Frau Elsing, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Darf man zu diesem stolzen Alter gratulieren?
Ja, das darf man. Zum Glück werde ich nicht 150. (lacht)
Als Vorsitzende freuen Sie sich stellvertretend mit den vielen Mitgliedern des Hegau-Bodensee-Turngaus. Wie viele Menschen feiern denn das Jubiläum?
Wir haben aktuell etwa 38 000 Mitglieder in 85 Vereinen, die quer über den Turngau verteilt sind – von Pfullendorf über Markdorf und Uhldingen bis Konstanz, auch der ganze Hegau gehört dazu. Gegründet wurde der Turngau 1871 übrigens als Höhgau-Turnverbund von den Vereinen TV Konstanz, TV Engen, TG Stockach und TV Randegg.
Es wird in Zeiten von Corona ein Jubiläum unter speziellen Voraussetzungen. Wie sehr leidet der Turngau unter der Pandemie?
Der Turngau bietet durchaus Veranstaltungen an, derzeit eben online, und trägt so in diesen herausfordernden Zeiten zum Zusammenhalt und zur Weiterbildung der verantwortlichen Übungsleiter und Funktionäre in den Vereinen bei. Seminare können wir zum Teil zwar online durchführen, Wettkämpfe aber gar nicht.
Auch das Jubiläum verschiebt sich um ein Jahr. Wir hoffen, dass wir im September mit dem Jubiläumsfestakt in Stockach starten können. Viel mehr als uns und die Feierlichkeiten trifft die aktuelle Lage aber die Vereine, die schon lange keinen Livesport und keine Trainings mehr anbieten können. Das fehlt, trotz vieler Onlinestunden.

Glauben Sie, dass sich diese Zeit ohne Sport und Aktivitäten später einmal bemerkbar machen wird im Leben und der Gesundheit der Menschen?
Das wird auf jeden Fall so sein, auch weil eine gewisse Kontinuität fehlt. Und ein Onlinetraining ist etwas ganz anderes als eine Einheit in der Halle. Da stehen Geräte, es kann viel mehr gelaufen werden. Geräteturnen geht zu Hause nicht, da kann man höchstens Kraft- und Koordinationsübungen machen.
Gerade für viele Ältere geht es nicht nur um den Sport, sondern auch um soziale Kontakte. Wenn ich mir das in meinem Turnverein, dem TuS Hödingen, anschaue: Wir fangen mit den Babys an und begleiten den Start in die Bewegungsbiografie. Wir haben die Kinder mindestens zehn Jahre und sehen ihre Entwicklungen, da fehlt jetzt schlicht ein Jahr.
Gesetzt, das Jubiläum kann mit etwas Verspätung gefeiert werden: Was haben Sie geplant?
Zum einen den Festakt am 25. September, zum anderen wollen wir bei so genannten GoSports-Veranstaltungen an den drei Standorten Meersburg, Konstanz und Singen in die Region gehen. Dort können die Vereine sich und Mitmachangebote präsentieren, an denen alle teilnehmen können, unabhängig ob sie in einem Verein sind oder nicht.
Ganz zum Schluss findet im Juli 2022 ein großes Turnfest in Radolfzell statt. Da gibt es geballte Wettkämpfe, angereichert um Mitmachprogramme für Jung und Älter. Zusammen mit dem Rahmenprogramm inklusive Turner-Party bildet diese Veranstaltung den fulminanten Abschluss des bewegten Jubiläumsjahres.
Wenn Sie auf die vergangenen 150 Jahre blicken: Worauf kann der Hegau-Bodensee-Turngau besonders stolz sein?
Zum einen natürlich auf unsere große Eigenständigkeit. Der HBTG ist Ende des 19. Jahrhunderts sogar zeitweise aus dem Badischen Turnerbund ausgetreten, weil die Vereine sich gegängelt gefühlt haben. (lacht) Ein sportliches Highlight ist seit vielen Jahrzehnten die Turnschau, die immer im November in Singen ist. Da wird es auch im Jubiläumsjahr bestimmt tolle Vorführungen geben. Was viele schätzen, sind auch die Fortbildungen, weil wir darauf achten, dass unsere Mitglieder ihre Lizenzverlängerungen hier machen können.
Zu den Sportschulen, die diese anbieten, fährt man sonst mindestens zwei Stunden. Herauszuheben sind auch die Turngau-Großveranstaltungen, welche schon immer das sportliche Miteinander, den Wettkampf, die Freude an Bewegung und Geselligkeit herausgestrichen haben. An diese Tradition knüpfen wir mit dem Jubiläum und den geplanten Veranstaltungen an.
Wie würden Sie persönlich die besondere Faszination am Turnen beschreiben?
Faszinierend ist diese wahnsinnige Vielfalt – an Altersklassen, vom Baby-turnen bis zum Seniorensport, und auch an unterschiedlichen Sportarten. Man denkt beim Thema Turnen immer an Geräteturnen und Kinderturnen, aber dazu gehört auch Rhönrad, Karate, Tanzen, Aerobic und noch viel mehr.
Der TG ist zwar 150 Jahre alt, aber immer auch modern geblieben. So gibt es für die Jüngeren Akrobatik, Parkour oder Geocaching. Wandern ist auch wieder groß im Kommen. Dann gibt es Klassiker wie Fahnenschwingen, wir haben auch einen Spielmannszug. Das alles erwartet man nicht, wenn von Turnen spricht.
Diese Vielfalt wollen Sie im Jubiläumsjahr in der Region präsentieren. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die kommenden Monate?
Es sind gemischte Gefühle. Wir haben uns lange auf das Jubiläum gefreut, die Vereine hatten viel geplant, nun müssen wir alles verschieben. Wir hoffen, dass es bis im September klappt und wir das Ereignis feiern können. Wir haben lange geplant und tolle Veranstaltungen ins Auge gefasst.
Wir freuen uns schon riesig darauf, zusammen mit unseren Vereinsvertretern, Vertretern der Politik aus nah und fern unter dem Motto „150 Jahre HBTG“ eine Geburtstagsparty der etwas anderen Art feiern zu können.