E-Zigaretten werden in Deutschland immer beliebter: Der Umsatz mit den Dampfautomaten ist in den vergangenen Jahren geradezu explodiert. Lag er 2016 noch bei 420 Millionen Euro, rechnet der Verband des eZigarettenhandels für 2018 mit einem Jahresgesamtumsatz von bis zu 900 Millionen Euro. Immer neue Modelle und Geschmacksrichtungen drängen auf den Markt, kommt hinzu, dass „Dampfen“ nicht nur als cool, sondern auch als wenig riskant gilt. Aber sind elektronische Zigaretten wirklich so harmlos, wie manchmal behauptet wird? Oder bringt das Inhalieren der Dämpfe doch ungeahnte Gefahren mit sich?
E-Zigaretten sind nicht gesünder
„Es stimmt nicht, dass E-Zigaretten gesünder wären als herkömmliche“, sagt Dr. Tobias Rüther, Leiter der Tabakambulanz am Uniklinikum München. „Aber sie sind weniger schädlich.“ Im Dampf von E-Zigaretten sind nämlich keine Verbrennungsprodukte und damit wesentlich weniger Schadstoffe enthalten als in Zigarettenrauch. Ute Mons, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), bekräftigt: „Gefährliche Stoffe entstehen vor allem beim Verbrennen der Zigaretten.“ Dabei wird ein Cocktail chemischer Substanzen freigesetzt, von denen rund 250 als giftig oder krebserregend gelten. Bei elektronischen Geräten wird dagegen nur eine Flüssigkeit (das Liquid) zum Verdampfen gebracht. Der Nebel (Aerosol), der dabei entsteht, enthält ebenfalls bedenkliche Stoffe – aber in viel geringerem Ausmaß.

Viele unterschiedliche Produkte auf dem Markt
Die Mengen hängen stark von den Liquids und den E-Zigarettentypen ab. Dr. Frank Henkler-Stephani vom Bundesinstitut für Risikobewertung sagt: „Inzwischen sind so viele unterschiedliche Produkte auf dem Markt, dass es schwer ist, allgemeingültige Aussagen zu treffen.“ Grundsätzlich kann die Schadstofffreisetzung bei E-Zigaretten weitgehend minimiert werden, wie er erklärt. Andererseits könnten bei Modellen ohne entsprechende Sicherheitsmerkmale oder bei hoher Verdampferleistung Überhitzungen auftreten, die zur erhöhten Bildung von Schadstoffen – etwa krebserzeugendes Formaldehyd – führen. „Um die Schadstoffaufnahme zu minimieren, sollten Dampfer in dem vom Hersteller empfohlenen Leistungsbereich bleiben und qualitativ hochwertige Liquids verwenden“, sagt Henkler-Stephani.
Bisher unbekannte Auswirkungen
Die Liquids enthalten neben Wasser, Nikotin und Aromen vor allem Propylenglykol, das auch für Theaternebel verwendet wird. Die Substanz ist als Lebensmittelzusatz zugelassen – wie es sich langfristig auswirkt, wenn man den Stoff häufig inhaliert, ist unklar. Gesundheitsrisiken können auch von Aromen ausgehen, die zugesetzt sind: Zum Beispiel können manche davon Allergien auslösen. „Letztendlich weiß man aber noch wenig darüber, welche Gesundheitsrisiken der E-Zigaretten-Konsum langfristig hat“, sagt Mons. So gibt es zwar Tier- und Zellversuche, die zeigen, dass das Aerosol entzündungsfördernd wirkt und den oxidativen Stress erhöht. „Aber was bedeutet das für den Menschen? Dazu gibt es keine gesicherten Erkenntnisse“, betont sie.

