Fünf Jahrzehnte ist es her, dass die Region Geisingen zum Landkreis Tuttlingen kam – sichtbar wurde dies zuerst bei den Autos. Das Kennzeichen DS war damit Geschichte. Noch lange fuhren viele Fahrzeuge mit dem alten Kennzeichen umher, gerade Anhänger oder Traktoren, bei denen es keinen Eigentümerwechsel gab, sind in wenigen Exemplaren noch damit heute zu sehen. Andere haben als zusätzliche Buchstaben nach der Zuordnung TUT-DS als Verbindung zu Donaueschingen.
Vor mehr als 50 Jahren wurde in Geisingen und den damals noch selbstständigen Gemeinden Gutmadingen, Aulfingen, Kirchen-Hausen und Leipferdingen über die Gemeinde- und Kreisreform diskutiert. War doch der Landkreis Tuttlingen deutlich kleiner als Donaueschingen, aber dessen Ende war besiegelt. In der Region Geisingen gab es theoretisch zwei Möglichkeiten: nach Tuttlingen ins fremde schwäbische Nachbarland oder badisch bleiben und nach Villingen gehen? Es kam wie es nun ist, die Region wurde Tuttlingen zugeordnet. An der äußersten Grenze ist man bei Tuttlingen im Südwesten und wäre das beim Schwarzwald-Baar-Kreis im Osten.
Ist die Kreisreform vollzogen? Politisch ja, gesellschaftlich einigermaßen, organisatorisch, was die Vereine betrifft, keinesfalls. Der Landkreis Tuttlingen wurde badisch, er wurde dem Regierungsbezirk Südbaden zugeschlagen. Dort, wo die frühere badische Landesgrenze zwischen Möhringen und Tuttlingen ist, dort verläuft eigentlich auch heute noch die Grenze für die Zuordnung der Vereine und Organisationen. Lediglich die Feuerwehr, da sie auch hoheitliche Aufgaben hat und im Bereich des Katastrophenschutzes tätig ist, wurde von Anfang an dem Landkreis Tuttlingen zugeordnet.
Eine zweite Organisation hat ihre Zugehörigkeit dann mit der Kreisreform der politischen neuen Grenze angegliedert: die evangelische Kirchengemeinde. Sie gehört zur württembergischen Landeskirche, richtiger wäre vielleicht gewesen, wenn die evangelischen Kirchengemeinden des Landkreises Tuttlingen zur badischen Landeskirche übergetreten wären, um die Grenzen der Kirche der politischen Einheit anzugleichen.
Die Katholiken von Möhringen bis Geisingen sowie Emmingen und Liptingen gehören zur Erzdiözese Freiburg, der Rest des Landkreises Tuttlingen zu Rottenburg. Zuständig war bis vor wenigen Jahren, was die Steuerzugehörigkeit betrifft, das Finanzamt Donaueschingen, bis dann die Umgliederung nach Tuttlingen vor etwa eineinhalb Jahrzehnten kam.
Auch das DRK, sowohl von Geisingen wie Immendingen, war noch lange Jahre beim DRK-Kreisverband Donaueschingen angesiedelt. Immer wieder wurden Versuche für eine Umgliederung nach Tuttlingen unternommen. Aufgrund der immensen Forderung von Donaueschingen an die beiden Ortsvereine zur finanziellen Rettung des Kreisverbands, sah man sich in Geisingen dann allerdings gezwungen, den Wechsel anzustreben. 1992 wurde in Geisingen der Beschluss gefasst, nach Tuttlingen zu wechseln, 1993 wurde vom Kreisverband Donaueschingen die Umgliederung aber abgelehnt. Erst ein Jahr später konnte dann der Übertritt zu Tuttlingen erfolgen, Immendingen kam einige Jahre später ebenfalls dazu.
Die Bankenlandschaft ist zersplittert. Geisingen ist Gewährträgergemeinde der Bezirkssparkasse Schwarzwald-Baar, wollte vor rund einem Jahrzehnt zur Kreissparkasse Tuttlingen wechseln, das wurde aber von der Sparkasse Schwarzwald-Baar abgelehnt, sodass es beim Status Quo blieb. Immendingen ist Gewährträgergemeinde der Sparkasse Engen-Gottmadingen. Übrigens gilt das auch für Emmingen-Liptingen. In Immendingen hat die Volksbank Tuttlingen eine Filiale, in Geisingen die Volksbank Villingen-Offenburg.
Die Narren sind badisch orientiert, Geisingen ist Mitglied in der VSAN, Gutmadingen in der Narrenvereinigung Schwarzwald und Kirchen-Hausen, Aulfingen und Leipferdingen in der Vereinigung Hegau-Bodensee. Ferner ist der Sportbereich verbandsmäßig nach Westen eingegliedert. Der Fußball von Möhringen bis Geisingen im südbadischen Fußballverband, Hattingen im Hegau, während die neubadischen Gemeinden bei ihrem Württembergischen Verband blieben. Die Blasmusik ist in der gleichen Art organisiert. Leipferdingen hatte schon immer eine Verbindung zum Hegau, der Musikverein Polyhymnia gehört zum Verband Hegau-Bodensee, die anderen Musikkapellen zum Blasmusikverband Schwarzwald-Baar. Zimmern ist im Schwarzwald-Baar, Immendingen und Hattingen im Hegauer Verband.
Politisch ist die Reform vollzogen, was behördliche Zuständigkeiten und Aufgaben sowie die Vertretung im Kreistag betrifft, der Rest wird wohl auf absehbare Zeit beim Status Quo bleiben. Wenn auch die Schüler größtenteils die weiterbildenden Schulen im Landkreis Tuttlingen besuchen und viele Berufstätige ihren täglichen Weg zur Arbeit nach Tuttlingen nehmen.
Zu der Zeit entstand auch der Zweckverband Pflege- und Altersheim Haus Wartenberg, man wollte Tuttlingen nicht das Kreispflegeheim überlassen. Persönlich hat man mit den Menschen im Kreis Tuttlingen keine Probleme, man versteht sich, schließlich hatte Geisingen von 1971 bis 2003 mit Hans Sorg einen schwäbischen Bürgermeister, und seit 2019 mit Martin Numberger sogar einen, der aus dem Landkreis Tuttlingen stammt. Und der fühlt sich mit seiner Familie in Geisingen, wie er betont, sehr wohl.