Dem Erfinder haftet ein besonderer Nimbus an. Denn er setzt etwas in die Welt, was vorher nicht da war. Eine Idee wird Gestalt. Und wenn es gelingt, Millionen von Menschen mit seiner Erfindung zu beglücken – wie etwa der Schwarzwälder Patente-König Artur Fischer (1919-2016) mit seinem gleichnamigen Dübel – hat sein Name in den Annalen der Technikgeschichte einen prominenten Platz.
Andere Erfinder haben nicht – wie Fischer – mit ihrer jahrelangen Denk- und Probierarbeit Millionen gemacht, sondern sie sind arm oder in bescheidenen Verhältnissen gestorben. Als Spinner verkannt und fast vergessen. Im Südwesten denkt man dabei an den Schneider von Ulm, Albrecht Berblinger (1770-1829), der bei der öffentlichen Vorführung seines Gleiters über der Donau wegen Fallwinden einfach nur Pech hatte, oder den verkannten und arm gebliebenen Karlsruher Karl Drais (1785-1851). Sein praktisches Laufrad – Vorstufe des heutigen Fahrrads – wollte in der wenig visionären Biedermaierzeit kaum jemand haben, und auch Drais’ Schreibmaschine war ihrer Zeit voraus. Ihr Misserfolg steht für das eherne Gesetz, dem die Erfinder unterliegen: Sie gehen ein hohes Risiko ein. Bleibt ihr Werk öffentlich unbeachtet, sind investierte Zeit und Geld vertan.
Bertha Benz hilft ihrem Mann
Manchen hätte das beinahe aus der Bahn geworfen, und er entkam nur mit knapper Not – oder der tatkräftigen Unterstützung der Ehefrau – dem frühen Bankrott. Der hätte den Badener Carl Benz (1844-1929) fast ereilt, weil die Leute seinem skurrilen dreirädrigen Patent-Motorwagen mit Skepsis begegneten. Denn ein Fahrzeug ohne verlässliche Pferde – wie konnte das gehen? Erst Bertha Benz’ mutige Pionierfahrt im August 1988 von Mannheim nach Pforzheim – assistiert von den Buben Eugen und Richard – wendete das Blatt.
Andere Erfinder, meist Ingenieure, verbringen ihr ganzes Berufsleben damit, ihr Baby marktreif zu machen. Aber der Durchbruch, der große Erfolg am Markt, bleibt ihnen versagt. Dazu gehört Felix Wankel (1902-1988) aus Lahr in der Ortenau, der sich früh den Nazis andiente und seinen Drehkolbenmotor als Alternative zum herkömmlichen Hubkolbenmotor entwickelte. Allein – nur NSU fand diesen Antrieb für seinen Zukunftswagen Ro 80 passend. Immerhin zeigte sich Wankel als praktischer Geschäftsmann, der am Verkauf von Linzenzen und seines Forschungs-Instituts in Lindau Millionen verdiente und reich starb.
Höhenflug und Pleitegeier
Eine weitere Gruppe von Erfinder-Unternehmern wurde auf der Höhe des Erfolgs von Tragik eingeholt. Man könnte sagen: Sie sind an ihrem Genius gescheitert. Dann geht ein großer Name unter, verschwindet in den Archiven der Wirtschaftsgeschichte, oder treibt den Fans ihrer Produkte Tränen der Trauer in die Augen. So kam das Bremer Auto-Imperium von Carl Borgward (1890-1963) mitten im Schwung der Wirtschaftswunderjahre unter die Räder, weil der Patriarch zwar ein herausragender Konstrukteur aber ein miserabler Kaufmann war. Ob sein Enkel Christian mit Hilfe der Chinesen die Marke mit Erfolg und Gewinnen wieder auf der Straße fahren lassen kann, ist mindestens ungewiss.
