20 Tische werden von 20 Frauen und Männern aus der Bühnentiefe rasch nach vorne gezogen. Und schon entfaltet sich ein Treiben, bei dem die Körper zu einer dröhnenden Geräuschkulisse des Komponisten Thom Willems die Objekte erkunden. Zwischen, vor und hinter den Tischen, auf und unter ihnen spielt sich ein organisiertes Chaos ab.
Menschen strecken ihre Extremitäten in die Luft, verbiegen sich zu abenteuerlichen Skulpturen, rutschen oder klopfen auf Tischplatten, lassen Laute vernehmen. Hier verknäult sich ein Körper-Pulk. Da geschieht ein bizarres Duett. Dort bewegt sich jemand auf einsamer Forschungsreise um einen Tisch. Vieles bei dem „Tabledance“ geschieht in horrendem Tempo. So schnell, dass man bangt, ob es nicht zu Kollisionen komme zwischen Mittanzenden oder mit dem hartkantigen Mobiliar.
Inspiriert vom Südpol
Mitglieder des Balletts Zürich haben als Abschlussstück des gänzlich William Forsythe gewidmeten neuen Ballettabends am Zürcher Opernhaus „One Flat Thing, Reproduced“ (Ein flaches Ding, reproduziert) getanzt. Für das 2000 uraufgeführte Ballett mit Tischen wie Eisschollen hat der Choreograf sich unter anderem vom Thema Südpol-Expeditionen inspirieren lassen.
Gleichzeitig wirkt es wie von einem Zufallsgenerator angetrieben. Wird es so akrobatisch virtuos und mit präzisem Timing getanzt wie in Zürich, dann ist es vor allem eines: ein riesiger Spaß.
Der gebürtige New Yorker William Forsythe, der am 30. Dezember 70 Jahre alt wurde und legendär ist vor allem für seine Zeit als Direktor des Balletts in Frankfurt am Main, hat in seinen über 45 Jahren als Choreograf immer wieder den Tanz als Kunstform befragt, hat die Bestandteile des klassischen und neoklassischen Balletts analysiert, von innen her aufgebrochen und neu zusammengesetzt. Nicht zufällig nennt er die Tänzer „Bewegungsdenker“ – und sieht in ihnen Co-Choreografen.
Die Hommage in Zürich beginnt mit „The Second Detail“ (Das zweite Detail) von 1991. Vor einer Reihe von Hockern und zu pulsierenden elektronischen Klängen von Thom Willems zeichnen Tänzerinnen und Tänzer der Zürcher Kompanie mit fließender Eleganz geometrische Linien in den Raum – bis Anna Khamzina in einem japanischen Kostüm einen immer ekstatischer sich gebärdenden zusätzlichen Akzent setzt.

Noch entschlossener hat Forsythe neues Terrain erkundet mit seiner „Approximate Sonata“ (Annähernd eine Sonate) von 1996, die in der überarbeiteten Version von 2016 vorgestellt wird. In fünf Pas de deux und einem Gruppentanz zeigt eine agile Schar zu spannungsgeladener Musik wiederum von Thom Willems eine Montage von Tanzelementen mit kleinsten Schraub-, Spiral- oder Kreisbewegungen.
Weitere Vorstellungen von „Forsythe„ gibt es am 17., 26., 30. und 31. Januar 2020 sowie am 1., 7., 14., 21. und 22. Februar. Informationen zum Ballettabend finden Sie hier.