Die wasserrechtliche Erlaubnis für den Betrieb der Unterkirnacher Kläranlage läuft nach 15 Jahren Ende 2023 aus. Weil das Genehmigungsverfahren für eine neue Erlaubnis sehr umfangreich und zeitintensiv ist, muss sich die Gemeinde schon in diesem Jahr entscheiden, ob sie ihr Abwasser weiter selbst klären möchte oder einen Anschluss an die Villinger Kläranlage anstrebt. Die Stadt Villingen-Schwenningen habe signalisiert, dass ein Anschluss möglich sei, so Bürgermeister Andreas Braun.
So funktioniert die Anlage
Bei einem Termin in der Unterkirnacher Kläranlage erhielt der Gemeinderat jetzt einen Einblick in die Funktionsweise der Anlage. Außerdem legte Ingenieur Dominik Bordt vom Büro BIT Ingenieure dar, welche Maßnahmen notwendig würden, möchte die Gemeinde die Anlage weiter betreiben.
Immer noch gute Ergebnisse
In die Unterkirnacher Kläranlage sei über die Jahre „viel Liebe und Kraft gesteckt worden“, so Dominik Bordt. Ihre Ergebnisse seien noch immer gut. Eine weitere Genehmigung könne die Anlage grundsätzlich erhalten. Allerdings seien in den kommenden Jahren verschiedene Sanierungsmaßnahmen notwendig, wolle sie weiterbetrieben werden.
Die Gemeinde Unterkirnach hat einen jährlichen Trinkwasserverbrauch von rund 115.000 Kubikmetern. Zusammen mit dem Oberflächenwasser fließen jährlich rund 250.000 Kubikmeter Abwasser durch die Unterkirnacher Kläranlage.

Ist die Niederschlagsmenge zu groß und die Kläranlage kann nicht die gesamte Wassermenge aufnehmen, wird das Wasser im Regenüberlaufbecken auf dem Gelände des Werkhofs gedrosselt. Durch das Oberflächenwasser stark verdünnt, fließt dann auch Abwasser ungeklärt in die Kirnach.

Die Klärung des Abwassers in der Unterkirnacher Kläranlage erfolgt mechanisch, chemisch und biologisch. Eine vierte Reinigungsstufe für die Aussonderung von ins Abwasser gelangten Arzneimittelnrückständen hat die Anlage nicht. Langfristig wird eine solche Stufe aber von allen Kläranlagen gefordert werden.

Mit einem Rechen werden in diesem Gebäude grobe Bestandteile des Abwassers gesammelt. Das ist die erste, mechanische, Reinigungsstufe. Ein großes Problem, so Dominik Bordt, sind mittlerweile sogenannte Verzopfungen und Verstopfungen, die insbesondere durch ins Klo geworfene Feuchttücher, Binden und Tampons entstehen.

Nach dem Durchlaufen der chemischen Reinigungsstufe, der Phosphor-Elimination, sowie eines Fett- und Sandfangs erfolgt im Belebungsbecken die biologische Reinigung des Abwassers. Sauerstoff sowie Mikrooranismen des Klärschlamms verrichten hier ihre Arbeit. Sandfang und Rechen bedürfen mittelfristig der Erneuerung.

Auch das Belebungsbecken muss saniert oder sogar neu gebaut werden. Grundsätzlich sind technische Anlagen einer Kläranlage alle 20 Jahre zu ersetzen. Für die Elektrotechnik kann das sogar schon nach 15 Jahren der Fall sein, so die Vorschriften.

Insgesamt rechnet Dominik Bordt mit Investitionskosten von rund 3,3 Millionen Euro, wenn die Gemeinde die bestehende Kläranlage beibehalten möchte. Vorteil wäre dabei, dass nicht alle Kosten sofort anfielen, weil nicht alle Maßnahmen jetzt bereits erforderlich sind. Allerdings wären die laufenden Kosten, also zum Beispiel die Personalkosten, für den Weiterbetrieb höher als beim Anschluss nach Villingen-Schwenningen.


Im Nachklärbecken setzt sich schließlich der Klärschlamm ab. Er wird im Silo- beziehungsweise Pufferbecken aufgefangen. Das Nachklärbecken ist eine derjenigen Stellen, an denen die Unterkirnacher Kläranlage unbedingten Sanierungsbedarf hat. Hier bröckelt der Beton.
Klärschlamm darf nicht mehr auf die Wiesen
Zweimal im Jahr wird der Klärschlamm aus dem beiden Auffangbecken abgepumpt und mittels einer mobilen Anlage gepresst. Das Ausbringen auf Wiesen und Felder ist aufgrund nicht zu klärender chemischer Rückstände nicht mehr zulässig. Mittelfristig kalkuliert Dominik Bordt mit jährlichen Kosten von rund 250.000 Euro für die Schlammentsorgung.

Nicht mehr in Betrieb ist das große Schilfbecken mit dem vererdeten Schlamm der früheren Pflanzenkläranlage. Zu klären sie die Frage, so Dominik Bordt, ob man das jetzt ausräume und den Klärschlamm entsorge oder ob man das nachfolgenden Generationen überlassen wolle.
Druckleitung nach VS wäre nötig
Entscheidet sich die Gemeinde Unterkirnach für eine Vereinbarung mit der Stadt Villingen-Schwenningen und den Anschluss an die Villinger Kläranlage, müsste eine Druckleitung nach Villingen gebaut werden. Diese könnte im Bereich des Kneippbads an die Villinger Kanalisation angeschlossen werden. Für die Druckleitung reiche ein Durchmesser von 15 Zentimetern.
25 Prozent Zuschuss wären möglich
In Unterkirnach würde nur eine Vorreinigung über einen kombinierten neuen Rechen- und Sandfang sowie ein „Anschieben“ das Abwassers erfolgen. Die vorhandenen Becken würden als Pufferbecken weiterverwendet. Für den Anschluss an die Villinger Kläranlage rechnet Dominik Bordt mit Investitionskosten von rund 3,6 Millionen Euro. Hinzu kämen Kosten für einen Einkauf in das Villinger Kanalnetz. Bezuschusst würde der Anschluss an die Villinger Anlage voraussichtlich mit 25 Prozent.
Die Diskussion beginnt im Sommer
Nicht alle Gesichtspunkte für die wegweisende Entscheidung des Gemeinderates liegen bereits auf dem Tisch. So ist beispielsweise noch zu klären, was ein Rückbau der Unterkirnacher Anlage kosten würde. Bis zur Gemeinderatssitzung am 28. Juni werden weitere Fakten zusammengetragen. Dann möchte das Gremium in die derzeit völlig ergebnisoffene Diskussion einsteigen.