Auch Rudolf Diesel (1858-1913), dessen genialer Erfindung heute übel mitgespielt wird, war viel mehr Ingenieur denn Unternehmer. Durch jahrelange grimmige Patentprozesse um den Selbstzünder gesundheitlich ruiniert, fand er einen mysteriösen Tod, und nicht wenige glauben der These von seiner Ermordung.
Stand Diesel aber Zeit seines Lebens in der Spur des Maschinen- und Motorenbaus, so folgen manche Unternehmerkarrieren des 3. Jahrtausends anderen Erfolgsmustern. An niemanden ließe sich das besser zeigen als am schillernden Milliardär Elon Musk (47), dem Wahl-Amerikaner aus Südafrika. Als Gründer des Online-Bezahlsystems Paypal reich geworden, setzte er als reiner Investor und Marketing-Stratege in die Raumfahrt, ließ Transportkapseln und Raketen bauen. Mittlerweile gilt der Chef des Elektrowagenbauers Tesla als Guru der E-Mobilität.
Risiko des Quereinsteigers
Aber auch Musk muss – wie viele seiner Vorgänger – begreifen, dass Wille und Visionen nicht alles sind. Nur mit Mühe hat es der Quereinsteiger geschafft, die – im Vergleich lächerlich geringe – Zahl von 5000 produzierten Wagen wöchentlich zu erreichen. Ob das fürs dauerhafte Überleben ausreicht, ist alles andere als gewiss. Denn Kleinserien-Hersteller, das lehrt die Automobilgeschichte, wurden alle irgendwann von Größeren der Branche geschluckt. Wer wüsste das besser, als die Erben des legendären Auto-Namens Maybach in Friedrichshafen am Bodensee?
Schon gewusst?
Deutschlandweit leben die meisten Erfinder in Baden-Württemberg. Laut dem Deutschen Patent- und Markenamt kommen im Südwesten auf 100 000 Einwohner 132 Patentanmeldungen. Bayern muss sich dagegen mit dem zweiten Platz zufriedengeben, dort sind es 120 Patentanmeldungen.
Einige geniale Erfinder und ihre Ideen
- Carl Borgward (1890-1963):
Wirtschaftswundermann, kümmerte sich persönlich um jede Schraube, wenn ein neues seiner viel zu vielen Modelle auf den Markt kam. "Irgendein Typ geht immer", kanzelte er den Hinweis auf sinkende Umsätze ab. 1961 fuhr in Bremen die Pleite vor, und 20 000 Mitarbeiter verloren ihren Job. Heute ist es vor allem Borgwards "Isabella" (Bild), die als Marken-Königin von Sammlern geschätzt wird. | Bild: Borgward Historische Aufnahmen der Carl F. W. Borgward GmbH – Automobil- und Motorenwerke Bremen | Bild: Peter Kurze - Edwin H. Armstrong (1890-1954)
US-Elektronik-Pionier, erfand den UKW-Rundfunk, der das Radiohören revolutionierte. Das Geld, das Armstrong verdiente, ging für Patentprozesse drauf. Am 31. Dezember 1954 schrieb Armstrong einen Abschiedsbrief, zog sich Überzieher, Hut, Schal und Handschuhe an und stürzte sich aus dem 13. Stockwerk eines Appartmenthauses in New York. Seine Frau Marion war klüger: Sie wurde durch gerichtliche Einigungen Millionärin. | Bild: DPA - Philipp Reis (1834-1874)
Physiker aus dem hessischen Gelnhausen, erfand das Telefon und auch gleich den Namen dafür ("Telephon"). Aber er schlug kein Kapital daraus. Das gelang erst dem Schotten Alexander Graham Bell (1847-1922), der Reis' Grundlagenarbeit serienreif machte und damit steinreich wurde. Immerhin genießt Reis späte Würden: einige Straßen und Schulen sind nach ihm benannt. Die Post widmete ihm drei Briefmarken. | Bild: Radtke - Gustav Weißkopf (1874-1927)
