Das Landgericht Konstanz will sich am zweiten Verhandlungstag einen Einblick in das Leben des Angeklagten verschaffen. Der junge Mann soll versucht haben, seine Eltern zu ermorden – seine Mutter ist laut Obduktionsergebnis durch einen Messerstich in den Hals gestorben, der Vater erlag wenige Tage später seinen schweren Brandverletzungen. Drei Zeugen, die am Tattag in unmittelbarer Nähe waren, offenbaren weitere Details.
Bis kurz vor der Tat noch im Haus gewesen
Die erste Zeugin hat ein Mal pro Woche bei Familie G. geputzt. Als der Richter sie nach ihrem Kontakt mit dem Angeklagten fragt, kann sie nicht viel antworten. Auch eine Beschreibung fällt ihr schwer. Sie habe ihn nur wenige Male überhaupt gesehen, gegrüßt hätte er nie. Geputzt hätte sie auch immer nur im Erdgeschoss, nie im oberen Bereich, wo der Angeklagte sein Zimmer hat.
Am Tag der Tat war sie im Haus anwesend. Sie gibt an, dass sie laute Geräusche von oben gehört hätte. Sie beschreibt es als Würgelaut, als müsste sich jemand erbrechen. Die Mutter des Angeklagten sei aus der Küche heraus nach oben geeilt. Der Vater sei in der Küchentür stehen geblieben und hätte sie für den Tag nach Hause geschickt, dann sei sie gegangen. Sie habe zu diesem Zeitpunkt nicht geahnt, was im oberen Stockwerk passiert.
Der Nachbar sah den Angeklagten aus dem Haus gehen
Der Nachbar stand am Tattag im Garten, von wo aus er freien Blick auf die Haustür der Familie G. hat. Der Angeklagte sei herausgekommen und habe gen Himmel geblickt, als würde er sich über das schöne Wetter freuen. Im Nachhinein könnte er, so der Zeuge, es auch als Ausdruck der Erleichterung interpretieren, wissen könne er es aber nicht. Rauch aus dem oberen Stockwerk habe der Dauchinger zu diesem Zeitpunkt nicht bemerkt.

Dabei hätte der Nachbar den Angeklagten beinahe nicht erkannt, da er lange Haare und mehr Bart als früher trug. Der Angeklagte habe mal lauter, mal leiser vor sich hin geredet. Lediglich unverständliche Worte konnte der Zeuge wahrnehmen. Er spricht dabei mehr von Geräuschen, als von richten Worten.
Die Nachbarin nahm den Rauch aus der oberen Etage wahr
Die Dauchingerin erinnert sich, dass der Angeklagte zu dem Zeitpunkt, als er das Haus verließ, schon einen „verwirrten Eindruck“ gemacht hätte. Wenige Momente, nachdem der Angeklagte das Haus verließ, habe sie Rauch gerochen. Sie ging zur Haustür, klingelte Sturm, wollte die Familie warnen. Der Vater des Angeklagten sei zur Tür gekommen, wollte selbst ins obere Stockwerk gehen. Die Zeugin rief zu diesem Zeitpunkt bereits die Feuerwehr.
Weil sie auf Rufe nach dem Vater keine Antwort bekommen habe, wollte die Dauchingerin selbst nachsehen. Allerdings sei das obere Stockwerk bereits so voller Rauch gewesen, dass sie sich nicht hätte orientieren können. Daher habe sie das Haus wieder verlassen, um die Feuerwehr bei deren Eintreffen darüber zu informieren, dass noch Menschen im Haus sind.

Danach erst habe die Zeugin wieder den Angeklagten wahrgenommen. Die Nachbarin beschreibt, er habe „ohne Unterlass irgendwas vor sich hin geschwätzt“, ohne Zusammenhang. Viel habe die 50-Jährige nicht verstehen können, wohl aber, dass er von Dämonen sprach.
Sie beschreibt seinen Zustand als „eindeutig psychisch nicht auf der Höhe“, als sei er in seiner eigenen Welt gewesen. Er sei nackt auf dem Rasen gelesen, habe nicht reagiert. Als die Rettungskräfte eintreffen habe er sich ihnen gegenüber aggressiv verhalten, sie beschimpft und um sich getreten.
Seit etwa zehn Jahren waren sie Nachbarn
Der Richter befragt die beiden Nachbarn von Familie G. auch nach dem früheren Verhalten des Angeklagten. Das Ehepaar wohnt seit ungefähr zehn Jahren neben Familie G. so hätten sie den Angeklagten aber nie erlebt. Er sei immer freundlich gewesen, man hätte sich immer wieder kurz unterhalten. Ein aggressives Verhalten habe sie nie beobachtet. Er beschreibt den Angeklagten als „sehr offen, freundlich“ und er habe „immer gelacht beim Reden.“
Das Zimmer des Angeklagten liege gegenüber dem Schlafzimmer der Nachbarn. Sie hätten sich darüber gewundert, den Angeklagten am Tattag überhaupt zu sehen. Über ein Jahr lang hätten beide in dessen Zimmer kein Lebenszeichen wahrgenommen. Weder geöffnete Fenster, noch Licht, wie es früher oft die ganze Nacht brannte, nicht einmal die Plissees seien bewegt worden.
Eine Situation blieb den Nachbarn im Gedächtnis
Eine Situation ist den beiden Zeugen im Gedächtnis geblieben. Nur zwei Tage vor der Tat hatten sie Schreie gehört, die offenbar aus dem Haus der Familie G. kamen. Beide Zeugen, wie auch die gemeinsame Tochter seien sich einig gewesen: Es sei die Stimme des Angeklagten gewesen.
Er habe „aus Leibeskräften gebrüllt“, beschreibt die Nachbarin. Nur einen Satz hätte sie verstanden: „Lasst mich hier raus.“ Man sei unsicher gewesen, was zu tun sei, man wollte die Polizei nicht unnötig zur Hilfe rufen. Die Familie weiß von der früheren Band des Angeklagten, lobt sogar die Musik. Man vermutete, der Angeklagte habe sich für eine neue Musikrichtung entschieden, sei jetzt im Metal-Genre unterwegs. Nach wenigen Minuten sei wieder Ruhe eingekehrt.