Heidrun Glaser

Passender hätte die Bühne nicht sein können, der Gewölbekeller im Kaiserstühler Amtshaus beherbergt die Kaiserbühne, eine kleine, aber feine Location mit besonderer Atmosphäre, ideal für das Festival der Stille. Die aus Russland stammende Züricher Opernsängerin Maria Gerter brillierte in ihren Rollen als Marlene Dietrich und Zarah Leander, die ihr wie auf den Leib geschrieben waren. Massimiliano Matesic überzeugte mit seiner Spielkunst am Klavier. Schauspieler Peter Niklaus Steiner fesselte die Gäste mit ansprechenden und nachdenklichen Texten von Kurt Tucholsky, der die Zeit der Weimarer Republik bis zum Zweiten Weltkrieg mit Aufsätzen und Lyrik begleitete.

Die aufregende Zeit und die Konflikte mit der neu gewonnenen Freiheit der 20er Jahre wurde mit den Liedern, die Marlene Dietrich berühmt machten, verdeutlicht. Die meisten Zuhörer waren mit der Musik vertraut. Der Film "Der blaue Engel" hat Kultstatus und die Gäste wurden von der Atmosphäre in den Bann gezogen. "Kann denn Liebe Sünde sein", verführerisch mit passender Kostümierung und kokettem Augenaufschlag verzauberte Maria Gerter die Gäste, besonders die männlichen lagen ihr zu Füßen.

Die muffigen Moralvorstellungen, die Frauen auf stark begrenzte Rollen festlegten, warfen Fragen auf. Das Theater wagte zu provozieren und die typisch deutschen Spießer zeigten sich empört. Der braune Mob machte die ersten demokratischen Gehversuche Deutschlands zunichte und riss die aufkeimende Erneuerung der goldenen 20er Jahre in den Abgrund. Auch diese düstere Stimmung wurde von den drei Akteuren inszeniert. Eine Show, die das Zeug für eine große Bühne mitbrachte, mit Textaussagen, die auch heute, fast 100 Jahre später, aktuell klingen.

Der Text "Lyrik der Antenne" spiegelte die Emotionen der damaligen Welt wieder, passend dazu die Schlagertexte, "Davon geht die Welt nicht unter" oder "Das gibt's nur einmal, das kommt nicht wieder". Mit Esprit und Sexappeal gab die Sängerin die Chansons zum Besten, ihre Stimme verlieh der alten Musik Frische und Aktualität. Die Lesung mit dem Titel "Die Zeugung" nahm das Publikum mit in eine typische Arbeiter-Hinterhofwohnung in Berlin. Anschließend wurde ein Blick auf die Vorstellungen des Toller-Theaters gewährt, expressionistisch und völlig neu, – das damalige Publikum blieb stumm und auch im Gewölbe der Kaiserbühne breitete sich die Emotion der Beklemmung aus. "Aus lauter Liebe" und "Wo sind die Träume von gestern Abend", "Die Ballade von Mackie Messer", ja die Stimmung wurde deutlich dunkler und die Lieder makaber. "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt", ein Lied, das um die Welt ging, erntete auch in Kaiserstuhl begeisterten Applaus. Als Zugabe erklang "Lili Marleen".