Im Kino sind so genannte Sequels seit einiger Zeit groß in Mode. Fortsetzungsfilme über Helden, die immer und immer wiederkommen, um die Welt zu retten. Auch bei der HSG Konstanz ist seit diesem Sommer ein Mann zurück, der erneut eine Erfolgsgeschichte schreiben will.
Bei einem Großteil der Fans hatte er einen gewissen Heldenstatus, als er vor fünf Jahren die Stadt verließ. Schließlich half er wesentlich dabei mit, den Zweitliga-Klassenerhalt zu schaffen. „Igor 2 – die Rückkehr des eiskalten Scharfschützen“, könnte der Titel diesmal lauten.
Tägliches Bad im See als neues Ritual
Igor heißt eigentlich Gregor Thomann und wird nur so genannt, weil ihn einmal ein Trainer mit falschem Namen angesprochen hat. Er selbst ist weit davon entfernt, sich als Helden zu bezeichnen – und doch hat er sich viel vorgenommen für sein zweites Engagement am Bodensee. Das sportliche Ziel dürfte der Verbleib in Liga zwei sein, das persönliche könnte ähnlich ambitioniert werden. „Bis auf zwei Ausnahmen war ich jeden Tag im See. Ich probiere das jetzt ein Jahr durchzuziehen“, sagt Aquaman Thomann, für den sich vieles in Konstanz gewohnt anfühlt, aber auch etliche Dinge neu sind.
„Im Verein hat sich einiges getan“, sagt der 30-Jährige über die HSG, „fast alles ist neu, viel professioneller.“ Binnen fünf Jahren hat auch die Mannschaft ein völlig neues Gesicht bekommen. Zwar kannte Thomann etliche Teamkollegen schon vorher, doch: „Samuel Wendel ist der einzige, mit dem ich noch zusammengespielt habe.“
Auch für Thomann selbst hat sich einiges geändert. Im Sommer 2017 strotzte der coole Siebenmeterschütze vor Selbstvertrauen. 223 Treffer erzielte der gebürtige Villinger als bester Konstanzer Torschütze und Nummer vier der 2. Bundesliga in seiner einzigen Saison bei der HSG. Heute bezeichnet er die Runde 2016/17 als „Lehrjahr“ und „Sprungbrett in den Handball“. Bei seinem Abschied sagte Thomann: „Ich hatte selten einen Trainer, der so auf mich gesetzt hat und mir Vertrauen gegeben hat wie Daniel Eblen.“

Nach nur einer Saison zog es den Linkshänder zurück in die Heimat, zu seinem Herzensclub HBW Balingen-Weilstetten, für den er mit Ausnahme des Konstanzer Intermezzos seit der E-Jugend gespielt hat. Thomann stieg mit den Schwaben auf, erfüllte sich den Traum von der Bundesliga – ehe die vergangene Spielzeit sich zu einem Alptraum entwickelte.
„Ich wurde respektlos behandelt, so konnte es für mich in Balingen nicht weitergehen“, sagt der Spieler selbst. „Das letzte Dreivierteljahr war echt schwer für mich. Ich habe mich oft gefragt, warum ich das noch mache“, fährt Thomann fort. „Ich habe trainiert wie ein Wilder, doch es kam nichts zurück. Ich durfte nicht spielen und wurde doch für Niederlagen verantwortlich gemacht.“
Auf der Suche nach Spaß und Vertrauen
Nun will er an seiner ehemaligen Wirkungsstätte, wo er einst den Durchbruch geschafft hat, zurück zu alter Stärke finden. „Ich hatte in Konstanz eine super schöne Zeit und weiß wie geil es ist, vor dieser Kulisse Heimspiele zu bestreiten. Ich kann hier Freude haben und hochklassig Handball spielen. Was einmal gut geklappt hat, wird auch ein zweites Mal wunderbar klappen“, sagt der ehemalige Junioren-Nationalspieler, der vor allem eines betont: „Ich möchte noch mal Spaß an dem Sport haben, dafür bin ich hier. Wenn ich Spaß habe und das Vertrauen kriege, bin ich ein Top-Spieler.“
Das haben viele Konstanzer noch gut aus der Saison 2016/17 in Erinnerung. Der Gregor Thomann vor dem Start der Spielzeit 2022/23 ist jedoch ein anderer. „Damals wollte ich es unbedingt in die Bundesliga schaffen, jetzt geht es um das gemeinsame Ziel“, sagt der 30-Jährige, der die HSG als junges Talent verließ und nun nach Peter Schramm der zweitälteste Spieler im Kader ist.
Thomanns Ehrgeiz ist ungebrochen
„Ich will immer noch zehn Tore schießen, aber ich bin entspannter geworden“, sagt er. „Ich bin zwar nicht mehr so schnell und robust, dafür erfahrener – und ich kann besser Abwehr spielen.“ Und jeden Siebenmeter müsse er auch nicht mehr werfen. Wenn Lukas Köder – sein Konkurrent auf der Rechtsaußenposition – aber mal einen schlechten Tag erwischen sollte, „dann bin ich da“, verspricht der angehende Sport- und Geschichtslehrer, der in Konstanz die Bundesliga-A-Jugend trainieren wird.
Nicht nur wegen der Nähe zu seinem Studienort Tübingen war es dem heimatverbundenen Handballer so wichtig, im Süden zu bleiben. Gregor Thomann ist längst wieder angekommen an dem Ort, wo er sich schon einmal wohlgefühlt hat. „Ich habe mich super eingelebt, wie alle Neuzugänge, weil die Mannschaft sehr homogen ist“, sagt der 30-Jährige. „Bei dem Wetter ist es schwer, sich in Konstanz nicht wohlzufühlen.“ Beste Voraussetzungen also, damit auch „Igor 2 – die Rückkehr des eiskalten Scharfschützen“ bei der HSG zum Kassenschlager werden könnte.