DANIEL SCHOTTMÜLLER

Es ist gar nicht so leicht, einen Schubkarren in Bewegung zu setzen. Vor allem, wenn er voll bepackt mit Pflanzen ist. „Du musst einmal kräftig lupfen“, ruft Claudia Wildi über den Hof. Und tatsächlich – mit einem Ruck schafft es Maren loszufahren. Gemeinsam mit vier weiteren Mädchen hilft die Elfjährige heute beim Villinger Landschafts- und Gartenbaubetrieb Wildigarten tatkräftig mit. Und auch wenn es bereits Nachmittag ist, sind die Schülerinnen voll motiviert.

„Wir sind schon seit fünf Stunden hier, aber es macht immer noch Spaß“ bestätigt Emma (12) aus Villingen. Girls' Day ist schließlich nur einmal im Jahr. Schon morgen geht es für die Mädchen zurück auf die Schulbänke. Umso toller ist es heute, bei sonnigem Wetter mit Arbeitshandschuhen in der frischen Pflanzenerde zu wühlen. Alisa ist gerade damit beschäftigt, Kräuter in ein Hochbeet vor dem Eingang zum Büro der Firma einzupflanzen. Petersilie, Bärlauch, Schnittlauch und Oregano stehen ihr zur Auswahl. „Sogar Erdbeeren und Waldbeeren haben wir hier“, freut sich die Zwölfjährige.

Claudia Wildi ist es wichtig, dass die Girls' Day-Teilnehmerinnen selbst Hand anlegen. „Das macht den Mädchen erfahrungsgemäß auch am meisten Spaß“, verrät die Diplom-Betriebswirtin.

Seit zehn Jahren macht der Landschafts- und Gartenbaubetrieb Wildigarten mit bei dem deutschlandweiten Projekt Girls' Day, das jungen Mädchen ab der fünften Klasse die Möglichkeit bietet, in Unternehmen und Betrieben Berufe kennenzulernen, die oftmals noch als Männerdomäne gelten, in Zukunft aber auf weibliches Personal angewiesen sind.

„Zunächst kam ein Mädchen auf uns zu, das Interesse hatte, in unsere Arbeit hineinzuschnuppern“, erinnert sich Claudia Hildi. Das war 2006. Mittlerweile ist der Betrieb ein Dauerbrenner auf der Internetseite des Girls' Day und lockt in jedem Jahr Schülerinnen aus der gesamten Umgebung an. Heute sind die Teilnehmerinnen selbst aus dem Raum Rottweil angereist, um bei Wildigarten einen Tag Arbeitsluft zu schnuppern.

Und die Arbeit ist vielfältig. „Ich hätte gedacht, dass die Mitarbeiter einfach nur pflanzen und gießen, aber es ist viel spannender“, erzählt Emma. Schon direkt am Morgen konnten die Mädchen dabei zusehen, wie auf einer Baustelle ein Teich- und Brunnensystem installiert wurde. Dann ging es ins Villinger Kneippbad. „Wir durften mithelfen die Pflanzenbeete auszuräumen“, erzählt die zwölfjährige Jana. Maren ist sich sicher, bestimmt 50 Regenwürmer beim Entfernen der alten Bepflanzung entdeckt zu haben. „Ja, das Thema Regenwürmer ist heute ein Dauerbrenner“, schmunzelt Claudia Wildi.

Während die fleißigen Kräuterpflanzer an der Schwenninger Steige eine kleine Arbeitsunterbrechung bei Saft und Sprudel einnehmen, wird parallel noch in vielen anderen Betrieben gearbeitet. „Deutschlandweit nehmen 100 000 Mädchen am Girls' Day teil“, erklärt Nicole Bösch von der Villinger Agentur für Arbeit. „Alleine in Villingen-Schwenningen nutzen heute 91 Mädchen die Möglichkeit, in die Berufswelt hineinzuschnuppern.“ 14 Arbeitgeber decken dabei im Stadtgebiet eine weite Bandbreite an unterschiedlichen Berufen ab.

Der Automobilzulieferer Continental zum Beispiel begrüßte bereits am Morgen 24 Schülerinnen an seinem Villinger Standort. „Wir erleben jedes Jahr eine große Begeisterung der teilnehmenden Mädchen. Der Einblick in die technischen Bereiche ist nicht nur unterhaltsam, sondern trägt auch dazu bei, dass die Schülerinnen eine klarere Vorstellung von den Möglichkeiten in technischen Berufen entwickeln“, freut sich Standortleiter Ludger Trilken. Im Laufe ihres ereignisreichen Arbeitstags durften die Mädchen Experimente in den Bereichen Elektronik, Digitaltechnik, Pneumatik und 3D-Konstruktion durchführen.

Bei Wildigarten setzen die Girls' Day Teilnehmerinnen mittlerweile zum Endspurt an. Bevor es um 16 Uhr nach Hause geht, will Claudia Wildi ihren Helferinnen noch den Mustergarten des Betriebs zeigen. Ob sie später auch einmal Landschaftsgärtnerinnen werden wollen, wissen die Mädchen noch nicht. Aber eines ist sicher: „Heute war's viel besser als Schule.“