Bedenkliche Stoffe auch ohne Nikotin
Auch nikotinfreie E-Zigaretten sind laut DKFZ nicht harmlos, da sie ebenfalls bedenkliche Substanzen freisetzen können. Nikotin kann zwar süchtig machen, ist ansonsten aber gar nicht mal der Stoff, der Mons die größten Sorgen bereitet: „Nikotin ist zwar ein Nervengift, das überdosiert gefährlich ist und zum Beispiel nicht in die Hände kleiner Kinder geraten darf“, sagt die Wissenschaftlerin. „Per se ist der Stoff aber nicht sonderlich schädlich. Er erhöht eventuell das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, krebserregend ist er aber nicht.“
Vollständiger Umstieg für Raucher eine Alternative
Wie sinnvoll ist es für Raucher, auf E-Zigaretten umzusteigen? Laut ärztlicher Leitlinie besteht der erfolgreichste Ansatz für einen Rauchstopp in einer Verhaltenstherapie, die durch Nikotinersatzprodukte ergänzt wird. Für Raucher, die damit keinen Erfolg haben, sind E-Zigaretten tatsächlich eine weniger schädliche Alternative. „Experten sind sich darin einig, dass es besser ist, vollständig umzusteigen, wenn die üblichen Methoden zur Tabakentwöhnung nicht angewendet werden können oder nicht klappen“, sagt der Suchtexperte Rüther. Manchem Raucher können E-Zigaretten auch tatsächlich dabei helfen, ganz von der Nikotinabhängigkeit wegzukommen. Mons berichtet: „Ein Wundermittel ist es sicherlich nicht, aber man kann es probieren. Jeder Rauchstopp-Versuch lohnt sich. Was wirklich hilft, ist individuell sehr verschieden.“ Wer nicht vom Nikotin loskommt, sollte aber ausschließlich E-Zigaretten konsumieren. Denn ob der Schaden für die Gesundheit auch dann noch geringer ist, wenn man zusätzlich normale Zigaretten raucht, ist äußerst fraglich.

Bringen E-Zigaretten Jugendliche zum Rauchen?
Unklar ist auch, inwiefern E-Zigaretten Jugendliche zum Rauchen verführen. Bislang, meint Rüther, sei er davon ausgegangen, dass sie eher eine kleine Rolle als Einstiegsdroge spielen. Große Sorgen bereitet ihm aber das neue Modell „Juul“, das unter Teenagern in den USA extrem beliebt sei. „Das Nikotin ist darin extrem hoch dosiert und geht schnell ins Gehirn“, erklärt Rüther. „Das macht sehr schnell abhängig.“ Inzwischen ist die E-Zigarette, die an einen USB-Stick erinnert, auch hierzulande erhältlich, wenn auch mit einem viel geringeren Nikotingehalt.
Und wie gefährlich sind E-Zigaretten für Dritte?
„Passivdampfen“ ist zwar nicht völlig harmlos, aber auf jeden Fall deutlich weniger gefährlich als Passivrauchen. Anders als herkömmliche Zigaretten dampfen die elektronischen nicht von allein – schon deshalb sind sie harmloser. „Aber dazu gibt es noch weniger Studien. Das Risiko lässt sich sehr schwer einschätzen“, sagt Mons. „Wir empfehlen auf jeden Fall, auf E-Zigaretten zu verzichten, wenn Kinder, Kranke oder Allergiker im Raum sind.“
Verschiedene Modelle
Bei E-Zigaretten werden Flüssigkeiten, die sich in Kartuschen befinden, verdampft. Batteriebetriebene Heizelemente sorgen dafür, dass sich die „Liquids“ erhitzen. Es gibt viele verschiedene Typen, zum Beispiel:
- Cig-a-like: Diese E-Zigaretten der ersten Generation sehen aus wie herkömmliche Zigaretten und haben ein relativ geringes Füllvolumen sowie meist eine geringe Leistung. Oft handelt es sich um Einwegmodelle.
- Mid-Size-Geräte: Diese Varianten erinnern an Zigarren und bestehen aus Akku, Liquidtank und Verdampfer. Viele von ihnen lassen sich mit einem Knopf bedienen, die Verdampfer sind austauschbar.
- APVs: E-Zigaretten der dritten Generation („Advanced Personal Vaporizers“) sind in der Regel größer und komplexer als ihre Vorgänger. Spannung und Leistung lassen sich meist individuell einstellen.
- E-Shishas: Sie funktionieren nach dem gleichen Prinzip wie E-Zigaretten. Der Unterschied besteht vor allem in der Optik. Früher handelte es sich um Einmalprodukte mit nikotinfreien, süßen Liquids, inzwischen gibt es aber auch aufladbare Modelle.
- Pod-Systeme: Kleine E-ZigarettenSysteme (zum Beispiel Juul oder myblu), die an einen USB-Stick erinnern. Da es wenig Einstellmöglichkeiten gibt und bloß fertig befüllte Liquid-Kapseln (Pods) eingesetzt werden müssen, sind die Geräte leicht zu bedienen. Forscher kritisieren, dass die in einigen Systemen enthaltenen Nikotinsalze besonders stark wirken. (ast)