Herr Pelham, sind Sie eigentlich aufgeregt, wenn ein neues Album erscheint?

Ich würde sagen: freudig erregt.

Ihr neues Album heißt „Herz“ – in welchen Situationen schlägt Ihr Herz schneller?

Ja, also ehrlich gesagt, schlägt mein Herz etwas schneller, kurz bevor ich auf die Bühne muss. Das ist eine körperliche Reaktion, die man nicht kontrollieren kann oder die zumindest ich nicht kontrollieren kann.

Ist das ein positives Herzschlagen oder ist es ein unangenehmes Gefühl?

Es fordert mich schon heraus, auf die Bühne zu gehen. Das ist nicht nur angenehm. Wenn man dann erst mal draußen ist und die richtigen Menschen vor einem stehen, ist es toll. Aber davor ist da schon eine gewisse Nervosität und so ein „Jetzt muss es sitzen“-Gefühl. Ein bisschen anders als im Studio, wo es auch sehr aufregend sein kann, aber wo es den Druck in dieser Form nicht gibt. Wenn man im Studio einen Fehler macht, dann macht man es eben noch mal – auf der Bühne geht das nicht.

Wenn Sie Entscheidungen treffen müssen, sind Sie da eher Herz- oder Kopf- oder Bauch-Mensch?

Ich glaube, dass die Kombination aus Herz und Verstand stimmen muss, um mit einer Entscheidung glücklich werden zu können.

Wofür steht denn der Album-Titel „Herz“?

Ich habe mir ja viele Jahre, keine Gedanken darüber machen müssen, wie mein nächstes Solo-Album heißt – erst kam „Geteiltes Leid I“, das nächste war „II“ und das dritte, ach ja „III“. (lacht) Dieses Mal hatte ich tatsächlich mehrere Seiten mit möglichen Titeln vollgeschrieben. „Herz“ wurde es dann aus der Vielzahl der Gründe, die den Titel so treffend machen – das Herz ausschütten, das Herz öffnen. Auch weil es eine Herzensangelegenheit ist, und ich glaube, ohne Herz kann man diese Platte auch nicht verstehen. Das kommt von Herzen und muss von Herzen aufgenommen werden.

Die Single „You Remember“ ist sehr berührend. Darin geht es auch um den Frankfurter Stadtteil Rödelheim, Ihre Heimat. Das bleibt auch für immer in Ihrem Herzen, oder?

Ich bin da aufgewachsen und habe da gelebt, bis ich 30 war, meine Mutter lebt immer noch dort. Ich verbinde damit ganz viel prägende Momente. Das kann man nicht so einfach abschütteln. Auch durch das Rödelheim Hartreim Projekt bin ich mit dem Stadtteil sehr verbunden. Auf Facebook kursiert eine Frankfurt-Karte, da stehen nicht die Stadtteile drin, sondern Sachen, die man damit verbindet. Rödelheim ist einfach mit Moses Pelham beschriftet. Das werde ich nicht mehr los! (lacht)

Was ist für Sie persönlich der wichtigste Song auf dem Album?

Ich bin ein großer Freund von einem Album als Gesamtes, also von vorne bis hinten durchhören und die Reise genießen. Ich glaube, dass ein Stück an der Stelle, an der es innerhalb des Album-Ablaufs steht, eine andere Bedeutung hat, als wenn man es isoliert betrachtet. Ich habe fünf Jahre an der Platte gearbeitet, und jedes Stück ist aus einem Grund drauf. Aber wenn ich ein Stück rauspicken müsste, das ich für essenziell halte oder für ganz besonders, dann wäre es „Wir sind eins“.

Den Song haben Sie mit Michael Patrick Kelly aufgenommen. Sie kennen sich aus der Show „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“. Was haben Sie für sich aus dieser Zeit mitgenommen?

Erst mal allein für das Album drei Stücke, die es ohne die Sendung gar nicht geben würde, zum Beispiel „Meine Heimat“. Das sind Stücke, die nur deshalb entstanden sind, weil ich mich mit dem Werk der anderen auseinandergesetzt habe. Ich habe wunderbare Erinnerungen an die Zeit und ich glaube, ich habe ein paar neue Freunde gewonnen. „Wir sind eins“ wäre bestimmt auch ohne die Sendung auf der Platte gelandet, dann aber mit einem anderen Sänger als Michael Patrick. Aber ich finde es toll, wie es jetzt ist.

 

Wenn andere Künstler Ihre Songs performen, ist das dann eine Art Rückblick auf die eigene Karriere?

Ja, das geht gar nicht anders. Ich habe mich natürlich auf die Sendung vorbereitet und mit den Stücken, die ich performen wollte, auseinandergesetzt und sie mir zu Eigen gemacht. Das war bei den anderen genauso. Den Abend, an dem sie sich mit meinem Werk auseinandergesetzt haben – diese Reise konnte ich ganz anders genießen. Und natürlich ist das irgendwie eine komische Reise, so eine fast 30-jährige Karriere. Was da für Sachen rausgepickt werden und wie sie interpretiert werden … Ich muss ehrlich sagen, ich bin eigentlich kein großer Fan davon, wenn meine Stücke gecovert werden, weil ich mir schon was dabei gedacht habe, dass sie so sind, wie sie sind. Aber das war in diesem Fall wirklich ganz wunderbar, weil das auch alles sehr, sehr gute Leute sind.

 

Sie schreiben Songs, Sie produzieren, Sie haben eine eigene Plattenfirma. Ist es Ihnen wichtig, immer alles in der Hand haben?

Es ist nicht so, dass ich mir keine Hilfe hole. Aber ich würde lügen, wenn ich sagen würde: „Das soll machen, wer will, und ich geh‘ mal so lang ins Schwimmbad.“ Nee, dazu ist mir die Musik zu sehr Herzensangelegenheit und zu wichtig. Ich habe angefangen, Musik zu produzieren, weil ich mit der Musik, die man vor 25 Jahren für mich produziert hat, unglücklich war. Ich habe angefangen, das Marketing selber zu machen, weil ich mit dem Marketing, das andere gemacht haben, nicht glücklich war. Ich dachte, wahrscheinlich ist es besser, dass derjenige, dessen Seele letztendlich auf einen Tonträger gebannt wird, auch über all das entscheidet, damit es sich richtig anfühlt. Wie könnte ich das jetzt einfach aus der Hand geben?

Wie schätzen Sie eigentlich die aktuelle Qualität deutscher Musik ein?

Es kommt ganz darauf an, was man hört. Ich habe die Charts, ehrlich gesagt, nicht so im Auge. Aber gerade habe ich über eine Kollegen namens Tex aus Berlin gesprochen, den ich für den talentiertesten deutschen Textdichter halte. Er ist wirklich großartig.

Ist Ihnen wichtig, was andere von Ihnen denken?

Ich glaube, wir haben alle gemeinsam, dass wir uns wünschen, verstanden zu werden. Das geht mir natürlich auch so. Ich glaube, ich habe lange darunter gelitten, so ganz und gar missverstanden zu sein. Was ich tun kann, um verstanden zu werden, hat aber seine Grenzen. Ab einem gewissen Punkt liegt es nicht mehr in meiner Hand. Vielleicht sollte man auch nicht zu viel darauf geben, wie andere einen wahrnehmen. Was nicht bedeutet, dass es mir egal wäre, ab einem bestimmten Punkt muss es mir aber einfach ein bisschen egaler werden. Man macht so eine Platte, ruft „Hallo, ist da jemand, kann mich jemand hören?“ und wünscht sich, dass jemand sagt: „Ja, ich kann dich hören und ich verstehe dich auch!“ Und ich kann zum Beispiel, während ich mich mit Ihnen unterhalte, versuchen, mich ein bisschen zu erklären. Aber was bei Ihnen und Ihren Lesern ankommt, das weiß ich nicht.

 

Fragen: Nicole Rieß

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