Wann beginnt eigentlich eine Vorstellung? Wenn im Theater der Vorhang hochgeht? Oder schon sehr viel früher, nämlich bei der Geburt, dem allerersten Auftritt auf der Weltbühne? Das Eröffnungsstück „Bella Figura“ jedenfalls, nach dem dieser Abend mit vier Choreografien von Jirí Kylián betitelt ist, hat schon begonnen, bevor man im Opernhaus Platz nimmt. Ein Aufwärmtraining ist zu sehen. Und damit eben doch schon mehr.

In der Folge blättern die wunderbar inspiriert tanzenden Mitglieder des Balletts Zürich zu Musik vor allem aus dem Barock ein faszinierendes Spiel auf. Die Kompanie macht eine wahrhaft „gute Figur“ in einer Bewegungssprache, die sich aufspannt zwischen den Polen von Kunst und Künstlichkeit. Es wickelt sich da sogar eine Frau in den Vorhang ein und streckt sich nach einem Mann aus. Und wenn etwa die Tänzerinnen und Tänzer in ausladenden roten Röcken mit freiem Oberkörper tanzen, wird das Thema auch auf der Ebene der Kostüme (Joke Visser) ausgetragen.

Eine Szene aus dem Ballett "Sechs Tänze".
Eine Szene aus dem Ballett "Sechs Tänze". | Bild: Gregory Batardon / Ballett Zürich

Der 1947 in Prag geborene Kylián war und ist wesentlich verbunden mit dem Nederlands Dans Theater (NDT), das er von 1975 bis 1999 leitete und für das er 75 seiner rund 100 Stücke geschaffen hat. Auch „Bella Figura“ ist vom NDT uraufgeführt worden – und zwar 1995. Es ist damit die jüngste der ausgewählten Arbeiten. Die älteste geht zurück aufs Jahr 1986 und und ist ein herrlicher Spaß, der mitunter auch eine dunkle Grundierung und Doppelbödigkeit verrät.

Zu Mozarts „Sechs Deutschen Tänzen (KV 571)“ vollführen Frauen und Männer erotische Suchbewegungen und Abwehrreflexe. Es gibt Jux und Tollerei samt Körper-Aufprall-Slapstick und Kostüm-Maskeraden. Und rassige Fahrten in Reifröcken! Die Ausführenden bringen Kyliáns Witz pointensicher und perfekt getimt über die Rampe – bis hin zu den Momenten, in denen Puder aus Perücken geschüttelt wird.

Zwischen Tradition und Heute

Zwischen diesen Werken stehen „Stepping Stones“ (1991) und „Sweet Dreams“ (1990). Mit den „Trittsteinen“ zu Musik von John Cage und Anton Webern will Kylián auf Verbindungen zwischen kultureller Tradition und Heute verweisen. Vor ägyptischen Katzen-Skulpturen und unter einem mobilen Riesendreieck spielen die Tänzer hier immer wieder mit Miniaturkopien von Kunstwerken von der Frühgeschichte bis hin zur Moderne und bauen in ihre vielfältigen und oft synchrontänzerisch gebauten Bewegungen auch ein rituelles Schreiten ein.

Die „Süßen Träume“ sind nicht nur süß. Drehungen und plötzliches Hinfallen, skurril verschraubte Hebefiguren und schnelles Zittern der Hände können sich ins Albtraumhafte wenden – und mögen einen momentweise an Fantasmagorien von Franz Kafka erinnern. Auch diese Collage aphoristischer Szenen zu Weberns „Sechs Stücken für Orchester“ wird vom Ballett Zürich und Junior Ballett mit Hingabe getanzt.

Weitere Vorstellungen gibt es am 18., 19., 22., 25., 27. und 31. Januar 2019. Alle Informationen zu "Bella Figura" finden Sie hier.