Jürgen Scharf

Liebe, Tod und Eros: Das sind große zeitlose Themen, die vielschichtige Begegnungen zwischen Realität, Imagination und Illusion ermöglichen. Ein Blick in die große Übersichtsausstellung „real – surreal – irreal?“ im Kunsthaus Villa Berberich zeigt, dass sich auch die Phantastische Kunst um die großen Fragen des Lebens dreht.

Im Surrealismus geht es darum, dass Künstler ihre Visionen aus dem Unterbewusstsein befreien, um neue Wirklichkeiten zu realisieren. Dabei ergeben sich Welten, die immer wieder den fließenden Übergang von realer Kunst zur Phantastik und Traumlandschaften aufzeigen, wie Günther Westermann in einem Vorwort zur Ausstellung schreibt. Der Besucher kann sich optisch und gedanklich mit den Arbeiten von 50 internationalen Vertretern des Phantastischen Realismus, des modernen Surrealismus und der realistischen Malerei auseinandersetzen. Durch die unorthodoxe Zusammenstellung der Werke entdeckt man verblüffende Beziehungen über Stilgrenzen und Zeiten hinweg. Im Wandel der Zeiten war das Phantastische in der Kunst schon immer eine besondere Strömung und ist bis heute gegenwärtig. Ein Credo dieser Kunstrichtung ist: „Glaube nicht, was du siehst“. Denn die Grenzen zwischen real und irreal, Wahrheit und Sinnestäuschung verschwimmen. Die von dem Kunst- und Kulturverein Callas Bremen organisierte Schau verweist auf das weltweite Netzwerk, in welches die phantastische Kunst heute eingebettet ist.

Kurator Jörg Krumland, selber einer der führenden Surrealisten, zeigt unter dem Künstlernamen Camarillo die Reihe „Tod und Eros“ mit erotischen Frauendarstellungen und Todessymbolik in altmeisterlicher Lasurtechnik mit viel Rot und Blattgold. Bei Krumland wird diese Dreiecksbeziehung zwischen Tod, Eros und Liebe sehr deutlich an dem symbolistischen, leicht sakralen Charakter der Bilder. Neben ausgewiesenen Surrealisten stellen auch Künstler des Magischen und Phantastischen Realismus aus sowie Vertreter des Hyperrealismus und Fotorealismus, deren Malerei durch aufwändige Handschriften und Malweisen gekennzeichnet ist. Gerade in dieser Kunstrichtung arbeiten viele sehr akribisch.

Einige Werkbeispiele, etwa „Alice im Wunderland“ des Ernst-Fuchs-Schülers Michael Maschka, ragen heraus. Maschka tendiert in Richtung Realismus, ist sehr fotografisch und spielt mit fantastischen Elementen. Die Szene, in der Alice mit einem verspielten Hund inmitten von dschungelhaften Pflanzen dargestellt wird, ist tiefenpsychologisch gemeint als Sinnbild für die animalische Kraft.

Unter den illustren Teilnehmern finden sich auch der Ausnahmemaler Gerard di Maccio; Gerd Bannuscher, einer der ganz großen Realisten; Jolanda Richter, die als eine der besten figurativen Malerinnen gilt; Leo Plaw, der in seinen ausdrucksstarken Figuren eine ganz eigene Bildsprache hat; Angerer der Ältere, ein Filmarchitekt, der das Bühnenbild für die „Unendliche Geschichte“ entworfen hat und mit einer Pietà vertreten ist, oder Jake Baddeley, einer der weltweit anerkanntesten Phantasten.

Auch die Neuen Meister sind dabei, unter ihnen Nikolas Felly mit dem an Hieronymus Bosch erinnernden Alptraum-Triptychon „Die kosmische Gefahrenzone“. Manches hat morbiden Charme wie ein Motiv von Pat Portenier. Auch Anklänge an große Surrealisten wie Dali, Magritte, Hausner und Fuchs sind in diesem Reich der Traumwelten, Nicht-Wirklichkeiten und Paradoxien zu entdecken.

Ausstellung: bis 11. Juni, geöffnet Mittwoch, Donnerstag, Samstag, Sonntag 14 bis 17 Uhr. Kuratorenführung am 10. Juni, 15 Uhr.