Michael Eichhammer

Welche Computer- und Videospiele sind kindgerecht? Viele Eltern tun sich schwer damit, diese Frage richtig zu beurteilen. „Vielen Eltern fällt es schwer, mit dem digitalen Medienverhalten und den verschiedenen genutzten Angeboten ihrer Kinder Schritt zu halten“, berichtet Elisabeth Secker, Geschäftsführerin der USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle). Damit Kinder in der digitalen Spielwelt gut aufgehoben sind, sollte diese für Eltern aber kein Neuland bleiben. Wir haben Experten befragt und einen Ratgeber für die Spielwelten erstellt.

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  1. Ist es sinnvoll ein Spiel einmal mit meinem Kind auszuprobieren? Ja, das ist es. Das findet zumindest Secker von der USK. „Das gemeinsame Spielerlebnis hilft, Risiken besser einschätzen zu können“, sagt sie. Einen weiteren Vorteil hebt Felix Falk, Geschäftsführer von game, dem Verband der deutschen Games-Branche, hervor: „Wenn Kinder merken, dass man ihre Leidenschaft ernst nimmt und sich für sie interessiert, werden sie auch gemeinsam besprochene Regeln deutlich besser akzeptieren.“
  2. Wie lange sollte ein Kind maximal vor einem Spiel sitzen? Diese Frage ist nicht ganz so einfach zu beantworten und hängt jeweils von der Entwicklung und Reife des eignen Nachwuchses ab. Ein paar Richtlinien kann man Eltern aber dennoch an die Hand geben. „Für Kinder unter sieben Jahren kann eine Spielzeit von 20 bis 30 Minuten unter Aufsicht empfohlen werden“, so Secker von der USK. „Je älter das Kind ist, desto länger und flexibler kann das Zeitbudget gestaltet werden.“ Die Initiative „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht“ rät Kinder im Alter von acht bis neun Jahren durchschnittlich eine Spielzeit von 45 Minuten täglich, Kinder von zehn bis elf eine Stunde und Kindern von zwölf bis 13 Jahren 75 Minuten.
  3. An welchen Alarmzeichen erkennt man bedenkliches Spielverhalten? Seit diesem Jahr gilt PC-Spielsucht als offizielle Krankheit. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) hat die „Gaming Disorder“ (Spielstörung) in den Katalog der anerkannten Krankheiten aufgenommen. Symptome sind zum Beispiel Antriebslosigkeit, schlechtere schulische Leistungen, Nervosität, Gereiztheit oder Vernachlässigung von sozialen Kontakten. „Computer- und Videospiele oder die sozialen Netzwerke sollten eine Ergänzung im Freizeitangebot darstellen, aber keinesfalls zur dominanten Beschäftigung werden“, sagt Secker. Stellen Eltern mehrere Symptome bei ihrem Nachwuchs fest, sollten Eltern mit ihrem Kind darüber sprechen und die Nutzungsdauer korrigieren.
  4. Welchen Fehler sollten Eltern unbedingt vermeiden? Klar definierte Spielzeiten helfen, Regeln einzuhalten. Es gibt jedoch Momente, in denen man ein Auge zudrücken sollte: Spielszenen, in denen der Spielfortschritt verloren ginge, wenn man abrupt beendet. Das Kind sollte bis zum nächsten Speicherpunkt weiterzocken dürfen. „So lässt sich Frustration auf Seiten der Kinder vermeiden und Eltern nehmen potenziellen Konflikten frühzeitig den Wind aus den Segeln“, rät Experte Felix Falk.
    <strong>Felix Falk</strong> ist der Geschäftsführer von game, dem Verband der deutschen Games-Branche. Er gibt Eltern den Rat, das neue ...
    Felix Falk ist der Geschäftsführer von game, dem Verband der deutschen Games-Branche. Er gibt Eltern den Rat, das neue Computerspiel der Kinder mal mitzuspielen. Bild: Dirk Mathesius – games | Bild: Dirk Mathesius
  5. Was bedeutet es, wenn Spiele ohne Altersbeschränkung oder ab sechs Jahren freigegeben sind? Ist ein Spiel ohne Altersbeschränkung freigegeben, enthält es keine Gewaltdarstellungen. Der ruhigere Spielaufbau setzt auch jüngere Kinder nicht unter Druck. Bei Spielen mit einer Kennzeichnung „USK ab 6“ sind spannendere oder wettkampfbetontere Elemente dabei.
