Geschminkte Mädchen beim Singen und Tanzen, Jungs beim Posen im Fitnessstudio: TikTok ist bei Jugendlichen die derzeit angesagteste App. Im ersten Halbjahr 2018 war sie laut dem Marktforschungsunternehmen Sensor Tower die Nummer eins im App Store von Apple. 500 Millionen Nutzer weltweit hatte TikTok im Juni, wie Betreiber ByteDance mitteilte.
Vorgänger war die App Musical.ly
Die meisten Eltern kennen die Video-App noch gar nicht. „Make every second count“ ist das Motto von TikTok: „Mach, dass jede Sekunde zählt“. Die Videos waren ursprünglich nur 15 Sekunden lang und sollen laut Anbieter „die Kreativität, das Wissen und die kostbaren Lebensmomente direkt vom Smartphone“ zeigen.

TikTok entstand durch die Zusammenlegung mit der Mitsing-App Musical.ly, die durch eine Lippensynchronisierungsfunktion für selbstgedrehte Videos vor allem bei Jugendlichen erfolgreich wurde.
In Indonesien kurzzeitig verboten
Doch mit dem Erfolg wächst die Kritik: Die App ist vor allem bei jungen Mädchen beliebt – auf TikTok können sie zum Ziel spöttischer, verletzender Kommentare werden oder auch von Männern auf der Suche nach Missbrauchsopfern. In Frankreich etwa haben schon 38 Prozent der Elf- bis 14-Jährigen einen TikTok-Account, wie der Internet-Tracker Génération Numérique mitteilt. Die Mädchen sind dabei in der Mehrheit. Indonesien verbot die App im Sommer sogar, nachdem 170 000 Bürger dies per Petition verlangt hatten: Lippen bewegen zu Songs mit zweideutigem Inhalt, dazu in spärlicher Kleidung, sei nicht angemessen für Kinder. Das Verbot wurde wieder aufgehoben, nachdem TikTok versprach, mehr Leute anzustellen, um nicht angemessene Inhalte zu entfernen.
Polizei in Frankreich warnt vor Gefahren
In Frankreich warnte die Polizei vergangenen Monat Eltern vor den Gefahren. Ihre Kinder könnten Adressaten „unziemlicher sexueller Angebote“ werden. Doch die meisten Erziehungsberechtigten wissen gar nicht, was ihr Nachwuchs im Kinderzimmer so veranstaltet und postet, sagt Cyril di Palma von Génération Numérique. Die Folgen für Kinder, sich aller Welt zur Schau zu stellen, seien noch gar nicht erforscht, warnt Brian Solis von der US-Beratungsfirma Altimeter. Eltern, aber auch Erzieher und auch Ärzte seien entweder nicht dafür ausgebildet „oder aber komplett unwissend“. Solis ruft dazu auf, Kinder mit den Möglichkeiten und Gefahren der neuen Technologien keinesfalls allein zu lassen.
Das Prinzip von TikTok
Bei der App Tik Tok geht es primär darum, kurze Tanz- und Sing-Videos zu synchron abgespielten Playback-Songs aufzunehmen, die dann von anderen Nutzern der App bewertet werden. Vorgänger von TikTok war die nach dem ähnlichen Prinzip funktionierende Video-App Musical.ly. Die USK-Altersempfehlung für TikTok liegt bei 12 Jahren. Der Betreiber selbst richtet sich an Nutzer ab 13 Jahren, fragt dieses Alter auch ab und bietet Eltern an, Inhalte ihrer Kinder auf Anfrage zu entfernen. Für Tik Tok gibt es zudem eine neue, englischsprachige Informationsseite (Safety Center), die die Nutzungsrichtlinien sowie die möglichen Einstellungen zu Sicherheit und Privatsphäre erklärt. Die Informationen sollen bald auf Deutsch verfügbar sein. (dpa)