Ein Wattestäbchen schwimmt vorbei, gefolgt von einem Stück Zucchini und einem Stück Tuch. Wer am Zulauf des Villinger Klärwerks steht, bekommt viele Gegenstände zu sehen, die hier eigentlich nichts verloren haben. 250 bis 280 Liter Abwasser aus rund 60.000 angeschlossen Haushalten und Industriebetrieben kommen hier im Untereren Dammweg 34 im Durchschnitt jede Sekunde an.

Neben den menschlichen Ausscheidungen hat das Wasser immer auch viele Haushalts- und Hygienearktikel und andere Stoffe mit an Bord. Das verursacht nicht selten Probleme und verursacht hohe Kosten, die sich letztlich auf die Abwasserpreise niederschlagen. Vier bis fünf Tonnen Unrat fischt eine spezielle Siebanlage bei der Vorreinigung jeden Monat aus dem Abwasser. Dieser Müll wird vor Ort gepresst und entwässert, um Kosten für eine teure Entsorgung auf einer Deponie zu sparen. Das Material wird von der Maschine gleich in einem Endlosschlauch verpackt. „Ansonsten würden sich Schimmelsporen sich in der Luft verbreiten und die Geruchsbelästigung wäre enorm“, erklärt Betriebsleiter Reinhold Laufer.
Was nicht ins Klo gehört: Die Regel ist eigentlich ganz einfach. In den Toiletten sollten lediglich menschliche Ausscheidungen und Toilettenpapier landen. Alles andere, wie zum Beispiel Feucht- und Hygienetücher, Wattestäbchen, Windeln, Damenbinden, Lebensmittelreste, Zigarettenkippen und auch Haare, muss über den Restmüll entsorgt werden. Im Abwasser können diese Gegenstände Verstopfungen und Schäden an Abwasserpumpen verursachen, so wie vor einigen Tagen bei Rietheim Steinwiesen. „Unser System hat um 19.30 Uhr einen Störfall gemeldet. Eine Pumpe ist dort ausgefallen“, erinnert sich Laufer. Der Diensthabende habe sofort einen Elektriker zum Störfall entsandt. Im schlimmsten Fall muss die Pumpe zerlegt und repariert werden, was weitere Kosten verursacht.

Flüssigkeiten: Neben festen Stoffen landen auch immer wieder verschiedene Flüssigkeiten in der Toilette. Dabei haben Speisefette und Öle, Altöl, Farben, Lacke sowie andere Chemikalien dort nichts zu suchen. Diese Stoffe können nicht mechanisch aus dem Wasser gefiltert werden und haben das Potential, die Mirkoorganismen in den Klärbecken zu schädigen, die organischen Stoffe im Abwasser zersetzen und das Wasser somit reinigen. „Die Situation hat sich aber gebessert“, so Laufer. Vor Jahren seien häufiger giftige Stoffe ins Abwasser gelangt, als es noch mehr metallverarbeitende Betriebe gab.

Medikamente: Auch sie gehören nicht in das Abwasser, weder in fester, noch in flüssiger Form. Es ist äußerst schwierig im Wasser gelöste Wirkstoffe herauszufiltern. Momentan ist das im Klärwerk Villingen überhaupt nicht möglich. Auch wenn die Konzentration gering ist, so bleiben die Stoffe immer noch wirksam. Es sei nachgewiesen, dass solche Rückstände in Flüssen bei männlichen Fischen eine Verweiblichung hervorrufen können, so Laufer.
Sechs bis sieben Millionen Euro würde eine Erweiterung des Klärwerks kosten, um auch diese Rückstände aus dem Wasser entfernen zu können. „Es läuft derzeit eine Machbarkeitsstudie“, sagt Thomas Fricke, Abteilungsleiter Klärwerke im Grünflächen- und Tiefbauamt. Danach müsse entschieden werden, ob eine Nachrüstung erfolgt. Im Klärwerk auf der Gemarkung Deißlingen, die das Abwasser aus Schwenningen, Mühlhausen, Weigheim und Dauchingen reinigt, ist bereits eine solche Anlage installiert.

Kuriose Funde: Neben den genannten Dingen werden aber auch immer mal wieder kuriose Gegenstände durch das Kanalsystem gespült. Das seien Steine, Holzstücke und sogar Reifen, habe man schon gefunden, erzählt Laufer. Vor einiger Zeit habe sich sogar ein ganzes Kanalrohr im Abwasserkanal verfangen und diesen verstopft. Solche Funde wurden jedoch meist nicht durch Bürger verursacht. Vielmehr können solche Gegenstände bei Regen von Baustellen in das Rohrsystem geschwemmt werden.
Geschichte: Die Kläranlage in Villingen wird seit 1966 als mechanisch-biologische Kläranlage betrieben und wurde 1980 und 1990 erweitert. Sie ist heute ausgelegt für rund 70.000 Einwohner. Rund 60.000 sind angeschlossen. Dazu kommen noch die Industriebetriebe. „Die Zahl ist seit zehn Jahren konstant“, erklärt Fricke. Um den steigenden Anforderungen des Umweltschutzes und der Gesetzgebung gerecht zu werden, wurde die Anlage ab dem Jahr 2001 für 6,8 Millionen Euro erneut erweitert. Der Unterhalt des Kanalsystems und der Kläranlage kosten jährlich rund vier bis fünf Millionen Euro.
