Artikel-Übersicht:
- So nutzt man das Grenzgänger-Optionsrecht
- Das Freizügigkeitsabkommen ist die Grundlage
- Die Drei-Monats-Frist
- Das getrennte Optionsrecht
- Das nachträgliche Optionsrecht
- Urteil des Bundesgerichts Bern von 2015
- Widerruf und erneutes Optionsrecht
- Sollte man als Grenzgänger vom Optionsrecht Gebrauch machen?
So nutzt man das Grenzgänger-Optionsrecht
Grenzgänger nutzen das Optionsrecht, sobald sie die Krankenversicherungspflicht nach dem schweizerischen Krankenversicherungsgesetz (KVG) nicht eingehen wollen, sondern stattdessen eine deutsche gesetzliche oder private Krankenversicherung vorziehen. In diesem Fall müssen sie eine Befreiung von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz beantragen.
Grundsätzlich haben Grenzgänger die Wahl zwischen:
- einer Krankenversicherung nach KVG (Krankenversicherungsgesetz) in der Schweiz
- einer deutschen gesetzlichen Krankenversicherung (Optionsrecht – der Grenzgänger muss eine Befreiung von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz beantragen)
- Privatversicherung in Deutschland (Optionsrecht – der Grenzgänger muss eine Befreiung von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz beantragen)
Weitere Informationen:
Wo kann man sich von der der Krankenkassenpflicht befreien lassen?
Der Grenzgänger muss sich an die zuständige kantonale Stelle (regionale zuständige Kassenkontrollstelle) wenden, in der sein Arbeitgeber seinen Sitz hat. Eine Adressliste ist auf der Internetpräsenz des Bundesamts für Gesundheit BAG online unter dem Suchbegriff Optionsrecht zu finden.
Welche Dokumente benötigt man dafür?
- Formular G (Meldeformular für Grenzgänger und ihre nicht erwerbstätigen Familienangehörigen)
- Kopie des aktuellen Versicherungsnachweises oder
- Bestätigung der bestehenden Versicherung auf Formular G
- Nachweis der Grenzgängertätigkeit (Kopie G-Bewilligung)
Das Befreiungsgesuch ist an die zuständige kantonale Stelle (regional zuständige Krankenkassenkontrollstelle) zu senden, in der der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
Das Freizügigkeitsabkommen ist die Grundlage
Das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU bildet die gesetzliche Grundlage für das Optionsrechts. Im Freizügigkeitsabkommen ist festgelegt, dass sich Grenzgänger mit Wohnsitz in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich auf Antrag hin von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz befreien lassen können, um weiter im gesetzlichen Krankenversicherungssystem ihres Heimatlandes versichert zu bleiben oder sich dort privat zu versichern. Die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz schließt nicht erwerbstätige Familienangehörige mit ein.
Die Drei-Monats-Frist
Grenzgänger können das Optionsrecht innerhalb von drei Monaten ab Beginn ihrer Erwerbstätigkeit in der Schweiz ausüben. Das Gesuch zur Befreiung von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz ist schriftlich in dem Kanton zu stellen, in dem sich der Arbeitsplatz befindet. Verpassen Grenzgänger diese Frist, müssen sie sich gemäß dem Schweizer Krankenversicherungsgesetz (KVG) versichern.
Das getrennte Optionsrecht
Grenzgänger aus Deutschland haben aufgrund einer besonderen Vereinbarung die Möglichkeit, das Optionsrecht getrennt auszuüben. Das heißt, Grenzgänger können sich gemäß dem Schweizer Krankenversicherungsgesetz (KVG) in der Schweiz versichern, während die Familienangehörigen in Deutschland krankenversichert bleiben.
Familienangehörige von Grenzgänger dürfen das Optionsrecht aber nur als Einheit ausüben. Das heißt, es ist zum Beispiel nicht möglich, eines der Kinder in der Schweiz und ein anderes Kind in Deutschland zu versichern. Achtung: In Deutschland berufstätige Ehepartner und Elternteile von Grenzgängern in der Schweiz sowie deren Kinder haben kein getrenntes Optionsrecht, sondern müssen sich in Deutschland krankenversichern.
Das nachträgliche Optionsrecht
Grenzgänger, die noch nicht vom Optionsrecht Gebrauch gemacht haben und nach dem Schweizer Krankenversicherungsgesetz (KVG) versichert sind, können sich unter bestimmten Voraussetzungen auch zu einem späteren Zeitpunkt von der Versicherungspflicht in der Schweiz befreien lassen.
