Künftig werden die Regierungs- und Verwaltungsstellen von Bund und Land zumindest deutlich mehr Aufwand treiben müssen, um die von Geisingen seit Jahrzehnten aktiv betriebene Einführung eines Tempolimits entlang der Autobahn A81 und die Ertüchtigung der Schallschutzanlagen abschlägig zu bescheiden. Bislang genügten ein paar dürre Sätze, um die Geisinger Vorstöße in Sachen Verminderung der Lärmbelastung mit einem Pinselstrich wie eine lästige Mücke vom Tisch zu wischen.
Jetzt müssen die zuständigen Stellen sich eingehend mit der Materie befassen und ihre – wohl weiterhin ablehnende Position – zumindest detailliert begründen.
Grund dafür ist der Lärmaktionsplan der Stadt Geisingen, dessen Entwurf der Gemeinderat bei seiner jüngsten Sitzung gebilligt hat und der jetzt in die Offenlage geht, bevor er endgültig in Kraft tritt. In einem Lärmaktionsplan wird die Lärmbelastung der jeweiligen Kommune dokumentiert und analysiert sowie Maßnahmen zur Eindämmung der Lärmbelastungen begründet und aufgelistet.
Ein „Wunderinstrument“ ist, darüber herrschte Einvernehmen im Gemeinderat auch der Lärmaktionsplan nicht. Aber wenigstens bietet er eine verlässliche Grundlage, legt Verfahrensschritte fest und lässt sich als politisches Instrument nutzen. