Von der Midlife-Crisis haben Sie sicher schon gehört. Gemeint ist damit ein Gefühlszustand irgendwo zwischen Ruhelosigkeit, launischen Anfällen und Panik. Betroffen sind vor allem Männer, die bemerken, dass sie die Lebensmittellinie hinter sich gelassen haben und nun mit federndem Schritt und möglicherweise langsam ergrauendem Haar in Richtung Grab marschieren. In Deutschland müsste man statistisch betrachtet im Alter von 39 Jahren davon befallen werden. Manche trifft es früher, manche erst mit 50, manche sind jahrelang unausstehlich, andere gar nie.

Was Sie vielleicht noch nicht kennen, ist die Quarterlife-Crisis. Sie schlägt angeblich (so der Name) nach dem ersten Lebensviertel zu, also ungefähr zeitgleich mit dem Übergang vom leichten Jugend-, Ausbildungs- oder Studienleben ins triste, graue Gefängnis der Arbeitswelt. Betroffen sind hier vor allem gut ausgebildete und lange durch Eltern und Uni behütete Akademiker.

Krisen ohne Ende

Tja. Man könnte auch die These vertreten, dass das ganze Leben aus Krisen bestehe, nicht wahr? Aus der Three-Quarterlife-Crisis etwa. In die geriete man so ungefähr mit Eintritt in die Rente (Verwertungspotential für den Arbeitsmarkt schlagartig null, und die Knochen machen auch schlapp).

Oder die Eighthlife-Crisis, nach dem ersten Lebens-Achtel, so mit zehn: vom gnadenlosen deutschen Schulsystem in die Schublade einer weiterführenden Schule einsortiert werden, und dann auch die Frühpubertät, oh weh.

Sixteenthlife-Crisis mit fünf oder sechs (der lieben Erzieherin Lebewohl sagen, Einschulung, Hausaufgaben!).

Thirtysecondlife-Crisis mit zweieinhalb: Wutanfälle, Albträume, die Windel fängt an zu nerven.

Mit einem Jahr: Laufen lernen (und dabei ständig aufs Gesicht fallen).

Mit einem halben Jahr: Mobil sein wollen, aber noch nicht wissen, wie genau.

Mit drei Monaten: Ständig von Mama oder Papa auf den Bauch gelegt werden (wie ätzend!).

Ein Monat: Immer noch alles echt unverständlich hier auf dieser Welt.

Naja, und die Geburt, Mutter aller Lebenskrisen: rausgeworfen werden aus diesem perfekten, warmen Kokon...

Und das Ende all dieser Krisen, die Belohnung für die lebenslange Mühe? Genau. Sie ahnen es. Sobald Sie dann begraben sind, streiten die Kinder um Ihr Erbe.

Was wir dabei übersehen, manche von uns ein Leben lang: Ohne Krisen würden wir uns nicht entwickeln. Erst dadurch, dass sich Widerstände vor uns auftun, erlernen wir die Fähigkeiten, die wir benötigen, um sie zu überwinden. Krisen sind Chancen, die eigenen Ressourcen auszubauen. Oder anders: Indem wir eine Krise durchschreiten, können wir beim nächsten Mal auf etwas höherem Niveau scheitern.

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Wenn also die nächste Krise Sie am Kragen packt (sagen wir mal, Sie sind ein Mann in der Midlife-Crisis-Gefahrenzone, der eines Morgens das erste graue Haar über dem linken Ohr entdeckt), dann umarmen Sie die Krise! Sie ist eine Einladung, etwas Neues zu lernen.

Zum Beispiel, dass Ihre Attraktivität und Ihr Wert nicht von der Graustufenschattierung ihrer Kopfbehaarung abhängen. Oder dass Sie mit rasierter Glatze total umwerfend aussehen (und auch noch täglich Zeit im Bad und Geld für Shampoo sparen). Was dann wiederum in Ihrem Kopf Kapazitäten freisetzt, sich mit Ihren inneren Werten zu beschäftigen und zu erkennen, dass Sie gar nicht so oberflächlich und auf Äußerlichkeiten fixiert sind, wie Sie sich selbst immer glauben gemacht haben, sondern ein zutiefst empfindsamer und hoch glücks-begabter Mensch.

Wir wachsen bis zu dem Tag, an dem wir sterben. Ist das nicht wunderbar?