Jeder kennt dieses Gefühl: Wenn unter dem Scheibenwischer des vor der abgelaufenen Parkuhr abgestellten Autos ein roter Zettel klemmt, oder wenn am Rand der Landstraße nach dem Tempo-80-Schild der zu spät erkannte Blechkasten grell aufblitzt.
Strafzettel Schweiz: Ob einsichtig, murrend oder säumig – Meist zahlt man
Dann steigt jene Mischung auf aus ungläubigem Ertappt-worden-sein und verdrossenem Ärger – über die Behörden, über die Umstände und vor allem über sich selbst. Es folgt Post vom Amt. Die in der Zahlungsaufforderung genannte Summe A zahlt man einsichtig, murrend oder säumig, aber in der Regel spätestens nach der ersten Mahnung.

Das gilt auch für Strafzettel aus Frankreich, Italien und vielen anderen Ländern. Nur Knöllchen aus der Schweiz werden oft nicht beglichen und landen gerne der Ablage P wie Papierkorb. Der Grund ist einfach: Zwischen Deutschland und der Schweiz besteht kein Vollstreckungsabkommen in Bußgeldsachen.
Bußgelder Schweiz: Behörden können Zahlungsaufforderung im Nachbarland nicht durchsetzen
Die Behörden in beiden Saaten können nach Verkehrsverstößen Zahlungsaufforderungen im Nachbarland nicht durchsetzen. Aus diesem Grund kann die offensichtliche Missachtung von Verkehrsregeln vordergründig folgenlos bleiben. Doch gerade Bewohner der Grenzregion sollten Bußgeldbescheide aus dem Nachbarland besser trotzdem nicht ignorieren.
Bußgelder aus dem Ausland
Die Bußgeldstellen führen keine Statistik über die Zahl der an Fahrer oder Halter im Nachbarland ausgestellten und nicht beglichenen Zahlungsaufforderungen. Eine grobe Einschätzung, wie viele Bußgelder im jeweils anderen Land nicht bezahlt werden, ermöglichen die Daten der Zentralen Bußgeldstelle Karlsruhe. Sie ist bei Verkehrsverstößen auf den Autobahnen in Baden-Württemberg zuständig.
Jedes fünfte Bußgeld wird nicht durch Zahlung erledigt
Laut Regierungspräsidium Karlsruhe wurden 2021 von 50.949 Bußgeldverfahren wegen Verkehrsverstößen auf Autobahnen etwa jedes fünfte, genau 10.479 Fälle nicht durch Zahlung, sondern auf andere Weise abgeschlossen, beispielsweise durch Verjährung.

Die Zahl der Schweizer Fälle darunter dürfte beträchtlich sein. Und ebenso verjähren auch in der Schweiz viele Verstöße deutscher Autofahrer ohne Bußgeldzahlung. Eine Studie von 2019 kommt für den Kanton Zürich zu dem Ergebnis, dass 87,5 Prozent der durch Verjährung beendeten Fälle von Ausländern begangen wurden, zu 68,9 Prozent von Personen mit Wohnsitz im Ausland.
Staatsanwaltschaft leitet nach Ablauf der Frist ein Verfahren ein
Ganz risikolos ist ein solches Ignorieren der Bußgeldforderung allerdings nicht. Vor allem nicht für Personen, die öfter ins Nachbarland einreisen. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat nach Ablauf der verstrichenen Zahlungsfristen wahrscheinlich inzwischen ein Verfahren gegen ihn eingeleitet. Gerät der Betreffende an der Grenze oder im Landesinneren in eine Personenkontrolle, gleichen die Polizei- oder Grenzbeamten ab, ob etwas vorliegt.
Wieviel kostet es denn?
Bei einer offenen Bußgeldforderung wird der Verkehrssünder daran erinnert und ihm der Strafbefehl des Staatsanwalts zugestellt, den er auf einem Polizeirevier unterzeichnen muss. Den um eine Gebühr in Höhe von mindestens 200 bis 300 Franken angestiegenen Betrag kann er in der Regel an Ort und Stelle begleichen. Er kann aber auch auf eine sofortige Zahlung verzichten und mit dem von ihm anerkannten Strafbefehl wieder ausreisen.

Kommt der Beschuldigte auch dem Strafbefehl nicht nach, kann es wirklich unangenehm für ihn werden, wird er nach einer weiteren Einreise erneut in der Schweiz kontrolliert. Denn die Behörden werden dann die Begleichung der Ordnungsbuße fordern. Weigert sich der Verkehrssünder immer noch, oder ist er dazu nicht in der Lage, besteht sogar die Möglichkeit einer Ersatzhaftstrafe.
Sofern es um geringfügige Widerhandlungen geht, tritt die Verjährung nach drei Jahren ein. Ausstehende Bußgelder für schwere Verkehrsdelikte – bei denen beispielsweise durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln andere ernstlich gefährdet wurden oder der Fahrer mindestens 0,8 Promille Alkohol im Blut hatte – können in der Schweiz laut Straßenverkehrsgesetz sogar bis zu fünf Jahre ab Rechtskraft des Bußgeldbescheides vollstreckt werden.

Anders als mit Deutschland hat die Schweiz Vollstreckungsabkommen mit seinen Nachbarländern Frankreich, Österreich und Liechtenstein abgeschlossen. Deutsche Autofahrer müssen de facto allerdings nicht befürchten, bei Grenz- oder Polizeikontrollen in einem dieser Länder wegen offener Schweizer Ordnungsbußen belangt zu werden.