Im Schwarzwald-Baar-Kreis gibt es sie kaum noch: Videospielhändler. Doch in der Schwenninger Innenstadt, die ansonsten mit Leerständen und dem verlassenen Rössle-Zentrum zu kämpfen hat, ist Kreso Valters Game Center seit 1992 immer noch fester Bestandteil, seit nunmehr 31 Jahren.
Wie kann man sich in einer Branche so lange halten, die immer stärker ins Internet abwandert – ganz ähnlich den Videotheken, die durch die übermächtige Konkurrenz von Streamingdiensten wie Netflix am völligen Verschwinden sind?
Klar ist auf alle Fälle: Das ist keine leichte Aufgabe.
Händler wird zur Internetberühmtheit
2017 machte Kreso Valter seine Filiale in Villingen dicht, 2019 überlegte er, auch sein Game Center in Schwenningen zu schließen. Digitale Spiele und leere Innenstädte machten ihm zu schaffen. Und das war noch vor der Pandemie.
„Ich musste am Wochenende auf Flohmärkte gehen, um den Laden zu halten“, erzählt er. Während der Lockdowns war Valter auf Unterstützer und das Internet angewiesen, um als Händler zu überleben.
Doch vier Jahre später läuft das Geschäft wieder rund: Er hat eine besondere Nische gefunden.
Spezielle Nische als Erfolgsgeheimnis
Denn Kreso Valter konzentrierte sich auf Retrospiele. Solche Computerspiele aus den Frühzeiten der Technologie sind nicht nur wegen ihres Nostalgiefaktors in der Pandemie immer beliebter geworden.
Über Videos und soziale Medien schaffte es der Schwenninger Händler, mehr Zuschauer und Kunden für sein Geschäft zu gewinnen: Er und sein Laden wurde zu einer eigenen Marke.
Retrospiele verbinden Onlinehandel und Stadtladen
Nun stehen auch seltene Sammlerstücke aus den 1990er und 2000er Jahren im Game Center. So zum Beispiel ungeöffnete Pokemonspiele, die bis zu 2500 Euro wert sein können. Die Sammlerstücke erregen Aufmerksamkeit als Ausstellungsstück und Verkaufsware.
Doch zum Kauf solcher Raritäten gehört viel Vertrauen. Mit seinem Laden vor Ort ist Kreso Valter dabei anonymen Internethändlern einen Schritt voraus. Und verbindet so geschickt den stationären Handel mit den Vorteilen des Internets.

Zum Beispiel filmt die Ankäufe auf seinem Tresen und zeigt sich auf YouTube. Dort werden seine Videos bisweilen mehr als 200.000 Mal angesehen.
Zudem veranstaltet er Liveauktionen auf einer Videoplattform. Er unterhält seine Zuschauer und schafft Transparenz. Und ist zugleich mit seinem Schwenninger Laden auch außerhalb des Internets greifbar.
Das ist wichtig, da der Zustand der Spiele ausschlaggebend für die teils hohen Preise ist. „Das ist mittlerweile eine Wissenschaft. Einen neuen Mitarbeiter müsste ich dafür zwei Jahre anlernen“, so Valter.
Familienunternehmen mit Unterstützern aus ganz Deutschland
Der Aufwand im Netz scheint sich zu lohnen. Morgens am 12. September stehen noch Kartons von einem neuen Ankauf mit Spielen aus Hamburg in Valters Laden.
Noch am Morgen bewirbt er die Spiele über Instagram. Wenige Minuten später melden sich schon Käufer aus ganz Deutschland bei ihm.
Seine Töchter Viviane und Jaqueline und seine Frau Margarete arbeiten ebenfalls im Game Center. Mit ihnen bespricht Kreso Valter die Kaufanfragen. „Ohne die Unterstützung der Familie wäre das nicht machbar“, sagt er.
Er sei selber oft zwölf Stunden im Laden und bearbeite nach Feierabend noch Videos. An freien Sonntagen besuche er Messen und Flohmärkte.

Und wie sehen die geschäftlichen Perspektiven aus? „Aktuell ist der Laden mit den Unterstützern eine Goldgrube“, so Kreso Valter. Er und seine Familie möchten den Laden solange es geht weiterführen.
Dennoch seien die Aussichten unsicher. „Jetzt läuft es gut, aber ich kann nicht sagen, was in drei, vier Jahren ist.“
Ein Musterbeispiel laut IHK
Für Philipp Hilsenbeck von der Industrie und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg ist der Game Center ein Musterbeispiel. „Sie stehen dem Strukturwandel der Innenstädte entgegen und meistern diesen“, so der Geschäftsbereichsleiter für Standortpolitik.
Stationäre Läden stehen dem Experten zufolge branchenübergreifend vor denselben Herausforderungen: Sie haben oft austauschbare Produkte und müssen sich deshalb eine persönliche Note über Service und Beratung erarbeiten.

Wichtig sei laut Hilsenbeck, dass auch der örtliche Einzelhandel vom Onlinehandel profitieren können und sich die Internet-Vertriebskanäle zunutze machen.
Die IHK unterstütze deswegen stationäre Läden mit einer offenen und kostenfreien Zukunftswerkstatt. „Jeder hat das Potenzial, es zu schaffen, wenn wir von Beispielen lernen“, so Hilsenbeck.
Videospiele sind rar im Landkreis
Der privat geführte Großmarkt Hoerco Euronics XXL in Villingen bietet ebenfalls noch Konsolen und Videospiele an. Zwar sei auch hier etwa um 2016 ein deutlicher Einbruch zu spüren gewesen, doch laut Mitarbeiter Marc Übersohn seien die Spiele hier eher eine Kundenattraktion. Die Gewinne mache das Unternehmen nämlich primär mit Fernsehern und Haushaltsgeräten.

Sortiment hängt von den Herstellern ab
Auch für den Media Markt in Bad Dürrheim ist der Handel mit physischen Videospielen trotz Digitalisierung nach eigenen Angaben noch sehr wichtig. Gerade Playstation- und Switch-Spiele würden sich im Laden noch sehr gut verkaufen.
Da aber nicht mehr jedes Spiel auf einem Datenträger hergestellt wird, bietet Media Markt auch Guthabenkarten für Downloadportale an. „Das zukünftige Sortiment hängt ein Stück weit von den Herstellern ab“, so eine Sprecherin des Unternehmens.
In Donaueschingen konnten bis 2010 auch im Spielwarenladen Thedy noch einige Nintendospiele gekauft werden. Nach einem Umbau nahm die Inhaberin Karin Stocker-Werb sie aus dem Sortiment.

Sie habe sich vor allem auf andere Spielwaren konzentrieren wollen und Platz gebraucht. „Videospiele sind sehr wechselhaft im Verkauf. Man muss eine große Auswahl dafür haben“, so Werb.