Seit 2005 wird islamischer Religionsunterricht in Baden-Württemberg erprobt. Mit Beginn der Sommerferien ist damit Schluss. Der Modellversuch endet nach 14 Jahren, ein neues Konzept muss her. Das hat sich die Landesregierung bereits zurecht gelegt: Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Kultusministerin Susanne Eisenmann wollen eine Stiftung unter Obhut des Landes Baden-Württemberg gründen.

Sie soll ab dem nächsten Schuljahr als Schulrat für den islamischen Unterricht dienen. Dann ist sie beispielsweise für die Organisation von Bildungsplänen oder die Lehrerlaubnis für Lehrkräfte verantwortlich. Eisenmann spricht von einem bundesweit einzigartigen Konzept. In der Regel übernehmen die Religionsgemeinschaften unter staatlicher Aufsicht selbst die Trägerschaft des Religionsunterrichts.

Stiftung statt islamische Verbände

In Baden-Württemberg soll es künftig aber anders laufen. Der Grund: Das Land sieht in den vier islamischen Verbänden keinen einheitlichen und verbindlichen Ansprechpartner. Die Stiftung soll dieses Problem lösen. „Die Stiftung ist ein innovativer Weg, um die Trägerschaft und die Organisation des Islamischen Religionsunterricht sicherzustellen, solange es keine anerkannte Religionsgemeinschaft auf der Seite des sunnitischen Islams gibt“, sagt Kultusministerin Susanne Eisenmann zum Vorhaben.

Doch nicht alle Verbände unterstützen den Plan der Landesregierung. Nur der Landesverband der Islamischen Kulturzentren Baden-Württemberg und die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken haben ihre Mitarbeit zugesagt.

Interesse am Unterricht steigt

Die Islamische Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg und der Landesverband der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion äußerten hingegen scharfe Kritik an dem geplanten Vorhaben. „Dieses Modell hebelt die Neutralitätspflicht des Staates aus“ heißt es in einer öffentlichen Erklärung.

Das Vorhaben der Landesregierung greife „massiv in die Religionsfreiheit und in das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften ein.“ Beide Verbände wollen gemeinsam an verfassungskonformen Modellen arbeiten und dafür eine unabhängige Expertenkommission einberufen. Ein Gegenentwurf zu dem des Kultusministeriums.

Bildungspläne vom Ministerium

Der islamische Religionsunterricht liegt in Baden-Württemberg in den Händen des Kultusministeriums. Die türkische Politik hat keinerlei Einfluss auf die Inhalte. Die Bildungspläne werden vom Ministerium erarbeitet und grenzen sich daher auch vom Islamunterricht in Moscheen ab. Kontrolliert werden die Inhalte von der staatlichen Schulaufsicht, künftig soll auch die neue Stiftung den Unterricht überwachen.

Die Lehrer für den Islamunterricht werden – wie alle anderen Lehrer – vom Kultusministerium ausgewählt und bezahlt. Derzeit nehmen im Südwesten bereits mehr als 6000 Schüler am islamischen Religionsunterricht sunnitischer Prägung teil. Die Kinder werden an 86 Schulen unterrichtet. Laut Eisenmann wollen mehr als 50 weitere Schulen den Unterricht einführen, doch es fehlen qualifizierte Lehrkräfte. Die Stiftung soll mindestens fünf Schuljahre bestehen. Das Land wendet für sie jährlich 300 000 Euro auf.