Die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau, wie es das Pariser Klimaschutzabkommen als Ziel vorgibt, erfordert laut der Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger des 400-Seiten-Berichts „schnelle, weitreichende und beispiellose Änderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen“. Dies betreffe den Energiesektor ebenso wie Landwirtschaft, Bau und Verkehr.

Bereits die schon eingetretene Erwärmung um etwa ein Grad sei verantwortlich für häufigere Extremwetter mit vielen Todesopfern, heißt es in dem von den 195 beteiligten Staaten gebilligten Text. Ohne eine drastische, dauerhafte Verringerung der Treibhausgasemissionen sei aber ein Temperaturanstieg um zwei bis drei Grad zu erwarten.

Treibhausgasneutralität bis 2050 als Ziel

Um die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten, sollte laut IPCC-Bericht der weltweite Kohlendioxidausstoß 2020 seinen Höhepunkt erreichen und danach deutlich absinken. Auch müsse bis 2050 Treibhausgasneutralität erreicht sein. Präzisiert wird das „CO2-Budget“, das der Menschheit für ein Einhalten der 1,5-Grad-Grenze noch zur Verfügung steht. Für eine Zwei-Drittel-Wahrscheinlichkeit, dies zu erreichen, wären es 420 Milliarden Gigatonnen CO2, was ohne Umsteuern innerhalb der nächsten zehn Jahre aufgebraucht sein dürfte.

Der Anteil erneuerbarer Energieträger müsste den Wissenschaftlern zufolge bis zur Mitte des Jahrhunderts von derzeit etwa 20 Prozent auf mindestens 70 Prozent ansteigen. Der Anteil der Kohle müsste möglichst auf Null, der von Gas selbst in Verbindung mit CO2-Abscheidung auf höchstens acht Prozent sinken. Der Rest würde in dieser Rechnung wohl vorwiegend auf Atomkraft entfallen.

Die Kosten für diesen Umbau des Energiesektors dürften laut IPCC bis 2035 etwa 2,1 Milliarden Euro betragen. Ähnlich drastische Maßnahmen wären bei Verkehr und Landwirtschaft notwendig. Bei Tatenlosigkeit wären demnach jedoch die Kosten zur Bewältigung der Klimafolgen noch erheblich höher. Auch könnte es bei einem Umsteuern Synergieeffekte hinsichtlich des Erreichens weltweiter Entwicklungsziele geben.

Bis vor einiger Zeit waren viele Experten noch davon ausgegangen, bei einer Erwärmung um bis zu zwei Grad würden deren Folgen weitgehend kontrollierbar bleiben. In dem neuen Bericht gegen die Klimaforscher jedoch von einem exponentiellen Anstieg der Risiken zwischen den Zielmarken von 1,5 und 2,0 Grad aus.

So dürfte die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Extremwetter, wie es einst einmal alle hundert Jahre auftrat, bei einem halben Grad mehr Erwärmung um etwa 50 Prozent zunehmen, der Fischfang in tropischen Gebieten dürfte vielerorts zusammenbrechen. Ackerbauerträge dürften um zehn bis 15 Prozent zurückgehen und Korallenriffe weltweit verschwinden.

Auch die Eisschmelze in Arktis und Antarktis würde sich dann beschleunigen. Sorgen macht den Forschern besonders ein Auftauen arktischer Permafrostböden. Große Mengen freigesetzten Methans würden dann den Klimawandel zusätzlich beschleunigen, ein drastischer Anstieg des Meeresspiegels dürfte die Folge sein.

Die gute Nachricht: Die IPCC-Experten halten ein Erreichen des 1,5-Grad-Ziels „technisch und wirtschaftlich für möglich“ - wenn der politische Wille dafür da ist. Der Bericht enthält dafür vier Szenarien mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten.

Möglich wären etwa eine drastische Verringerung des Energieverbrauchs oder auch erhebliche Verhaltensänderungen wie eine Verringerung des Fleischkonsums und der Abschied vom Verbrennungsmotor bei Autos. Andere Szenarien setzen stärker auf Techniken, um CO2 im großen Stil aus der Atmosphäre zu entfernen. Generell halten die Experten solche negativen Emissionen durch CDR-Verfahren (carbon dioxide removal) für weitgehend unverzichtbar, erst recht, wenn das CO2-Budget zeitweise überschritten werden sollte.

(AFP)