Wenn es um Pferde und Reiten geht, ist oft vom Glück der Erde die Rede, das auf dem Rücken der großen Tiere liegt. Eben dieses Glück vermissen jedoch derzeit die Betreiber der Reitschulen in der Region: Sie leiden stark unter den gestiegenen Kosten für Tierarzt, Futter und Energie. Doch wie überleben sie und verhindern, dass Reiten in Zukunft nur noch zu einem Sport für Reiche wird?
Reiten ist ein Traum vieler Kinder – noch immer und sogar immer mehr. Der Sport ist im Trend, der Zulauf von Reitschülern oft riesig. Viele Reitschulen haben heute Wartelisten für die Anfänger im Sattel. Diese Entwicklung bestätigt auch Claus Steidinger, Pächter beim Reitverein Donaueschingen. Auch bei ihm sind die Reitstunden oft voll, Neueinsteiger müssen Geduld mitbringen. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille.
Zu Gast bei Reitlehrer Claus Steidinger

Die andere Seite sieht düster aus. „Die immer höheren Kosten aufzufangen, ist schwierig. Das könne wir nicht alles weitergeben“, sagt Claus Steidinger. Er hat zwölf Schulpferde, davon drei Ponys. 20 bis 25 Euro kostet derzeit eine Reitstunde auf ihnen – um wirklich Gewinn zu machen, müsste er jedoch 35 Euro verlangen, stellt Steidinger klar. „Das können sich viele dann nicht mehr leisten, in manchen Familien reiten gleich drei Kinder“, weiß er jedoch. Bei nur einer Reitstunde in der Woche müssten diese Familien über 400 Euro monatlich berappen – für viele, so weiß Steidinger, schlicht nicht bezahlbar.
„Die immer höheren Kosten aufzufangen, ist schwierig.“Claus Steidinger, Pächter in Donaueschingen
Doch die Pferde und Ponys brauchen Heu, Kraftfutter, Hufschmied und ab und an den Tierarzt. All diese Dinge sind teurer geworden, teilweise viel teurer. Allein die Tierarztrechnungen fallen durch die neue Gebührenordnung doppelt so hoch aus wie in der Vergangenheit, sagt der Pferdemann. Das gleiche gilt fürs Kraftfutter – Tendenz weiter steigend.
Und Claus Steidinger hat ein weiteres Problem: Nach der Corona-Pandemie seien viele Kinder im Winter oft krank gewesen und hätten deswegen Reitstunden abgesagt. Bei dem Pächter, der mit Zehnerkarten abrechnet, bedeutet dies jedes Mal ein kleines Minus im Geldbeutel. Unterm Strich ergibt dies ein großes Loch: Bis zu 3000 Euro weniger Einnahmen pro Monat habe er deswegen verkraften müssen, so der Reitlehrer. Auf feste Monatsbeiträge umsteigen, um unabhängig von solchen Absagen zu werden, will er jedoch nicht. „Das wären auch versteckte Preiserhöhungen.“
Bambiniclub für die ganz kleinen Pferdefans
Um die Pferde besser auszulasten und so noch ein paar zusätzliche Einnahmen zu erzielen, hat Claus Steidinger sich einiges einfallen lassen. Freitagmorgens gibt es jetzt die Hausfrauenreitstunde, außerdem wurde ein Bambini-Club für die ganz kleinen Pferdefans eingerichtet. Hier haben die braven Ponys eine zusätzliche Aufgabe bekommen. Ferienlager und Ferien-Reitkurse sind weitere Versuche, die Kosten irgendwie abzufedern.
Zu Gast bei der Reitschule Heinrich Haas

Seit über 50 Jahren ist Heinrich Haas, Inhaber der gleichnamigen Reitschule, im Pferdegeschäft. Schon 20 Jahre betreibt er die Schule im Villinger Friedengrund, erst kürzlich wurde der runde Geburtstag groß und mit allen Reitschülern gefeiert. Doch hat er in all diesen Jahren schon einmal schwere Zeiten wie diese erlebt?
„Ich bemühe mich nach wie vor, Lösungen zu finden, die für alle tragbar sind.“Heinrich Haas, Reitschul-Betreiber
„Ich schaue nach vorne und bin wie eine Katze – ich versuche, immer auf den Füßen zu landen“, so Haas. So stellt er zunächst die positiven Aspekte heraus: Der Zulauf sei gut, es gebe sehr viele Kinder, die Reiten lernen wollen. Zur 15.30-Uhr-Stunde an diesem Nachmittag etwa haben sich so viele Schüler angemeldet, dass der Reitlehrer kaum genügend geeignete Pferde zu Verfügung hat.
Doch auch Heinrich Haas muss überlegen, wie er die teils immensen Preissteigerungen weitergeben kann. 35 Euro pro Reitstunde nennt auch der Villinger Pferdeexperte als Preis, der eigentlich nötig wäre, um alles abzufedern – derzeit kostet der Unterricht 20 bis 25 Euro. „Ich bemühe mich nach wie vor, Lösungen zu finden, die für alle tragbar sind“, sagt Haas.
Daher hat Haas ebenfalls einiges auf die Beine gestellt, um gut durch die harten Zeiten zu kommen. Beispielsweise gibt es eine Kinder-Beginner-Gruppe für kleine Reiter ab acht Jahren, Ponyreiten für die ganz Kleinen, Ferien- und Reitabzeichenkurse. Denn: „Ich mache die Arbeit mit den Kindern und den Pferden nach wie vor gerne“, bestätigt er.
Zu Gast Oliver Klimmt vom Reit- und Fahrverein Schwenningen
Etwas rosiger sieht die Lage bei Oliver Klimmt aus, der seit rund drei Jahren Pächter beim Reit-und Fahrverein Schwenningen ist. „Wir haben ein etwas anderes Konzept und haben daher schon etwas hochpreisiger angefangen“, erklärt er. Nur vier Kinder reiten bei Klimmt in einer Gruppe, die Schulpferde laufen maximal zwei Mal pro Tag.

Der Schwenninger hat zudem auf Monats-Abos umgestellt, ähnlich wie beispielsweise im Fitnessstudio. Die Reitschule am Schwenninger Moos habe so feste Einnahmen und sei unabhängig von Erkrankungen. „So haben wir die Kosten in den Griff bekommen“, erläutert Oliver Klimmt.
110 Euro kostet beispielsweise ein Kinder-Abo für eine Reitstunde pro Woche. „Wir wollen aber natürlich auch, dass es für die Eltern leistbar bleibt“, so der Pächter. Zusammen mit der Tatsache, dass er sehr viel selbst mache, helfe ihm diese Umstellung durch die schwierige Zeit.
„Wir können uns kaum retten vor Anfragen.“Oliver Klimmt, Springreiter
Auf der anderen Seite bestätigt auch Oliver Klimmt das riesige Interesse bei den Kindern. „Wir machen keine Werbung, können uns aber kaum retten vor Anfragen“, so der Reitlehrer. Auf der Warteliste für Reitstunden, so berichtet er, stehen stets zwischen 25 und 40 Kinder. Auch der Ponyclub, in dem Drei- bis Siebenjährige in Schwenningen die ersten Erfahrungen mit Pferden machen können, sei sehr beliebt.