Jürgen Dreher

Bei der Landtagswahl 2011 war die bündnisgrüne Kandidatin Martina Braun knapp an einem Landtagsmandat vorbeigeschrammt – nun nimmt sie einen zweiten Anlauf.

Wer sie ist: Mitten im sehr ländlichen und zugleich idyllischen Schwarzwald lebt Biobäuerin Martina Braun, und zwar im Furtwanger Ortsteil Linach unweit der Linachtalsperre. Dort steht der Hinterbauernhof, den die 55-Jährige mit ihrem Mann Roman sowie dem ältesten Sohn Stefan bewirtschaftet. Dieser ist Landwirtschaftsmeister geworden, der jüngere Sohn Urs Systemelektroniker, die Tochter Patricia, das jüngste Kind, studiert Kommunikationswissenschaften und schreibt an ihrer Bachelor-Arbeit.

Dass sie einmal Bäuerin würde, war für Martina Braun nicht unbedingt vorgezeichnet: Nach Schuljahren am Otto-Hahn-Gymnasium in Furtwangen machte Braun zunächst eine Ausbildung als Pharmazeutisch-Technische Assistentin und arbeitete in Apotheken in St. Georgen und Furtwangen, bis sie über die gemeinsame Liebe zu Pferden ihren späteren Mann kennenlernte, dessen Familie der Hof seit Generationen gehört. Die Arbeit ist mitunter hart, das Einkommen nicht üppig, die Freizeit und – selten – ein Urlaub müssen akribisch geplant werden. Und dennoch schätzt Braun viel an der Landwirtschaft: „Am Ende des Tages, wenn man das Heu eingefahren und einen Tank voller Milch hat, dann weiß man ganz konkret, was man geleistet hat.“ Zu ihrem Leben gehört auch ihr christlicher Glaube dazu, in der Linacher Kapelle versieht sie die Mesner-Dienste.Auf politischer Ebene kann sie insbesondere ihr Kreistagsmandat vorweisen: 2009 wurde sie erstmals in das Gremium gewählt, 2014 gelang die Wiederwahl mit noch besserem Resultat.



Was sie antreibt: Als „Anpackerin und Naturliebhaberin“ beschreibt sich Martina Braun auf ihren Wahlplakaten. Ökologische Landwirtschaft war für Martina Braun und ihren Mann schon lange ein wichtiges Thema, bevor sie 2008 Mitglied bei den Grünen wurde – und auch in der Politik sind für sie auch heute Themen wie gesunde Lebensmittel und Schutz der Natur ganz wichtig. Die Brauns traten 1999 dem Bioland-Verband mit seinen strengen Vorschriften für ökologische Landwirtschaft bei. „Über die Regeln entscheiden die Bauern aber selbst“, betont Martina Braun, die ihre acht Jahre im Landesvorstand von Bioland als wertvolle Erfahrung schildert. „Es gab da hart errungene Entscheidungen, es geht ganz basisdemokratisch zu – wie bei den Grünen.“ So habe sie viel gelernt: „Ich will mich einmischen, meine Sichtweise einbringen, aber auch hören, was andere für Erfahrungen haben. Und auch darauf eingehen, wenn Andere die besseren Argumente haben – ich halte nichts davon, wenn man so festgefahren ist.“Eine Freundin brachte sie dann mit Bündnis 90 / Grüne in Kontakt. „Mir geht es wie Kretschmann, der ist auch über die Liebe zur Natur zu den Grünen gekommen“, sagt sie.



