Biathlon: – Locker bleiben, immer locker bleiben. Fabian Kaskel aus lässt sich nicht verrückt machen: „Natürlich möchte ich den ersten Platz verteidigen“, betont der 13-jährige Schüler wenige Tage vor dem finalen Wettkampf der deutschen Nachwuchs-Biathleten in Ruhpolding. Doch hibbelig oder übernervös ist der Schüler nicht – oder er kann es gut kaschieren.

Seit über zwei Jahren trainiert Fabian Kaskel vom SC Bad Säckingen regelmäßig bei Trainerin Ina Metzner (SKIF Furtwangen) und Biathlon-Fachwart Andreas Dörflinger (Todtnau) auf dem Notschrei. Dort unterhält der Schwarzwälder Skiverband mit dem Olympiastützpunkt Freiburg ein Biathlon-Stadion. Drei mal pro Woche fahren Jeanine und Philipp Kaskel mit ihrem Sohn zu dieser hochmodernen Anlage, um ihm optimales Training zu ermöglichen.

Sein Fleiß und sein ausgeprägtes Interesse an diesem nordischen Wintersport haben Fabian Kaskel in seiner Altersklasse auf nationaler Ebene weit nach vorn gebracht. Vor Jahresfrist beendete er als S13-Schüler die Pokalwertung im Deutschen Schülercup auf Rang drei. Nun, zwei Wettbewerbe vor Saisonende, führt er die S14-Klasse an.

Der Gesamtsieg, der gleich bedeutend mit dem Deutschen Meistertitel seiner Altersklasse wäre, ist ihm deshalb noch lang nicht sicher: „Nach den acht Wettbewerben werden die beiden schlechtesten Resultate gestrichen“, blickt er skeptisch auf die bisherigen Ergebnisse seiner Konkurrenz. Mit 156 Punkten liegt er ganze sieben Punkte vor Dorian Endler aus Schmiedeberg im Erzgebirge. Auf Rang drei lauern gleichauf mit 135 Punkten der Hinterzartener Diogo Martins und der zweifache Sieger Justin Stauß von der SG Schellerhau.

Die beiden führenden Biathleten haben bislang je drei Wettbewerbe gewonnen. Allerdings hat Endler im Moment „nur“ 39 Punkte als Streichresultat. Beim konstanteren Kaskel würden indessen 44 Punkte wegfallen. Entsprechend motiviert startet er am Wochenende in Ruhpolding: „Das wird richtig spannend. Ich will alles dafür tun, ganz vorn zu landen.“ Für einen Sieg gibt es 30 Punkte; der Zweite erhält 26 Punkte.

Im Verlauf der Pokal-Saison steigerte sich Fabian Kaskel enorm. Zum Auftakt im September im Sportpark Schmiedeberg musste er mit Rang sechs in der Verfolgung und Rang drei beim Massenstart zufrieden sein. Mit zweiten Plätzen beim Techniksprint und der Verfolgung im Januar in Buntenrock im Harz machte er den Pokal-Führenden erstmals richtig Druck, um sie dann beim dritten Wettbewerb, vor knapp drei Wochen in Oberhof/Thüringen regelrecht zu überflügeln.

Dank seiner Präzision beim Schießen machte er die 45 Sekunden Rückstand im Einzel auf Endler wett. Während Fabian Kaskel liegend in beiden Durchgängen die volle Trefferzahl buchte, leistete er sich im Stehen nur einen Fehlschuss. Endler verfehlte gleich drei Mal das Ziel, was ihm pro Fehlschuss 45 Strafsekunden eingebracht haben: „Im Einzel-Wettbewerb gibt es keine Strafrunden“, klärt Kaskel den Laien auf.

