Es muss sehr schwer sein, von dieser Frau verlassen zu werden. Da kann das Abschiedslied noch so einfühlsam klingen. Ihren Song „No easy way to leave you“ widmet Rebekka Bakken am Donnerstagabend in der Allensbacher Gnadenkirche den verflossenen Liebhabern. Viele seien es gewesen, sagt sie, fasst sich in die blonde Mähne und lacht dieses schelmische Lachen, das den ganzen Abend durchzieht, das Publikum um den Finger wickelt – und das so gar nicht zu den melancholischen Einspielungen passt, die man von der norwegischen Sängerin im Ohr hat. Melancholisch sind höchstens einige Zwischentöne in diesem Konzert, in dem trotz neuem Samtanzug („Gefällt er Euch?“) selbst Bakkens Balladen-Klassiker ein bisschen rauer daherkommen, als man das erwartet hatte.

Akustisch ist die charmante Songwriter-Lady auf ihrer „Most Personal“-Tour ganz offenbar gewillt, viele Seiten von sich zu zeigen: Sie lässt es rockig krachen, schneidet witzige Grimassen, sie verwandelt sich in ein nordisches Geisterwesen und singt zotige Hymnen auf den Alkohol. Nicht zuletzt die Tom Waits-Coverversionen werden zum Höhepunkt des Abends, der ganz ruhig, solo am Flügel beginnt, mit dem Song „It’s time“, dieser leicht kehligen Stimme und einer herzlichen Begrüßung: „Herrlich, herrlich hier zu sein“, sagt sie, winkt, nickt, lächelt und bittet dann die drei Männer auf die Bühne, die an Bass, Schlagzeug und Gitarre ihre virtuose Soundmaschine bilden und deren Equipment schon ausreicht, um zu ahnen, dass das kein Abend der leisen Töne werden wird.

Das Ganze ist dann auch bisweilen recht massiv ausgesteuert, mehr als satt im Klang. Aber das ist vielleicht ein ältlicher Einwand – und das, wo Bakken selbst doch derart alterslos wirkt, dass die kleinen Geschichten von Mama und „Tante Astrid“ ganz natürlich über die Bühne kommen. Als würde ein Mädchen erzählen, das Mädchen, das sie immer zu bleiben scheint und das seiner Mutter das Lied „Welcome home“ geschrieben hat – dann doch einer jener Balladen-Momente, die zu Rebekka Bakkens Konzerten dazu gehören und in denen sich so herrlich schwelgen lässt.

Die Mutter sei es auch gewesen, die sie mit in die Kirche genommen habe. Mitgebracht hat Bakken norwegische Kirchenlieder, aus denen sie mit der fantastischen Band im Hintergrund und einem irren Stimmumfang eine nachgerade psychedelische Nummer macht, ein gruseliges Klangmeer, in dem Hall und Loops zusätzliche Effekte setzen. Aber da lächelt sie schon wieder, flirtet mit den Allensbachern, spielt ein paar Akkorde am Klavier, verspielt sich, lacht. „Ich hab diesen Song 10 000 mal gespielt und finde den Akkord nicht“. Dann hat sie ihn, singt „Love is every­thing“. Aber da sind ja eh schon alle verliebt und lassen Combo und Frontfrau erst nach zwei Zugaben gehen. Die gute Nachricht: Bereits am 6. Dezember ist Rebekka Bakken mit ihren „December Nights“ wieder in Allensbach. Die schlechte Nachricht: Das Konzert ist bereits ausverkauft.