Nach der lange umkämpften Genehmigung des ersten größeren Freiflächen-Solarparks in Villingen-Schwenningen bei den Spitalhöfen Pfaffenweiler scheint es bei diesen Energieprojekten eine Trendwende zu geben.
Bei der Stadtverwaltung sind in den vergangenen Monaten 15 Anfragen für 28 Flächen von Investoren und Landwirten eingegangen, die auf den Feldern um Villingen-Schwenningen weitere Freiflächen-Solaranlagen zur Energiegewinnung bauen möchten.
Ist die Stadt zu langsam?
Allerdings: Die Stadtverwaltung will von den 28 Flächen zunächst mal nur fünf Projekte weiterverfolgen. Das sorgte in der vergangenen Gemeinderatsitzung, als das Thema auf der Tagesordnung statt, für kritische Anmerkungen. Ist die Stadt zu restriktiv und zu langsam?

Armin Schott, bei der Stadt verantwortlich für die Umweltentwicklung, informierte die Stadträte darüber, dass die Stadt „inzwischen relativ viele Anfragen“ für den Neubau Freiflächen-Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) habe. Es seien so viele, dass die Stadt den weiteren Ausbau steuern müsse.
Beim Thema „Agri-PV“, der Anpflanzung landwirtschaftlicher Produkte unter Solarmodulen, gebe es derzeit eine „Wahnsinns-Dynamik“. Schott verwies diesbezüglich auf ein „spannendes Projekt eines Landwirts aus VS-Zollhaus“. Er geht davon aus, dass in VS bis in einigen Jahren rund ein Prozent der landwirtschaftlichen Fläche durch Freiflächen-PV-Anlagen genutzt werde. „Dann stehen wir gut da“, meinte er mit Blick auf die Klimaziele.
40 bis 50 Freiflächen-Anliegen in VS?
Dagegen wies Stadträtin Ulrike Salat, die Fraktionssprecherin der Grünen, darauf hin, dass die Stadt bis ins Jahr 2050 für die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien eine Produktion von 360 Megawatt benötige, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Dazu bedürfe es vieler Freiland-Solarflächen, aber auch Windkraftanlagen.
Um das Ziel zu erreichen, müssten auf der Gemarkung VS bis zum Jahr 2050 rund 40 bis 50 Anlagen in der Dimension wie bei den Spitalhöfen gebaut werden. Das bedeute die Fertigstellung von drei bis vier Anlagen jährlich. Davon sei die Stadt weit entfernt. Salat wies darauf hin, dass die Stadt beim Ausbau der erneuerbaren Energien weiter unterm Durchschnitt anderer Städte in Deutschland liege.
Bevorzugt die Stadt ihre Stadtwerke?
Von den aktuell beantragten 28 Flächen möchte die Stadt, so kritisierte sie, aktuell nur fünf Flächen weiterentwickeln. Das sei zu wenig. Ulrike Salat äußerte die Befürchtung, die Stadt gehe bei der Genehmigung neuer Freiflächen-Anlagen „zu restriktiv“ vor. Sie warnte die Stadtverwaltung, in Rücksichtnahme auf die Geschäftsinteressen der örtlichen Stadtwerke andere Investoren auszubremsen. „Die Stadtwerke schaffen das nicht alleine.“

Diese Projekte werden weiterverfolgt
Tatsächlich will die Stadt zunächst nur folgende Projekte weiterverfolgen: Ein Flurstück von 3,2 Hektar zwischen Nordstetten und dem Gewerbegebiet „Salzgrube“ von 3,2 Hekar, das Projekt eines lokalen Landwirts (Anfrage 15 in der Grafik).
Darüber hinaus wurden Verfahren für die Projekte auf der ehemaligen Deponie „Obere Wiesen“ und ein zweites in der Umgebung der Oberen Wiesen bei Rietheim eingeleitet. Des weiteren werden die Anfragen „Weigheim östlich Autobahn“ (Anfragen 12 bi und 11 h in der Grafik) weiterverfolgt. Zwei Areale im Zentralbereich werden zurzeit durch die Stadtwerke VS geprüft. Ein Standort südöstlich von VS-Zollhaus wird ebenfalls geprüft.

Armin Schott entgegnete, dass die Stadt auf gutem Weg sei. Wurden zuletzt nur zehn Hektar für eine Freiflächen-PV-Anlage geplant, habe die Stadt mittlerweile 50 bis 60 Hektar in der Bearbeitung. „Das nenne ich eine Entwicklung“, erklärte der Umweltplaner.
PV-Anlagen auch in Vogelschutzgebieten
Dass derzeit nicht noch mehr Projekte geplant werden, hat laut Schott verschiedene Ursachen. Einige Flächen liegen in Naturschutzgebieten, andere auf wertvollen landwirtschaftlichen Flächen, auf weiteren ließen sich Anschlusspunkte ans Stromnetz kaum realisieren. Künftig sollen aber, so berichtete Schott, Solarenergie-Projekte auch in Vogelschutzgebieten möglich werden. „Da sind wir dabei, diese Verbote aufzubrechen“, sagt er. Allerdings brauche man dafür noch mehr Vorlaufzeit.
Bis zu 100 Hektar Freiflächen-Anlagen
„Ich bin aber sehr optimistisch, dass wir noch viel hinkriegen“, so das Fazit von Schott. In einigen Jahren werde die Stadt sicher bei 100 Hektar Freiflächen-PV ankommen. „Dann sind wir gut aufgestellt“, so Schott abschließend.
Stadtrat Frank Banse (SPD) fragte nach, ob sich die Stadt auch um die Überbauung von Parkplätzen mit PV-Anlagen bemühe. Oberbürgermeister Jürgen Roth erklärte, dass die Stadt und die Stadtwerke derzeit ihre Kräfte auf das Solarprojekt „Obere Wiesen“ bündle. Die Überbauung von Parkplätzen sei erheblich teurer. Er machte wenig Hoffnung, dass dafür Geld im nächsten Haushalt zur Verfügung stehe.