Kirchtürme sind weithin sichtbar. Regelmäßig schlagen ihre Glocken. Kirchen sind Konstanten in der Zeit und scheinen stoisch allen Widrigkeiten zu trotzen – solange man sie braucht.
Allerdings: „Wir erleben eine Zeit, in der immer weniger Menschen unsere Gebäude nutzen und sich finanziell am Erhalt beteiligen“, kommentiert Daniel Meier, Pressesprecher der evangelischen Landeskirche in Baden.
Das Resultat: Der Bestand der Kirchengebäude wird reduziert und Grundstücke, Pfarrhäuser und Kirchen werden veräußert – auch im evangelischen Kirchenbezirk Villingen, der fast deckungsgleich ist mit dem Schwarzwald-Baar-Kreis. Wie aber wird ein Gotteshaus verkauft?
Weniger Menschen, weniger Gebäude
Neben der rückläufigen Besucherzahl werde der Betrieb und Erhalt der Gebäude zunehmend teurer, sagt Pressereferent Meier. Deshalb müsse sich der Blick auf die Gebäude verändern.
„Die Gebäude werden dem Bedarf angepasst“, bezeichnet Udo Stober diesen Schritt. Er ist Pfarrer und Vorsitzender des evangelischen Kirchengemeinderats Villingen.

Bis 2050 soll etwa die Hälfte aller Gotteshäuser verkauft oder umgenutzt werden, ergänzt Kirchensprecher Daniel Meier. In der gesamten Landeskirche Baden sind seit 2011 bereits 19 Kirchengebäude und Gemeindezentren verkauft oder umgenutzt worden.
Zwei weitere ehemalige Gotteshäuser stehen derzeit im Bezirk Villingen zum Verkauf: die Lukaskirche im Villinger Steppach sowie die Christuskirche in Unterkirnach.
Das Gebäude im Steppach wird einschließlich des Grundstücks und des Pfarrhauses veräußert. Als potenzielle Käuferin steht die katholische Caritas mit der evangelischen Gemeinde in Verhandlung.

Die Unterhaltskosten sind hoch
Woher kommt überhaupt der Druck, die Immobilien abzustoßen? Die Unterhaltskosten einer Kirche seien immens, erklärt Elisabeth Winkelmann-Klingsporn aus Donaueschingen-Aasen. Sie ist Mitglied der evangelischen Landesynode in Baden und Öffentlichkeitsbeauftragte im Kirchenbezirk Villingen.
Exemplarisch führt sie die Heizkosten ihrer Stammgemeinde in Donaueschingen an, die sich pro Gottesdienst in der Christuskirche in Donaueschingen auf rund 500 Euro belaufen.

Zentralisierte Immobilienplattform
Den Verkauf der Immobilien müssen die Pfarrgemeinden bisher selbst organisieren. „In der Regel gehören die kirchlichen Gebäude der Kirchengemeinde vor Ort“, sagt Elisabeth Winkelmann-Klingsporn.
Um die Verkäufe zukünftig zentralisiert zu organisieren, plant die evangelische Landeskirche inzwischen eine Immobilienplattform. Das soll die Kirchengemeinden entlasten, erklärt der Villinger Kirchengemeinderatsvorsitzende Udo Stober.
Es gehe insgesamt darum, „kirchliches Vermögen in der Kirche zu halten“, beschreibt Ingo Strugalla, Vorstand der Stiftung Schönau in Heidelberg, die Zielrichtung beim Gebäudethema. Die Stiftung versteht sich auf Vermögensverwaltung und Immobilienmanagement und ist das Immobilienunternehmen der badischen Landeskirche.

Damit ist sie beteiligt an der Entwicklung eines Konzepts für die zukünftige Verwendung kirchlicher Gebäude. Entwickeln heiße beispielsweise, ein Pfarrhaus umzubauen, zu vermieten oder gar zu verkaufen, sollte der Käufer geeignete Ideen haben, schildert der Stiftungsvorstand.
Ziel sei, dafür eine Gesellschaft zu gründen, so Strugalla. Diese GmbH soll vergleichbar sein mit einer Firma, die die Gebäude der Gemeinden erwirbt, weiterentwickelt und gegebenenfalls verkauft, skizziert Elisabeth Winkelmann-Klingsporn. Um Gewinnmaximierung gehe es dabei nicht.
Ampelsystem für die Zukunft der Gebäude
Geld steht nicht im Fokus
Dass rein monetäre Interessen außen vor bleiben, bestätigt Martin Hornung. Er war Vorsitzender des Bräunlinger Musikvereins, als dessen Stadtkapelle im April 2022 die Auferstehungskirche in Bräunlingen erwarb, um einen neuen Proberaum zu finden. Über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart, sagt Hornung.
Die Nachnutzug sei allerdings entscheidend gewesen und habe die Kosten reduziert. Die Stadtkapelle sei bevorzugt worden, da sie einem gemeinnützigen Zweck diene. „Im Bieterwettbewerb am Markt hätten sie sicher mehr bekommen“, so der ehemalige Vereinsvorstand.
Die jetzt zum Verkauf stehende Kirche in Unterkirnach kostet „weniger als eine halbe Million Euro“, gibt Udo Stober an. Einen genauen Preis will er nicht nennen. Es gebe Verhandlungsspielraum. Am Ende muss der Verkaufspreis allerdings noch von der Landeskirche abgesegnet werden.
Auch Glocken und Orgel werden verkauft
Für die Glocken und die Orgel in der Villinger Lukasgemeinde soll derweil eine neue Heimat gefunden werden. Ein schwieriges Thema: „Der Orgelmarkt ist zusammengebrochen, dafür kriegt man aktuell nichts“, sagt Stober. Gleichzeitig versuche man, das Großinstrument ebenso wie die Taufschale und das Abendmahlsgeschirr in einer anderen Gemeinde unterzubringen.
Im Fall der Lukasgemeinde steht das sinnbildlich für eine Gemeinde, deren Angebot in die verbleibenden Kirchengebäude in Villingen ausweichen wird, sobald das Grundstück im Steppach mit Kirche und Pfarrhaus verkauft sind.