  6. Und wenn ein Spiel erst ab 16 oder 18 Jahren freigegeben ist? Spieleinhalte mit einer Altersfreigabe ab 16 Jahren zeigen realistische Gewalthandlungen. Spiele, die keine Jugendfreigabe erhalten („USK ab 18“) sind ausschließlich Erwachsenen vorbehalten. Die Begründung: Minderjährige sollen geschützt werden vor der Identifikation mit Spielfiguren, deren Handeln ethisch-moralischen Anforderungen zuwiderlaufen können. Bei diesen Spielen handelt es sich oft um sogenannte Ego-Shooter; also Spiele, bei der Spieler aus der Egoperspektive frei agieren und mit Schusswaffen andere Spieler bekämpfen.
  7. Sind Ego-Shooter wirklich so bedenklich? Darauf gibt es keine eindeutige Antwort. Der Medienpsychologe Rudolf Weiß sagt: „Diese Ego-Shooter-Spiele tragen im großen Umfang zur Verrohung der Gesellschaft bei – aber es ist vermessen, zu sagen, dass aus jedem Spieler ein Attentäter wird.“ Gleichzeitig gibt es etliche andere Studien, die besagen, dass der Einfluss von brutalen Spielen auf die Gewaltbereitschaft der allermeisten Jugendlichen gering bis nicht existent ist.
  8. Hat die USK-Angabe auch eine Aussagekraft darüber, ob das Spiel inhaltlich genau für die Altersgruppe passt? Hier lauert ein gängiges Missverständnis. „Die USK-Kennzeichen geben weder Auskunft über eine pädagogische Eignung, noch bilden sie Geschmacksurteile ab“, so USK-Chefin Elisabeth Secker. Die Altersangabe der USK soll nur vor Gewalt schützen, ist aber keine Altersempfehlung hinsichtlich kognitiver oder motorischer Fähigkeiten.
  9. Woran erkennen Eltern pädagogisch wertvolle Spiele? Ob ein Spiel pädagogischen Ansprüchen gerecht wird oder der Schwierigkeitsgrad im wahrsten Wortsinn kinderleicht ist, kann man auf Seiten wie spielbar.de, internet-abc.de oder schau-hin.info nachlesen. Es gibt auch Auszeichnungen und Gütesiegel für besonders empfehlenswerte Spiele. Unter anderem den Deutschen Kinder- und Softwarepreis „Tommi“ und den Deutschen Computerspielpreis in der Kategorie „Bestes Kinderspiel“ (Gewinner 2018 „Monkey Swag“) und „Bestes Jugendspiel“ (Gewinner 2018 „Witch It“). 2017 hat das Spiel „Mario Kart Deluxe“ für die Nintendo Switch den Tommi gewonnen.
  10. Werden auch Online-Spiele und Handy-Games hinsichtlich ihrer Alterseignung begutachtet? Neben dem Kennzeichnungsverfahren nach dem Jugendschutzgesetz vergibt die USK seit 2014 auch Alterskennzeichen für Online-Spiele und Apps. In den gängigen Vertriebsplattformen für Apps und Spiele wie Google Play Store, Nintendo eShop, Microsoft Windows Store, Xbox Store und dem Oculus Store sind Alterskennzeichen verfügbar.
  11. Welche Spiele landen auf dem Index? Zuständig für diese Entscheidung ist die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM). Betroffen sind „überwiegend sehr gewaltbetonte Spiele, die verrohend wirken oder zu Gewalttätigkeit anreizen können“, erklärt Martina Hannak, Vorsitzende der BPjM.
  12. Welches Spiel steht zum Beispiel auf dem Index? Das Spiel „Manhunt“ (2003) ist berüchtigt dafür, dass Spieler in die Rolle eines Mörders schlüpfen. Es wurde nicht nur indiziert, sondern bundesweit beschlagnahmt. Es kann allerdings vorkommen, dass Spiele wieder aus der Indexliste gestrichen werden, wenn ein Publisher einen Antrag auf erneute Überprüfung stellt. So hob die BPjM die Indizierung der Ballerspiele „Doom“ nach 17 Jahren und von „Max Payne“ nach elf Jahren wieder auf. Entscheidungen, bei denen die Kunstfreiheit als Argument zum Zuge kam.
  13. Welche Faktoren machen ein gutes Spiel für Kinder aus? Wichtig ist die Balance: Herausforderungen fördern die Spannung, aber die Aufgabe darf auch nicht so schwer sein. „Man muss die Geschichten dem Alter entsprechend auswählen und bei Kindern, die noch nicht (gut) lesen können eine einfache Sprachausgabe und eine simpel zu bedienende Benutzeroberfläche integrieren“, weiß Game-Designerin Myriel Balzer. Außerdem sollte ein Spiel die natürlichen Bedürfnisse des Kindes befriedigen. „Während jüngere Kinder vor allem ausprobieren und entdecken wollen und sich über ein spannendes oder auch mal überraschendes Feedback freuen, wollen ältere Kinder oft schon richtig gefordert werden“, erklärt Myriel Balzer.