Was sie anstrebt: Ihr Lebensmittelpunkt auf dem Land und ihr Beruf als Bäuerin prägen auch die politischen Ziele von Martina Braun. „Der ländliche Raum muss gestärkt werden, damit er gerade für Familien als Wohnort attraktiv bleibt“, betont sie. Land- und Forstwirtschaft, aber auch Verbraucherschutz liegen ihr am Herzen. Gentechnik sei vergleichbar mit der Atomenergie: Man setze eine neue Technologie schon ein, ohne ihre Folgen ausreichend geklärt zu haben.Apropos Energie: Wie sieht Braun den Umstand, dass im Wahlkreis seit der Landtagswahl 2011 beim Windkraftausbau Flaute herrscht, obwohl die Grünen doch genau das Gegenteil ankündigten? Braun verweist auf den oft anzutreffenden Zielkonflikt zwischen Klimaschutz durch Windkraft einerseits und Artenschutz an potenziellen Anlagenstandorten andererseits. Das sei nur durch – leider langwierige – Verfahren in den Kommunen abzuklären. Aber nun habe zumindest landesweit der Windkraftausbau wieder Fahrt aufgenommen.Einen Zielkonflikt gebe es auch beim geplanten Lückenschluss der B 523, der Villinger Nordumfahrung – hier zwischen Anwohnerinteressen und den Kommunen im westlichen Landkreis, die besser an die Autobahn angebunden werden wollen.



Die Landesregierung unterstütze den Lückenschluss – und sie inzwischen auch. Generell sei sie dafür, Straßen vor allem zu sanieren, anstatt neu oder größer zu bauen. Mehr am Herzen liegen ihr aber der Gewährleistung des öffentlichen Nahverkehrs sowie Projekte zu nachhaltiger Mobilität etwa mit Elektrofahrzeugen im ländlichen Raum. „Wir müssen sicherstellen, dass die Leute auch im ländlichen Raum mobil sein können.“Bei der Infrastruktur sei hier aber auch der Ausbau des schnellen Internets von entscheidender Bedeutung, und das Land habe hier schon viel geleistet, ebenso wie der Landkreis und seine Kommunen. Auch bei ihr auf dem Hof ginge bei Verwaltungsarbeiten ohne Internet nichts mehr – wobei sie daheim im Linachtal mangels guter Datenleitung immer noch per Satellitenantenne online gehen muss.Bei der Flüchtlingspolitik gilt für sie: „Es sind Einzelschicksale, die man einzeln abprüfen muss.“ Das Thema tauge nicht für Parteipolitik. Klar sei: „Wir haben bei den Fluchtursachen viel zu lange weggeschaut. Nun müssen wir für unsere Gesellschaft die optimale Lösung finden.“ Da gebe es ein großartiges ehrenamtliches Engagement. Damit Integration gelinge, müsse die Gesellschaft bereit sein zur Aufnahme der Geflüchteten, wie sie sagt, „aber umgekehrt müssen die Geflüchteten auch bereit sein, sich integrieren zu lassen“. Ja, zu den Aufgaben des Landes gehörten auch Abschiebungen.



Das gelte am Ende für jene, die keines Schutzes bedürften, „so schlimm das natürlich für den einen oder anderen manchmal ist“. Wobei sie keinen Hehl daraus macht, dass Abschiebungen für sie eine schwierige Sache sind.Den Unterricht in Gemeinschaftsschulen findet Braun „klasse“ und zukunftsträchtig. „Aber auch die Realschulen und Gymnasien brauchen wir weiter“, da seien die Gemeinschaftsschulen einfach eine sehr gute Ergänzung.

Wie sie die Lage einschätzt: 2011 war Braun kurzfristig als bündnisgrüne Landtagskandidatin eingesprungen, weil sich der schon aufgestellte Bewerber aus familiären Gründen zurückziehen musste. Dennoch schaffte sie es mit 22,4 Prozent beinahe in Landesparlament. Dieses Mal nun soll es klappen mit dem Mandat: „Ich bin an den Start gegangen und möchte natürlich auch ins Ziel kommen.“ Und: „Für mich ist wichtig, dass Kretschmann Ministerpräsident bleibt, mit einem CDU-Ministerpräsidenten Guido Wolf könnte ich nicht leben.“
 

Bewerber-Check

Wer sind die Landtagskandidaten von CDU, Grünen, SPD, FDP, AfD und Linke im Wahlkreis Villingen-Schwenningen? Woher kommen sie, für was stehen sie, was sind ihre Ziele?
Der SÜDKURIER stellt in seiner Serie Kandidaten im Porträt die Bewerber vor: Karl Rombach (CDU), Martina Braun (Grüne), Henning Keune (SPD), Andrea Kanold (FPD), Markus Frohmaier (AfD) und Marvin Wiegand (Die Linke).