husten zu verabreichen. Es spricht aber auch kaum etwas dagegen. Klar, gesund ist Schokolade nicht, verursacht Karies und Übergewicht – aber bei ein, zwei Stücken noch nicht. Wenn manche jetzt berichten, dass sie danach weniger gehustet haben, kann das sogar stimmen. Dahinter steckt dann, wie so oft, der Placebo-Effekt. Also das Phänomen, dass Besserung allein deswegen eintritt, weil der Patient daran glaubt.
Der Placebo-Effekt ist bei Husten oft im Spiel: Denn der ist generell sehr schwer zu behandeln und viele Mittel helfen kaum. Ärzte empfehlen vor allem zwei Dinge: Ruhe und Zeit. Und dabei darf es natürlich auch mal ein Stück Schokolade sein. Besser als gewöhnlicher Hustensaft schmeckt sie allemal.