Leih-Meerschweinchen. Ein Meerschweinchen ausleihen? Geht das? Und was heißt das überhaupt? Der Begriff klingt abstrakt. Entweder man hat ein Tier oder man hat keins. Richtig? Die Meeri-Hilfe-Leutkirch erklärt es im Internet so: „Jeder, der Meerschweinchen schon lange hält, kennt das Problem: Irgendwann bleibt nur noch eines übrig, weil der Partner verstorben ist. Eigentlich möchte man irgendwann die Haltung beenden, dies ist aber nicht möglich, weil das übrig gebliebene Meeri nicht alleine gehalten werden darf und soll. Was tun?“ Die Antwort: Ein Leih-Meerschweinchen. Ein Partner auf Zeit für das verbliebene ältere Tier.
WG-Partner auf Zeit
Das Leih-Meerschweinchen bleibt so lange, bis das andere Meerschweinchen nicht mehr lebt. Dann zieht der vorübergehende WG-Partner wieder aus. Denn, so erklärt es der Verein, wenn das verbliebene Tierchen einen neuen Partner bekäme, würde dieser wiederum zurückbleiben, wenn es einmal nicht mehr lebt. Das Leih-Meerschweinchen wird mit einem Schutzvertrag und gegen eine Schutzgebühr für eine Weile zum Mitbewohner. Dieser Partner auf Zeit sei maximal zwei Jahre alt, erklärt Susanne Mensch, Leiterin der Auffangstation und Vereinsvorsitzende.
Wenn das Leih-Meerschweinchen zurückkomme, wird es in ein dauerhaftes Zuhause vermittelt. Es wird also nur ein Mal verliehen. Und falls jemandem das Leih-Meerschweinchen ans Herz wachse, dürfe es bleiben – und könnte seinerseits einen geliehenen Partner bekommen, damit es nicht alleine ist, erläutert der Verein im Internet.
Leih-Meerschweinchen-Konzept funktioniert bisher wunderbar
Die Meeri-Hilfe entschied sich, das Leih-Meerschweinchen-Konzept anzubieten, weil sich die Ehrenamtlichen Gedanken darüber gemacht haben, was mit älteren Meerschweinchen passiert, wenn der Partner gestorben ist. Es sei nicht artgerecht, ein Meerschweinchen alleine zu lassen. Diese Tiere trauerten und lebten alleine nicht lange. „Wir haben überlegt, was wir tun könnten und recherchiert“, erzählt Susanne Mensch. Seit Februar dieses Jahres können sich Meerschweinchenbesitzer bei der Meeri-Hilfe ein Leih-Meerschweinchen für das verbliebene Tier aussuchen. „Das funktioniert bisher wunderbar“, blickt sie auf die ersten acht Monate mit diesem Angebot zurück. Nur ein Meerschwein-Mädchen sei schwanger zurückgegeben worden, da der vorhandene Bock nicht kastriert war, obwohl die Besitzer dachten, er sei es.
„Die Leute kommen teilweise aus München, Friedrichshafen oder Stuttgart“
Die Haltungsbedingungen und weitere Faktoren sind dem Verein bei der Vermittlung von Leih-Meerschweinchen wichtig. Die Meeri-Hilfe achtet bei Vorkontrollen zum Beispiel darauf, dass die Nager genug Platz zur Verfügung haben. Deshalb habe es bereits Ablehnungen gegeben, erzählt Susanne Mensch. Momentan seien sechs Meerschweinchen als Partner auf Zeit bei Familien. Außerdem kümmert sich der Verein derzeit um 42 Meerschweinchen und hat ein großes Einzugsgebiet.
„Die Leute kommen teilweise von weiter weg, zum Beispiel München, Friedrichshafen oder Stuttgart“, erzählt die Vorsitzende. Bei den Leih-Meerschweinchen beträgt die Schutzgebühr 25 Euro für ein Mädchen und 60 Euro für ein kastriertes Männchen. Für Weibchen sei eine Kastration ein zu gefährlich Eingriff, da die Tiere so klein sind, erklärt Susanne Mensch.

Kritische Stimmen stellen Konzept infrage
Das Konzept einer Meerschweinchen-WG auf Zeit ist aber nicht unumstritten. Der Verein „Meerschweinchen in Not“ aus Kelsterbach bei Frankfurt am Main ist bei der Internetsuche über die Suchmaschine Google das erste Ergebnis beim Begriff „Leih-Meerschweinchen“. Der Verein hat auf seiner Homepage einen Text veröffentlicht, in dem er erklärt, warum es bei ihm keine Meerschweinchen zum Ausleihen gibt. Ein Hauptargument ist, dass den Tieren nicht zugemutet werden soll, umziehen zu müssen, wenn die Leihzeit beendet ist: „Auch wenn das deutsche Tierschutzgesetz Tiere noch als ‚Sache‘ betrachtet, sollten sie nicht als solche behandelt werden – wie ein Buch, was man sich in der Bücherei ausleiht und nach Nutzung wieder zurückgibt.
Wir vertreten die Meinung, dass das am Gedanken des artgerechten Tierschutzes vorbeigeht.“ Stattdessen bietet dieser Verein Alternativen an, zum Beispiel die Vermittlung eines Tiers aus der Rentner-Gruppe als Pflegetier, so dass zwei ältere Tiere zusammen wären. Dem Verein ist es wichtig, dass Meerschweinchen von Anfang an, die Chance auf ein dauerhaftes Zuhause haben.
Meeris sollen keine Wanderpokale sein
Susanne Mensch von der Meeri-Hilfe-Leutkirch hat keine Bedenken wegen eines Umzugs und einer Umgewöhnung, die auf ein Leih-Meerschweinchen zukommt. Die Tiere seien noch jung und hätten dann keine Probleme damit. Deshalb sei ein Leih-Meerschweinchen höchstens zwei Jahre alt, wenn es zu einer Familie ziehe. Es komme mit etwa vier bis fünf Jahren zurück. Dem Verein sei aber klar, dass es ein zweischneidiges Schwert sei. Doch Meerschweinchen litten auf jeden Fall, wenn sie nach dem Tod des Kammeraden alleine wären.
In Baden-Württemberg sind die Leih-Meerschweinchen noch nicht sehr verbreitet. Neben der Meeri-Hilfe-Leutkirch gibt es im Süden nur eine weitere Adresse in Waldkirch bei Freiburg. Auch dort funktioniert dies mit Schutzvertrag und gegen eine Schutzgebühr. Und wie bei der Meeri-Hilfe sagt die Beschreibung des Konzepts ganz klar: „Jedes Leih-Meerschweinchen ist nur einmal in seinem Leben Leihtier, denn auch diese Meeris sollen keine Wanderpokale sein.“