Obgleich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges mehr als 75 Jahre vergangen sind können immer noch Schicksale von gefallenen und vermissten Soldaten aufgeklärt werden. Manchmal geht die Aufklärung bemerkenswerte Wege. Mitunter führen sie auch über das Ausland, wie die Lebensgeschichte des am 26. April 1945 in Zimmern umgekommenen Soldaten Walter Jahn zeigt. Dieser ist in einem Sammelgrab auf dem Friedhof in Zimmern beigesetzt.
Deutsch-dänische Schule erforscht
Auf den toten Soldaten wurde die in Kopenhagen wohnhafte Karin Sintring aufmerksam. Diese recherchierte die Geschichte der deutsch-dänischen St.Petri-Schule in Kopenhagen und interessierte sich auch dafür wie die Einflussnahme der Nationalsozialisten während der deutschen Besatzung erfolgte. Das Interesse an der Schule hatte dabei einen familären Bezug.
Ihre beiden Kinder wurden von 2010 bis 2020 an der deutsch-dänischen Schule unterrichtet. Ihr Vater sei pensionierter Geschichtslehrer in Schweden. „Mir ist dabei wichtig zu betonen, dass diese Schulen in der Zeit des Nationalsozialismus in diesem Geist geführt, gleichgeschaltet und andersdenkende Vorstände, Schulleiter und Lehrkräfte aus dem Amt gedrängt wurden“, unterstreicht Karin Sintring.
In ihren Nachforschungen stieß sie auf den Namen Walter Jahn, was zu ihrer Anfrage beim katholischen Pfarramt Immendingen führte, ob der Genannte im Friedhof von Zimmern beigesetzt sei. Anhand der Eintragungen in den Kirchenbüchern konnte Pfarramtssekretärin Kornelia Schlesinger dies bestätigen.

Weitere Recherchen erhellten nach und nach die Biographie von Walter Jahn. Dieser wurde am 24.12.1900 in Ratzebur, Kreis Neustettin geboren. Er studierte von 1919 bis 1924 Theologie. Nach seinem Wirken in Greifswald und Strahlsund wurde er im Mai 1930 als Hilfspfarrer an der der Schule angeschlossenen St. Petri-Kirche angestellt und blieb dort bis 1934. Wie in der Vita zu lesen ist, wurde er Nationalsozialist und zum Schulkommissionsvorsitzenden (Schulrat) ernannt. Es gelang ihm, Landesjugendführer zu werden. Damit gehörte er zu den Hauptverantwortlichen für den Durchbruch der NSDAP und der Hitlerjugend in Dänemark zu werden.
Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges meldete er sich wiederholt freiwillig, bis es ihm schließlich gelang, von Brandenburg aus zu Kriegseinsätzen zu kommen. Nach harten Kämpfen auf verschiedenen Kriegsschauplätzen kam der evangelische Pastor als Leutnant der Reserve und Angehöriger der Maschinengewehr Kompanie 68 in die Rückzugsgefechte vom Schwarzwald an den Bodensee.
Getötet, während er die Rotkreuzfahne hielt
Wie nachzulesen ist, befand er sich währende der schweren Kämpfen am 26. April 1945, an dem Tag, als 40 Prozent der Gebäude des Ortes Zimmern durch Brandbomben zerstört wurden, im Hof des Landwirts Gottfried Bayer, als er einen schwerverwundeten Kameraden bergen wollte. Dabei wurde er durch einen Kopfschuss getötet. Noch im Tode soll er die Fahne des Roten Kreuzes in der Hand gehalten haben.