Weit zurück ins Jahr 2016 verweisen die Vorwürfe, die eine heute 42 Jahre alte Frau ihrem früheren Heilpraktiker macht und die den 54-Jährigen nun in einen Prozess vor dem Amtsgericht Villingen-Schwenningen geführt haben. Am zweiten und abschließenden Verhandlungstag erging nach weiteren Zeugenanhörungen auch schon das Urteil.

Und das fiel eindeutig aus: Richter Christian Bäumler verurteilte den Angeklagten zu einer Haftstrafe von drei Jahren, da aus Sicht des Gerichts eine Vergewaltigung klar nachgewiesen worden sei.

Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft dem Heilpraktiker vorgeworfen, im März 2016 seine damaligen Patientin bei einer Entspannungsmassage unsittlich an Brüsten und im Intimbereich berührt, sie zum Oralsex aufgefordert und sich schließlich mit erigiertem Glied nackt auf sie gelegt zu haben.

Körperliche Verletzung und psychische Schäden

Schlimmer noch: Als die Patientin den Heilpraktiker einige Tage später bei einem Gespräch in seiner Praxis mit seinen Taten habe konfrontieren wollen, habe er sie wieder unsittlich berührt und schließlich anal vergewaltigt habe, wobei sich die Geschädigte neben einer Analfissur auch bleibende psychische Schäden zugezogen habe.

Im ersten Teil der Verhandlung hatten bereits mehrere Zeugen ein größtenteils negatives Bild des Angeklagten gezeichnet. Es waren aber auch zur ehemaligen Patientin unterschiedliche Einschätzungen laut.

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Gericht lehnt Beweisantrag ab

Jetzt zu Beginn des zweiten Verhandlungstages wollte die Verteidigung des 54-Jährigen einen Befund des Arztes des Beschuldigten einbringen, welcher bestätigen könne, dass der Heilpraktiker im fraglichen Zeitraum unter massiven Erektionsstörungen gelitten habe und zur Tat in der beschriebenen Form nicht fähig gewesen sei.

Die 42-Jährige, die auch als Nebenklägerin auftrat, legte über ihre Anwältin Einspruch gegen den Beweisantrag ein. Nach längerer Beratung entschied das Gericht, dass der geforderte Zeuge nicht gehört werde, da seine Aussage nicht von ausreichender Relevanz sei.

Anschließend wurde der Ehemann der 42-Jährigen gehört, welcher von starken Belastungen im Alltags- und Privatleben seit der Vergewaltigung seiner Ehefrau berichtete.

Kinder des Anklagten im Zeugenstand

Daraufhin machten die drei 18-, 22- und 24-jährigen Kinder des Angeklagten ihre Aussage und gaben an, dass die damalige Patientin ihren Vater wiederholt mit eindeutigen Liebesbekundungen belästigt habe, welche dieser jedoch niemals erwidert habe.

Auch habe die Geschädigte mehrfach geäußert, ein Kind vom Angeklagten zu wollen, da ihr Mann sterilisiert sei und sie gerne selbst so ein Kind wie den damals 17-jährigen Sohn des Angeklagten haben wolle.

Im Anschluss wurde Diplompsychologin Judith Arnscheid aus Stuttgart gehört, welche die Geschädigte seit dem Jahr 2020 betreut und mehrfach befragt hatte. In ihrem Sachverständigengutachten stellte sie die Aussagen der Geschädigten als durchweg schlüssig und glaubhaft mit einer hohen Belegkraft eines tatsächlichen Erlebens der Vorgänge dar.

Angeklagter schweigt zu Vorwürfen

Der Beschuldigte machte im Anschluss weiterhin keine Angaben zu den Tatvorwürfen.

Im Schlussplädoyer stellte die Staatsanwaltschaft heraus, dass die Aussagen der Geschädigten durchweg sachlich und stimmig gewesen seien und im Abgleich mit den Zeugenaussagen vom ersten Verhandlungstag eine Schuld des Angeklagten eindeutig erwiesen sei. Aus diesem Grund beantragte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Die Anwältin der Geschädigten schloss sich dieser Forderung an.

Verteidigung fordert Freispruch

Die Verteidigung führte an, dass das Verfahren, welches sich über sieben Jahre hingezogen habe, von etlichen Schwierigkeiten begleitet worden sei. So habe der Beschuldigte insgesamt drei Verteidiger gehabt, wobei einer dieser Kollegen seinem Mandanten mehr geschadet als genutzt habe.

Aus Sicht der Verteidigung sei außerdem nicht nachweisbar, ob der Geschlechtsverkehr mit der Geschädigten einvernehmlich gewesen sei oder nicht. Aus diesem Grund wurde Antrag auf Freispruch gestellt. Nach der Verurteilung ihres Mandanten zu drei Jahren Gefängnis ließ die Verteidigung noch offen, ob man in Berufung gehen wolle.

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