Richtig drehte der Bad Säckinger dann im Techniksprint auf. Diese höchst anspruchsvolle Disziplin verlangt den Biathleten, die in dieser Altersklasse übrigens ohne Gewehr laufen, alles ab. Auf der vier Kilometer langen Strecke hatten die Ausrichter quasi ein Zirkeltraining auf Skiern aufgebaut: „Es gibt immer wieder kurze Passagen, in denen technische Fähigkeiten geprüft werden“, erzählt Fabian Kaskel von Slalom-Strecken, Steilwand-Kurven, Kreisstrecken beim Anstieg, einer Sprungschanze und Gleiten auf einem Bein. Dass Koordination und Kondition bei Kaskel bestens harmonieren, bewiesen ein einziger Fehlschuss im Stehen sowie eine Gesamtzeit von 14:28,5 Minuten – 37,2 Sekunden vor Silvio Riehl (WSV Aschau) und 1:10,9 Minuten vor Dauerrivale Endler.

Die Basis für diese Erfolge holt sich Fabian Kaskel mit einem disziplinierten Wochenprogramm. Bei den drei Trainingseinheiten am Notschrei wird nicht nur auf Skiern und mit dem Luftgewehr im Schießstand geübt. „Ganz wichtig ist optimales Verhalten im Schießstand“, weiß Kaskel, dass in der Vorbereitung aufs Schießen wichtige Sekunden verloren gehen können: „Die Abläufe müssen einfach stimmen. Flott das Gewehr holen, zügig schießbereit sein.“

Neben Laufeinheiten mit Mama Jeanine, die als Marahtonläuferin in Sachen Ausdauer die beste Trainingspartnerin ist, geht Fabian Kaskel auch einmal die Woche zu Armin Teubler nach Murg zum Krafttraining – wobei „gehen“ bei ihm durchaus wörtlich gemeint ist: „Den Heimweg mache ich meist zu Fuß“, grinst er verschmitzt.

Bleibt dem Schüler des Kollegs in St. Blasien da noch Freizeit? „Wir haben nachmittags keine Schule, dafür samstags“, erzählt er: „So kann ich mich immer wieder mit Kumpels treffen und habe genügend Zeit, verpassten Lehrstoff nachzuholen.“ Die Schule kommt Kaskel immer sehr großzügig entgegen, wenn es um zusätzliche freie Tage geht: „Das funktioniert reibungslos“, freut sich Jeanine Kaskel über die Unterstützung. Schließlich muss jedes Rädchen passen, wenn die Kaskels in Sachen Biathlon unterwegs sind. Auf Landesebene ist die Familie komplett eingespannt, zumal Papa Philipp für das Material zuständig ist: „Er hat es einfach raus, wie die Skier optimal gewachst werden“, grinst Fabian hochzufrieden.

Begeistert und mit Eifer dabei ist auch Valentin, der Jüngste im Hause Kaskel. Der Achtjährige ließ sich vom Biathlonfieber seines Bruders anstecken und trainiert bereits fleißig in der von Wolfgang Köchlin geleiteten Nachwuchsgruppe. Mit viel Enthusiasmus trainiert Köchlin zahlreiche Kinder des SC Bad Säckingen und des SC Hotzenwald, führt sie an einen spannenden und anspruchsvollen Sport heran.

Fabian Kaskel, der sich letztlich nur durch die Biathlon-Übertragungen im Fernsehen für seinen Sport begeistern ließ, definiert seine Ziele über Ruhpolding hinaus eher bescheiden: „Wenn ich 16 bin, möchte ich so gut sein, dass ich ins Skiinternat Furtwangen aufgenommen werde“, denkt er in kleinen Schritten. Dass er dereinst bei Olympia 2030 vielleicht ähnlich umjubelt sein könnte, wie sein großes Idol Ole Einar Björndalen aus Norwegen zuletzt bei der WM in Hochfilzen, lässt ihn zumindest heute noch kalt. Nach wie vor kennt Fabian die Biathlon-Asse nur vom Fernsehgerät. Locker bleiben, lautet eben seine Devise.