Es ist ungewöhnlich ruhig um die Neue Tonhalle, obwohl am Mittwoch ein kontroverses Thema diskutiert wird: die stufenweise Anhebung der Kindergartengebühren bis 2025. Normalerweise demonstrieren bei solchen Vorschlägen die Eltern mit Trillerpfeifen und Plakaten. Doch dieses Mal sind keine Mütter und Väter zu sehen, der Grünen-Sprecher Joachim von Mirbach mutmaßt in der Sitzung bereits, dass die Eltern die Erhöhung „in großen Teilen akzeptiert“ hätten. Dem widerspricht allerdings der Vorsitzende des Gesamtelternbeirats der Kindertagesstätten, Srdjan Zivkovic. Wegen Corona habe keine Protestaktion stattgefunden. Es sei nicht zu verantworten, dass sich 500 Leute vor dem Saal tummeln. Nach wie vor seien viele Eltern gegen diese „schmerzhafte Erhöhung“.
Allerdings müssen sie sich nun langsam darauf einstellen. Der Jugendhilfeausschuss empfahl sie bei acht Ja-, drei Neinstimmen und sechs Enthaltungen. Teilweise sind die Steigerungen eklatant – bis zu 18 Prozent. Das liegt auch daran, dass sich der Gemeinderat seit 2012 nicht mehr an eine Erhöhung wagte. Nun muss der Haushalt konsolidiert werden, Opfer sollen von vielen Bürgern verlangt werden, auch von den Eltern. Dazu arbeitete die Stadtverwaltung eine Tabelle aus, die mit dem Start des neuen Kindergartenjahres gültig werden soll. In einem ersten Schritt empfahl der Jugendhilfeausschuss das Zahlenwerk, endgültig zustimmen muss der Gemeinderat. Zudem will die Stadt ein einkommensabhängiges Modell einführen.
Oberbürgermeister Jürgen Roth erläutert, dass sich die Stadt die Kindergärten 44,2 Millionen Euro kosten lässt. Über den Finanzausgleich erhält sie vom Land 12,7 Millionen Euro zurück, die Eltern zahlen 1,5 Millionen. Es bleibt also ein Defizit von 28,9 Millionen Euro, was alle Bürger tragen. Nun soll also der Beitrag der Kindergarteneltern anwachsen. Keiner der Stadträte macht es sich einfach, CDU-Frau Katharina Hirt spricht davon, dass sie kräftig schlucken müsse, doch nun wurde ein Paket geschnürt, bei dem man mitgehen könne. Sie lobt vor allem die Anwendung der Württemberger Variante, die besagt, dass alle Kinder eines Haushalts mitgezählt werden, auch wenn sie zum Beispiel schon in der Schule sind.
Auch von Mirbach zeigt sich mit dem Ergebnis zufrieden, vor allem weil nun ein einkommensabhängiges Beitragsmodell realisiert werden soll. Er signalisiert Zustimmung, verweist aber darauf, dass, wenn die Eltern zusätzlich belastet werden, dies auch für die Parker gelten solle. Die Erhöhung der Parkgebühren möchte die Stadtverwaltung auf 2022 verschieben.
Ulrike Heggen (Freie Wähler) lobt den hohen Standard der Kindertagesstätten. Ob alle Mitglieder ihrer Fraktion zustimmen werden, sei noch unsicher. Nicola Schurr wendet sich im Namen der SPD klar gegen eine Erhöhung. Der Vergleich mit dem Umland, wo für Kindergärten teilweise wesentlich mehr bezahlt wird, hinke, dort zahle die Bevölkerung auch nicht „horrende Mieten und Grundstückspreise“. Auch die FDP lehnt die Steigerung ab, Kathrin Piazolo befürchtet, dass der Zuzug von Facharbeitern darunter leiden könne. Olaf Barth (AfD) kritisiert das einkommensabhängige Modell. Da nur eine Selbsterklärung gefordert wird, sei das nicht kontrollierbar.
Für Eltern drei Stufen
Stefan Assfalg, Leiter des Amts für Jugend, Bildung, Integration und Sport, erläutert noch einmal das einkommensabhängige Drei-Stufen-Modell. Es gibt eine Ermäßigungsstufe mit 75 Prozent der Gebühren, der Standardtarif (100 Prozent) und eine Erhöhungsstufe mit 115 Prozent, je nachdem wie hoch das monatliche Familien-Netto-Einkommen ist. Dazu wird eine Selbsterklärung verlangt, die in der Regel nicht nachgeprüft wird. Nur in Einzelfällen sei stichprobenweise eine Kontrolle möglich.
Die Erhöhung
Wer nur ein über dreijähriges Kind im Regelkindergarten hat, für den sollen die Kindergartengebühren von derzeit 78 Euro von aktuell 78 Euro auf 119 Euro bis ins Jahr 2025 steigen. Für unter Dreijährige erhöht sich die Gebühr von aktuell 185 Euro pro Monat auf 352 Euro bis 2025. Die Steigerung beträgt zwischen vier und 18 Prozent, sie ist oft im zweistelligen Bereich. Nur für Familien mit vier oder mehr Kindern sinken sie teilweise um drei Prozent.