Sebastian Merkle ist stolz auf das Projekt: „Am Wochenende wurden 29 Wohnungen bezogen. Bis Frühsommer 2023 werden nach und nach auch die anderen Wohnungen fertig“, sagt das Vorstandsmitglied der Baugenossenschaft Familienheim und spricht vom neuen Luisenquartier in der Vöhrenbacher Straße in Villingen gegenüber dem Friedrichspark.

Doch das Luisenquartier wird vorerst sein letztes Bauprojekt sein: „Wir werden die Wohnungen im Luisenquartier fertig bauen. Alle andere Projekte sind aber erst einmal auf Eis gelegt“, so Merkle. Welche Projekte das sind, wollte der Vorstand nicht verraten. Nicht einmal die Stadtverwaltung wisse, worum es sich bei den Projekten handle.

Merkle versicherte aber, dass alle Unterlagen fertig seien und das Genehmigungsverfahren eigentlich bald beginnen könnte: „Bei den Projekten handelt es sich um Grundstücke, auf denen wir schon Gebäude haben. Die sind aber CO2-Schleudern, die saniert werden müssten.“

Ein Mikroloft aus fast 100 Prozent Holz – die Fenster sind aus Kunststoff, das Geländer aus Stahl.
Ein Mikroloft aus fast 100 Prozent Holz – die Fenster sind aus Kunststoff, das Geländer aus Stahl. | Bild: Matthias Jundt

Villingen-Schwenningen sei eine überdurchschnittlich wachsende und beliebte Region in Deutschland. Der Bauboom habe 2014 begonnen. „Der aber ist vorbei. Nun kommen von allen Seiten Hiobsbotschaft nach Hiobsbotschaft“, so Merkle.

Dabei sei der Wohnraumbedarf weiter enorm und wachse in den kommenden Jahren weiter. Das führe dazu, dass die Preise steigen. Die Folge daraus: Es gibt immer mehr Menschen, die sich Wohnraum nicht mehr leisten können. Merkle: „Unsere Aufgabe aber ist es, für günstigen Wohnraum zu sorgen.“

Vor der Diskussion über die Krise beim sozialen Wohnungsbau gibt es die Gelegenheit eines der Mikrolofte anzuschauen, das im ...
Vor der Diskussion über die Krise beim sozialen Wohnungsbau gibt es die Gelegenheit eines der Mikrolofte anzuschauen, das im Luisenquartier entstanden ist. | Bild: Matthias Jundt

Wie rapide sich die Situation für Geringerverdienende verschlechtert, skizzierte der Vorstand anhand der Preisentwicklung für einen Quadratmeter. Demnach habe sich der Preis bei einem Mehrfamilienhaus mit 24 Wohnungen seit Mitte 2021 von 10,62 Euro pro Quadratmeter bis Mitte 2022 auf 16,87 Euro entwickelt.

Das liege an der enormen Baukostensteigerung und der Zinsänderung. Zum Vergleich: In VS liege das aktuelle Mietniveau derzeit bei elf Euro pro Quadratmeter bei Neubauten. Merkle: „Und es gibt nicht mehr viele Mieter, die bereit sind, elf Euro zu bezahlen.“

Oder die das können. „Und so geht die soziale Schere immer weiter auseinander“, sagt Martin Renner, ebenfalls im Vorstand der Baugenossenschaft Familienheim. „Wir sind von Wünsch-dir-was auf Vollbremsung. Wir können in VS nicht mehr bauen.“

OB Jürgen Roth (links) im Gespräch mit Familienheim-Vorstand Sebastian Merkle.
OB Jürgen Roth (links) im Gespräch mit Familienheim-Vorstand Sebastian Merkle. | Bild: Matthias Jundt

Das liege auch daran, dass der Bau von sozialen Wohnungen für Investoren unattraktiv sei. Die Vorgaben seien viel strenger als die im freien Wohnungsbau. So gelte für den sozialen Wohnungsbau etwa der Mindestenergiestandard KfW 55. Der Standard ist aber nicht mehr förderfähig.

Beim freien Wohnungsbau gibt es die KfW55-Pflicht dagegen nicht. Auch die Anpassung an die ortsübliche Miete kennt der freie Wohnungsbau nicht – der soziale schon. „Hinzukommt, dass der Fördertopf für den sozialen Wohnungsbau aktuell leer ist“, sagt Renner weiter.

Nach und nach sollen die 85 Wohnungen im Luisenquartier bezogen werden. Am Wochenende waren die ersten 29 Einheiten dran.
Nach und nach sollen die 85 Wohnungen im Luisenquartier bezogen werden. Am Wochenende waren die ersten 29 Einheiten dran. | Bild: Matthias Jundt

Während die Baugenossenschaft Familienheim in Villingen-Schwenningen noch einen minimalen Gewinn pro Quadratmeter erzielen kann, zahlt sie etwa in St. Georgen bereits drauf. „Wir sind zum Glück eine Genossenschaft und können das mit anderen Einnahmen ausgleichen“, sagt Martin Renner.

Dabei liege der durchschnittliche Quadratmeterpreis der Familienheim bei Neubauten mit 7,12 Euro deutlich unter dem sonstigen Quadratmeterpreis, der laut Immoscout bei 8,27 Euro pro Quadratmeter liegt.

Für die Verantwortlichen der Baugenossenschaft Familienheim ist klar: Die Politik muss dringend etwas tun, wenn sie den sozialen Wohnungsbau nicht zerstören will.