deutsch-amerikanischer Auswanderer, könnte vielleicht doch der erste Mensch gewesen sein, dem ein Motorflug gelang. Der Versuch fiel ins Jahr 1901, zwei Jahre vor den Brüdern Wright. Aber: Von Weißkopfs kurzem Flug gibt es kein Beweisfoto. So schwelte bis in die jüngste Zeit einen Streit um die mögliche Pioniertat. Sicher ist: Weißkopf verlor seine Firma und wurde Fabrikarbeiter. | Bild: DB Stella Randolph Archiv - Konrad Zuse (1910-1995)
Zahlenmensch, baute 1941 den ersten funktionsfähigen Computer der Welt. Dennoch verlor er Patenklagen gegen die Riesen Triumph und IBM. Während Zuse mit seiner Firma nur auf Rechner für die Forschung setzte, erkannte die Konkurrenz das größere Potenzial des Computers für die Büro-Anwendung. Immerhin wurde Zuse acht Mal der Ehrendoktor verliehen. Geld brachte das aber keins. | Bild: DPA - Harvey Ball (1921-2001)
Vereinfacher und Werbegrafiker, sollte 1963 für eine Versicherung einen Sticker entwerfen, den sich die Angestellten zwecks Motivation anheften sollten. Was herauskam, war der "Smiley", den heute jedes Kind kennt. Die Idee ging durch die Decke, aber Ball bekam nur 45 Dollar. Er hatte sich die Rechte nicht gesichert. Daher wurde die Erfindung 1993 auch "Forrest Gump" (Tom Hanks) zugeschrieben. :-) | Bild: Paul Connors - Karl von Drais (1785-1851)
lauffauler Karlsruher Adeliger, verband zwei Räder miteinander, baute Lenker und Sattel an und lief mit großen Schritten von Mannheim nach Schwetzingen. Es gab viel Spott, aber kaum Verkäufe der "Laufmaschine", weil sie in Europa straffrei nachgeahmt wurde. Der Freiherr versank im Alkohol und hämmerte als Dorfschmied im Odenwald. Bei seinem Tod hinterließ er 30 Gulden und 34 Kreuzer. | Bild: DPA - Anton Flettner (1885-1961)
gelernter Lehrer aus Eddersheim bei Frankfurt, wollte Segelschiffe schneller machen, indem man den Wind besser nutzte. Flettner-Rotor nannte man die riesigen schornsteinartigen Zylinder, die sich im Wind drehen und das Schiff antreiben. In den 20er-Jahren wurde die Idee zwar getestet, setzte sich aber nicht durch. Heute wird Flettners Öko-Antrieb auf einigen Schiffen eingesetzt. | Bild: Wikipedia Bild: Wikipedia - Richard Trevithick (1771-1833):
Als Erfinder der Lokomotive kennen die meisten Leute den Briten Robert Stevenson (1803-1859), weil er 1821 den ersten Zug von Stockton nach Darlington fahren ließ. Aber es war sein Landsmann Richard Trevithick, der die erste Lokomotive gebaut hat. Sie fuhr 17 Jahre vor Stevensons Lok! Aber mit 10 Tonnen Gewicht war sie zu schwer für die Schienen, die für von Pferden gezogene Waggons gedacht waren. Trevithick strab mittellos und wurde in einem Armengrab beigesetzt. | Bild: Wikipedia Bild: Wikipedia - Georg Baumgarten (1873-1884):
erzgebirgischer Forstmann, zog es an die Luft. Er testete Ideen, die in den Luftschiffen des Grafen Ferdinand von Zeppelin (1838-1917) 20 Jahre später selbstverständlich wurden. Dazu gehört, dass der starre Auftriebskörper (Ballon) mehrere Gaszellen enthält und fest mit der Gondel verbunden ist. Obwohl Baumgarten 1879 eine bemannte Auffahrt gelang, verlor er nach einem Streit seine Stellung als Förster und er starb in der "Landesirrenanstalt" Colditz in Sachsen. | Bild: Südkurier Dieses Bild zeigt Zeppelins LZ2 im Jahr 1905 auf dem Bodensee. | Bild: Wikipedia