Ukrainer, die vor dem Krieg geflohen sind, leben in Deutschland in Sicherheit – aber weit entfernt von ihrer Heimat. 2021 war Weihnachten für sie noch ein Fest des Friedens und der Familie. 2022 sind sie auf der Flucht.

Aber wie feiern Menschen aus der Ukraine eigentlich traditionell das bedeutendste Fest des Jahres? Welche Gefühle und Hoffnungen verbinden sie in diesem Jahr mit Weihnachten? Im Gespräch mit dem evangelischen Dekan Wolfgang Rüter-Ebel berichten Oleg Andrusyshyn, seine Frau Svitlana Malona und Anastasiia Bilinska von Weihnachten in der Ukraine und im Schwarzwald.

Traditionell gekleidet sind Oleg Andrusyshin (von links) mit Nastia, Svitlana Malona und die Kinder Dima, Volodia, Tania und Arsen mit ...
Traditionell gekleidet sind Oleg Andrusyshin (von links) mit Nastia, Svitlana Malona und die Kinder Dima, Volodia, Tania und Arsen mit Anastasiia Bilinska bereit für das Weihnachtsfest im Schwarzwald. | Bild: Ina Klietz

„Die Kinder sollen trotz allem ein traditionelles Weihnachtsfest haben.“ Oleg Andrusyshyn und seine Frau Svitlana kommen aus Iwano-Frankowe im Westen der Ukraine. Nach den ersten Raketeneinschlägen haben sie die Stadt verlassen. 50 Tage war die 40-jährige Svitlana allein mit ihren fünf Kindern im Auto auf der Flucht. Dann durfte ihr Mann Oleg zu ihnen kommen. Jetzt lebt die Familie in einer kleinen Wohnung in Hüfingen.

So war Weihnachten 2021

Die beiden ältesten Kinder besuchen das Fürstenberg-Gymnasium in Donaueschingen. Die beiden Kleineren gehen zur Grundschule. Nesthäkchen Nastia wird von den Eltern betreut. Beide besuchen Deutsch- und Integrationskurse. Der Familie geht es gut. Aber beim Erzählen über ihr letztes Weihnachten in der Heimat schwingt Wehmut mit. „Wir hatten keine Ahnung, dass Krieg kommt.“

Wie immer wurde Weihnachten als das wichtigste Fest der Familie gefeiert. Dazu gehören alle engen und entfernten Mitglieder der Familie sowie Nachbarn und Freunde. Als Mitglieder der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche orientiert sich die Familie am byzantinisch-orthodoxen Ritus und feiert Weihnachten am 6. Januar.

Was zu Weihnachten in der Ukraine anders ist

„Das Fest beginnt, wenn der erste Stern am Himmel zu sehen ist,“ erklärt Anastasiia Bilinska.

Flucht vor den Bomben

Auch die junge Deutschlehrerin hat nach den ersten Raketen die Flucht ergriffen. „Ich saß beim Frühstück – und dann war mein Leben vorbei“, erinnert sie sich an den 24. Februar.

Bei ihren Erinnerungen an die ukrainische Weihnacht schwärmt die 22-Jährige von Kutja – eine Süßspeise aus gekochtem Weizen, gehackten Nüssen, Mohn, Rosinen und Honig.

Ein traditionell gedeckter Tisch für das ukrainische Weihnachtsessen.
Ein traditionell gedeckter Tisch für das ukrainische Weihnachtsessen. | Bild: Ina Klietz

Auch in der Ukraine sei Weihnachten das Fest der Familie und Verwandten. Im Vordergrund stehe die Freude über die Geburt Jesu. Es werde gemeinsam gesungen und gespielt. Geschenke seien weniger wichtig. Für die Kinder sei es spannender, wie viel Geld und Süßigkeiten sie beim Singen von Tür zu Tür sammeln, berichten die Eltern schmunzelnd.

Vorbereitungen beginnen im Herbst

„Wir feiern Weihnachten, wie wir es von Eltern und Großeltern gelernt haben“, erklären Oleg und Svitlana. Schon im Herbst hätten sie Pilze, Äpfel und Nüsse für die Fastengerichte gesammelt. In Deutschland gäbe es nicht alle Zutaten für die zwölf verschiedenen Speisen. Vor allem der Weizen sei anders, bedauern sie.

Die Hoffnung lebt

Mit welchen Gefühlen sie dieses Jahr feiern? „Wir werden daran denken, wie dankbar wir sind für die Hilfe, die wir hier erfahren haben“, sagt das Ehepaar. Weihnachten sei das Fest der Freude, die Jesus in die Welt bringe. „Die Hoffnung lebt auf jeden Fall“, versichert Oleg. Irgendwann sei der Krieg zu Ende. Eine zweite Hoffnung: „Die Kinder sollen trotz allem eine Zukunft haben.“

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Dieses Jahr werde die Familie an Heiligabend in die Kirche gehen oder einen Online-Gottesdienst mit anderen Ukrainern feiern. Anastasiia Bilisnka feiert mit Freunden. Wehmütig denkt sie an ihre Familie. „Ich werde die Kutja vermissen.“