Artikel-Übersicht:
- Unterschiede Schweiz und Deutschland
- Optionsrecht: Grenzgänger können frei auswählen
- Grundversicherung Deutschland und Schweiz
- Vor- und Nachteile der Grenzgänger-Krankenversicherungen
- Aushilfskasse für Grenzgänger
- Was ist bei der Auswahl der Versicherungs-Variante zu beachten?
- Weitere wichtige Infos im Überblick
- Fazit: Als Grenzgänger unbedingt zur Krankenversicherung beraten lassen
Unterschiede Schweiz und Deutschland
Gesetzliche Grundlagen
In Deutschland gilt eine allgemeine Krankenversicherungspflicht: Jeder, der seinen Wohnsitz in Deutschland hat, muss auch krankenversichert sein. In der Schweiz hingegen spielt der Wohnort keine Rolle: Entscheidender Faktor ist die Erwerbstätigkeit. Sobald eine Person in der Schweiz erwerbstätig und damit sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, muss sich diese Person gemäß dem Krankenversicherungsgesetz (KVG) bei einer Schweizer Krankenkasse versichern. Ausnahme: Grenzgänger können in der Schweiz oder in Deutschland eine Krankenversicherung abschließen.
Unterschiede in der gesetzlichen Krankenversicherung
Leistungen
Während in Deutschland die gesetzlichen Krankenkassen unterschiedliche Leistungen haben, gibt es in der Schweiz eine gesetzlich vorgeschriebene Grundsicherung, die in allen Krankenkassen gleich sein muss. Diese Grundsicherung kann durch freiwillige Zusatzversicherungen erweitert werden.
Beiträge / Prämien
In Deutschland ist der Krankenkassenbeitrag vom Einkommen abhängig. In der Schweiz zahlt der Versicherte eine Kopfprämie, die je nach Krankenkasse unterschiedlich ist. Die Grundprämie ist relativ niedrig, im Gegenzug beteiligt sich der Versicherte mit 10 Prozent an den Behandlungskosten (pro Jahr maximal 700 CHF, Kinder und Jugendliche maximal 350 CHF) und hat eine sogenannte Franchise. Darunter ist eine Selbstbeteiligung zu verstehen, die je nach Höhe der Prämie zwischen 350 und 2.500 CHF pro Jahr liegen kann (bei Kindern und Jugendlichen gibt es keine Selbstbeteiligung).
Ein weiterer Unterschied zu Deutschland ist, dass der Arbeitnehmer in der Schweiz seine Beiträge komplett allein zahlt. Der Arbeitgeber hat keinen Anteil, er übt aber eine Kontrollfunktion aus.
Versicherung von Familienmitgliedern
Im Deutschland können Familienangehörige beim Versicherten zum Nulltarif mitversichert werden. In der Schweiz hat jedes Familienmitglied seine eigene Krankenversicherung. Für Kinder und Jugendliche gelten reduzierte Beitragssätze.
Optionsrecht: Grenzgänger können frei auswählen
Optionsrecht
- In der Schweiz sind Erwerbstätige dazu verpflichtet, eine Krankenversicherung abzuschließen – das gilt auch für Grenzgänger.
- Allerdings haben Grenzgänger aus Deutschland durch das so genannte Optionsrecht die Wahl, ob sie in Deutschland oder der Schweiz versichert sein wollen.
- Es besteht also die Möglichkeit, sich von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz befreien zu lassen und stattdessen entweder weiter in einer deutschen gesetzlichen Krankenversicherung versichert zu sein, oder sich in Deutschland privat zu versichern.
- Grenzgänger, die das Optionsrecht wahrnehmen und sich nicht in der Schweiz versichern wollen, müssen innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit in der Schweiz ein Gesuch zur Befreiung von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz stellen.
Weitere Informationen:
Drei verschiedene Versicherungs-Varianten
Gesetzliche Krankenversicherung nach KVG (Krankenversicherungsgesetz) in der Schweiz
- Die meisten Grenzgänger wechseln von der deutschen gesetzlichen Krankenkasse zu einer Schweizer Krankenversicherung und können somit ärztlichen Leistungen in der Schweiz beziehen.
- Für Deutschland benötigen sie zusätzlich eine sogenannte Aushilfskasse , um im Krankheitsfall auch in Deutschland Leistungen beziehen zu können. Die Aushilfskasse ist eine deutsche gesetzliche Krankenkasse nach Wahl.
- Nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit in der Schweiz können Grenzgänger problemlos in die deutsche gesetzliche Krankenkasse zurückwechseln.
Deutsche gesetzliche Krankenversicherung
- Optionsrecht – der Grenzgänger muss eine Befreiung von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz beantragen.
- In diesem Fall führt der Grenzgänger, der in Deutschland bereits pflichtversichert ist, seine deutsche Krankenversicherung in Form einer freiwilligen Versicherung weiter.
Privatversicherung in Deutschland
- Optionsrecht – der Grenzgänger muss eine Befreiung von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz beantragen.
- Der Beitrag richtet sich nach Alter des Grenzgängers, Geschlecht und Gesundheitszustand und Umfang der Leistungen.
- Privatversicherte können nur schwer oder gar nicht in die deutsche gesetzliche Krankenkasse zurückkehren.
Grundversicherung Deutschland und Schweiz
Grundversicherung Deutschland
- Pflicht zur Krankenversicherung über eine gesetzliche oder private Krankenversicherung.
- Selbstbeteiligung bei den gesetzlichen Krankenkassen zum Beispiel für Medikamente, Krankenhausaufenthalte und Massagen. Bei den Privatversicherungen Tarife mit und ohne Selbstbeteiligung.
- Gesetzlichen Krankenkassen leisten bei Zahnbehandlungen und Zahnersatz eine Kostenbeteiligung der Regelversorgung. Keine Leistungen für Prophylaxe.
- Jeder Versicherte ist über die gesetzlichen Krankenkassen und Privatversicherungen auch pflegeversichert.
Grundversicherung Schweiz
- Pflicht für Arbeitnehmer zur Krankenversicherung nach KVG. Es gibt keine Privatversicherungen. Der Leistungskatalog ist bei allen gesetzlichen Krankenkassen gleich.
- Selbstbeteiligung von maximal 10 Prozent (maximal 700 CHF). Franchise/Selbstbehalt von maximal 300 CHF. Maximaler Eigenanteil pro Jahr maximal 1.000 CHF.
- Keine Leistungen für Zahnbehandlungen, Zahnersatz und Prophylaxe. Zusatzversicherung empfehlenswert.
- Die Schweizer Krankenkasse sieht keine Pflegeversicherung vor. In der Schweiz versicherte Grenzgänger erhalten im Pflegefall Leistungshilfe nach dem Sachleistungsprinzip der deutschen Aushilfskasse, aber keine Geldleistung. Zusatzversicherung empfehlenswert.
Vor- und Nachteile der Grenzgänger-Krankenversicherungen
Gesetzliche Krankenversicherung Deutschland
Vorteile
- Kostenlose Mitversicherung Familienangehöriger
- Bei Renteneintritt Verbleib in der gesetzlichen Krankenversicherung möglich
- Mitversicherung in der Pflegeversicherung
- Private Zusatzversicherungen möglich
Nachteile
- Beitrag ist einkommensabhängig
- Bei Arztbesuch in der Schweiz hoher Eigenanteil
- Leistungskürzungen möglich
Gesetzliche Krankenversicherung Schweiz
Vorteile
- Günstige Beiträge für Versicherungsnehmer und Familie, weil nicht vom Einkommen abhängig
- Anspruch auf Behandlung in Deutschland und der Schweiz
- Keine Selbstbeteiligung/Franchise bei Behandlungen in Deutschland
- Rückkehr in die deutsche gesetzliche Krankenversicherung garantiert
- Private Zusatzversicherungen möglich (ambulant, stationär, Zahn)
Nachteile
- In Deutschland bei Behandlungen lediglich Anspruch auf Sachleistungen
- Keine Leistungen für Zahnbehandlung
- Private Pflegezusatzversicherung erforderlich
Private Krankenversicherung Deutschland
Vorteile
- Leistungen sind während der Vertragslaufzeit garantiert
- Tarif kann flexibel und individuell gestaltet werden und richtet sich nach Leistung
- Behandlungskosten in der Schweiz können abgesichert werden
Nachteile
Aushilfskasse für Grenzgänger (EU/EFTA Formular 106)
Grenzgänger, die sich in der Schweiz krankenversichern, brauchen für Deutschland eine sogenannte Aushilfskasse, um im Krankheitsfall auch in Deutschland Leistungen zu beziehen. Die Aushilfskasse ist eine deutsche gesetzliche Krankenkasse nach Wahl. Vorzulegen ist das EU/EFTA Formular 106 der Schweizer Krankenkasse. Der in der Schweiz versicherte Grenzgänger erhält dann zusätzlich zur Schweizer Versichertenkarte eine Versichertenkarte der deutschen Aushilfskasse.