In folgenden Fällen ist das möglich:
- Bei Heirat
- Bei Geburt eines Kindes
- Bei Scheidung
- Bei Tod des Ehepartners
Der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht muss innerhalb von drei Monaten nach der Geburt oder der Heirat gestellt werden. Die Befreiung gilt dann rückwirkend zum Zeitpunkt des Ereignisses.
Achtung: Seit März 2017 haben Grenzgänger, die bereits vor einer Geburt oder einer Heirat vom Optionsrecht Gebrauch gemacht haben, nicht mehr die Möglichkeit aufgrund familiärer Veränderungen von einer privaten oder gesetzlichen Krankenversicherung in die schweizerische Krankenversicherung (KVG) zu wechseln. Wer also als Single privat versichert war, bleibt dies auch nach einer Heirat.
Urteil des Bundesgerichts Bern von 2015
Das Urteil des Bundesgerichts Bern vom 10. März 2015 zum Optionsrecht für Grenzgänger besagt, dass Grenzgänger, die eine „stillschweigende Befreiung“, aber keine schriftliche Befreiung von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz haben, in die schweizerische Krankenversicherung (KVG) wechseln können. Laut Gesetzeslage wäre dies eigentlich nicht möglich.
Der Hintergrund: Die Kantone Basel-Stadt, Basel-Land und Aargau akzeptierten bis 2015 eine Befreiung von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz ohne schriftliches Gesuch. Diese „stillschweigenden Befreiungen“ sind nicht rechtsgültig. Damit können Grenzgänger, die keine schriftliche Befreiung der schweizerischen Krankenversicherungspflicht haben, noch nachträglich in eine schweizerische Krankenkasse (KVG) wechseln. Der Antrag ist bei den jeweiligen kantonalen Behörden zu stellen.
Widerruf und erneutes Optionsrecht
Kann das Optionsrecht widerrufen werden?
- Das Optionsrecht ist für den Grenzgänger unwiderruflich und gilt für die gesamte Dauer seiner Erwerbstätigkeit in der Schweiz.
- Das heißt, hat sich der Grenzgänger von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz befreien lassen und sich in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung in Deutschland versichert, kann er zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr in die Schweizer Krankenversicherung wechseln. Auch nicht bei Wechsel des Arbeitsorts, Arbeitgebers, Kantons oder Berufs oder bei Änderung der Familienverhältnisse (Geburt, Heirat, Tod).
Erneutes Optionsrecht nach Unterbrechung der Grenzgängertätigkeit
- Das Optionsrecht kann mehrfach ausgeübt werden.
- Ein erneutes Optionsrecht für Grenzgänger ergibt sich dann, wenn der Grenzgänger seine Erwerbstätigkeit in der Schweiz zum Beispiel aufgrund von Arbeitslosigkeit unterbricht, in seinem Wohnland versicherungspflichtig wird oder eine Arbeitsstelle in seinem Wohnstaat aufnimmt und zu einem späteren Zeitpunkt wieder eine Arbeit in der Schweiz. In diesem Fall entsteht für den Grenzgänger ein neues Optionsrecht.
- Der Grenzgänger hat die Unterbrechung seiner Tätigkeit zu belegen. Zum Beispiel durch Arbeitslosengeldbescheid oder den Nachweis der Familienversicherung.
- Möglichkeiten aus einer privaten oder gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland in die schweizerische Krankenversicherung (KVG) zu wechseln können sich aus einem Umzug in die Schweiz mit anschließendem Umzug zurück nach Deutschland ergeben.
Sollte man als Grenzgänger vom Optionsrecht Gebrauch machen?
- Das Optionsrecht eröffnet Grenzgängern die Möglichkeit, sich von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz (KVG) befreien zu lassen und sich stattdessen über die gesetzliche Krankenversicherung oder eine private Krankenversicherung in Deutschland zu versichern.
- Der Grenzgänger hat also die Wahl zwischen der Schweizer Krankenversicherung (KVG), der deutschen gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung.
- Es hängt in hohem Maße von der persönlichen Lebenssituation ab, welches Modell der Krankenversicherung die beste Lösung für den jeweiligen Grenzgänger ist. Kriterien sind zum Beispiel Eintrittsalter, Einkommen, Familienstand und Familienplanung, Gesundheitszustand, Zukunftsplanung und die Wünsche bezüglich Leistungen.
- Da viele Kriterien zu berücksichtigen sind, ist eine Beratung durch Experten in Fragen der Krankenversicherung für Grenzgänger empfehlenswert.