 

Für jeden das richtige Spiel

  • Für Schüler: Spielerisch lernen – wie das aussehen kann, zeigt die Lernspiel-App „Vocabicar“ von Quantumfrog. Während einer Rennfahrt mit Spielzeugautos verbessern Kinder zwischen 8 bis 12 Jahren ihre Englischkenntnisse. Zur Wahl steht die App für die Klassen 3/4 und 5/6. Der Titel ist Gewinner des Deutschen Computerspielpreises 2018 in der Kategorie „Bestes Serious Game“.
  • Für Krimi-Fans: „Die Drei ???“ kennen viele noch als Hörspiele aus der eigenen Kindheit. Publisher USM bietet darüber hinaus Spiele für PC, Tablet und Handy, bei denen Kinder in die Rolle der drei jugendlichen Hobby-Detektive schlüpfen können. In „Geheimnis der Schattenhelden“ geschehen bei Dreharbeiten zu einem Hollywood-Film merkwürdige Dinge. Geeignet für Spieler ab zehn Jahren.
    Bild 2: Das ist doch (k)ein Kinderspiel: Was Eltern über Videospiele wissen sollten
    Bild: Steinert, Kerstin
  • Für Bastler: Basteln in der realen, spielen in der digitalen Welt: Das bringt Nintendo zusammen mit der Produktlinie „Labo“ für die Nintendo Switch. Zuerst bastelt man den Bausatz aus Pappkarton (beispielsweise Klavier, Motorradlenkrad, Angel, Haus), dann wird das gebastelte Modell zum „Controller“ für das mitgelieferte Spiel.
  • Für Kreative: Nicht nur ein Spiel, sondern spielerisch selbst interaktive Welten erschaffen: Das ermöglicht „Einfach Programmieren für Kinder“ aus der Reihe Carlsen Clever. Mit Smartphone und Buch im Doppelpack basteln Kids am eigenen Game und lernen die „Denkweise“ des Programmierens kinderleicht verstehen. Empfohlen ab 8 Jahren.
  • Für Grundschüler: Lernen mit Spaß: Gerade für Grundschüler ist die spielerische Wissensvermittlung eine gute Motivation. Die Reihe „Emil und Pauline“ verbindet auf Handy, Tablet und PC spannende Spiele mit Lerninhalten. Beispielsweise mit dem Paket „Deutsch und Mathe“ für Erstklässler. Auch Programme für die Vorschule und zweite Klasse stehen zur Wahl.
  • Für anspruchsvolle Jugendliche: Mit seiner Story mit Tiefgang ist „Detroit: Become Human“ erst ab 16 Jahren freigegeben. Erwachsene und Jugendliche Besitzer der PlayStation 4 gehen der geradezu philosophischen Frage nach: Was macht uns zu Menschen? Drei Charaktere stehen zur Wahl – allesamt Androiden. Die Entscheidungen des Spielers führen zu einem völlig unterschiedlichen Handlungsverlauf und Ende. Dank der tollen Grafik wirkt das Sony-Spiel so echt wie ein interaktiver Film.