Mit dieser Versichertenkarten kann der Grenzgänger in Deutschland wie bisher ärztliche Leistungen beziehen. Die Aushilfskasse verrechnet diese Leistungen dann mit der Schweizer Krankenkasse. Eine Direktabrechnung des Versicherten mit der Schweizer Krankenkasse ist nicht möglich. Selbstbeteiligung und Franchise wie beim Gang zum Arzt in der Schweiz fallen in Deutschland nicht an.
Was ist bei der Auswahl der Versicherungs-Variante zu beachten?
- Grenzgänger sollten beachten, dass das Leistungspaket ihrer Krankenversicherung auch wirklich Leistungen in der Schweiz wie auch in Deutschland umfasst.
- Wer sich von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz befreien lassen möchten, muss das Gesuch zur Befreiung innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit stellen.
- Lassen sich Grenzgänger von der Pflicht zur Krankenversicherung in der Schweiz befreien, ist dies unwiderruflich und gilt bis zum Ende der Erwerbstätigkeit in der Schweiz.
- Nicht erwerbstätige Ehepartner und Elternteile von Grenzgängern in der Schweiz sowie deren Kinder können sich in einer Schweizer Krankenversicherung mitversichern lassen, müssen aber nicht (Getrenntes Optionsrecht).
- Grenzgänger, die in der Schweizer Krankenversicherung (KVG) versichert sind, können sich bei Heirat, Geburt, Scheidung oder Tod eines Ehepartners nachträglich von der Pflicht zur Krankenversicherung in der Schweiz befreien lassen (Optionsrecht).
- Grenzgänger, die sich voraussichtlich nur für einen begrenzten Zeitraum in der Schweiz aufhalten, sollten in Deutschland bestehende Zusatzversicherungen nicht gleich kündigen. Gleiches gilt für eine private Krankenvollversicherung. Durch die Umwandlung in eine Anwartschaft können Versicherte später zu denselben oder ähnlichen Bedingungen wieder in den Vertrag einsteigen.
Auswahl-Kriterien im Überblick:
Verschiedenen Kriterien helfen Grenzgängern bei der Auswahl der einer passenden Krankenversicherung:
Die Vor- und Nachteile sind genau abzuwägen. Nicht immer ist die günstigste Variante bis zur Rente sinnvoll.
Weitere wichtige Infos im Überblick
Wann muss man sich für eine Krankenversicherung entscheiden?
Grenzgänger müssen sich innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit krankenversichern. So lange gilt auch ihr Optionsrecht.
Können Grenzgänger die Krankenversicherung wechseln?
Grenzgänger können die einmal gewählte Krankenversicherung nur unter bestimmten Voraussetzungen wechseln:
- Hat ein Grenzgänger sich bei Aufnahme seiner Erwerbstätigkeit von der Pflichtversicherung in Schweizer Krankenversicherung befreien lassen und ist in Deutschland gesetzlich oder privat versichert, ist dies unwiderruflich. Das heißt der Grenzgänger kann bis zum Ende seiner Erwerbstätigkeit in der Schweiz nicht mehr wechseln.
- Wird ein Grenzgänger zum Beispiel aufgrund von Arbeitslosigkeit in Deutschland pflichtversichert und nimmt dann erneut eine Erwerbstätigkeit in der Schweiz auf, entsteht ein neues Optionsrecht und damit erneut das Recht auf die Wahl der Krankenkasse.
- Ein neues Optionsrecht entsteht auch dann, wenn ein Grenzgänger zunächst zum Arbeiten zurück nach Deutschland wechselt und später erneute eine Arbeit in der Schweiz annimmt.
- Ein Grenzgänger, der in der Schweiz pflichtversichert ist und das Optionsrecht noch nicht in Anspruch genommen hat, kann sich zum Beispiel bei Heirat, Geburt, Scheidung oder Tod des Ehepartners von der Schweizer Versicherungspflicht befreien lassen, um in die gesetzliche deutsche oder private Krankenversicherung zu wechseln.
Können Familienangehörige von Grenzgängern in der Schweiz mitversichert werden?
Nicht erwerbstätige Familienangehörige eines Grenzgängers aus Deutschland können in der Schweiz mitversichert werden. Für jedes Familienmitglied wird dann ein eigener Beitrag erhoben.
Die Familienangehörigen können aber auch in Deutschland weiterversichert bleiben (Getrenntes Optionsrecht).
Achtung: Erwerbstätige Ehepartner oder ein erwerbstätiger Elternteil wie auch die Kinder sind in Deutschland zu versichern.
Was passiert bei Arbeitslosigkeit?
Wer als Grenzgänger in der Schweiz arbeitslos wird, erhält Arbeitslosengeld vom Wohnsitzstaat, obwohl die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in der Schweiz einbezahlt wurden.
Ob man dann auch wieder in Deutschland krankenversichert wird, hängt unter anderem vom Alter, der Versicherungsart und der Versicherungsdauer ab. In den meisten Fällen ist davon auszugehen, dass bei Bezug des Arbeitslosengeld I wieder eine Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse in Deutschland erfolgt.
Ist eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland möglich?
Grenzgänger, deren Erwerbstätigkeit in der Schweiz endet und die in der Schweiz krankenversichert waren, können jederzeit in die gesetzliche Krankenkasse in Deutschland zurückkehren.
Wo müssen sich Grenzgänger krankenversichern, die in die Schweiz umziehen?
Grenzgänger, die bei Umzug in die Schweiz dort auch krankenversichert sind, können ihre Versicherung beibehalten. Grenzgänger, die in die Schweiz umziehen und noch in Deutschland krankenversichert sind, müssen sich jetzt in der Schweiz krankenversichern.
Wo müssen sich Grenzgänger versichern, die zur Arbeit wieder nach Deutschland wechseln?
- Grenzgänger, die während ihrer Erwerbstätigkeit in der Schweiz bei einer deutschen gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung waren, bleiben dort versichert.
- Rückkehrer, die in der Schweiz krankenversichert waren, müssen sich wieder in Deutschland versichern und haben Anspruch auf Wiedereintritt in die Krankenversicherung, in der sie zuvor versichert waren.
- Bestand noch nie eine Krankenversicherung in Deutschland entscheidet der Berufsstatus in der Schweiz.
Angestellte haben Anspruch auf Versicherung in der gesetzlichen Krankenkasse, Selbständige müssen sich privat versichern.
Wo müssen sich Grenzgänger krankenversichern, die in Rente gehen?
- Rentner, die als ehemalige Grenzgänger ihre Rente aus der Schweiz beziehen, sind in der Schweiz krankenversicherungspflichtig.
- Rentner haben aber wie erwerbstätige Grenzgänger ein Optionsrecht und können sich auch der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung in Deutschland anschließen.
- Grenzgänger, die vor Eintritt in die Rente bereits in Deutschland privat versichert waren, können nicht in die deutsche gesetzliche Krankenkasse wechseln.
- Bezieht der Rentner mehrere Renten, ist er in jenem Land versicherungspflichtig, in dem er am längsten rentenversichert war.
Fazit: Als Grenzgänger unbedingt zur Krankenversicherung beraten lassen
- Das Optionsrecht für Grenzgänger bei der Wahl seiner Krankenversicherung bietet einerseits Flexibilität, stellt den Grenzgänger aber auch vor viele Fragen.
- In einigen Punkten unterscheiden sich die die Leistungen bei der Pflichtversicherung in Deutschland und der Schweiz deutlich.
- Bei der deutschen Privatkrankenversicherung sind Leistungen und Prämien hingegen völlig individuell und von der Basisabsicherung bis hin zum Premiumschutz ist alles möglich.
- Zu berücksichtigen ist außerdem, dass je nach Wahl der Krankenversicherung kein Wechsel in eine andere Krankenversicherung mehr möglich ist. Dies betrifft unter Umständen auch die Krankenversicherung bei Eintritt ins Rentenalter.
Eine Beratung durch Experten in Versicherungsfragen für Grenzgänger ist dringend anzuraten.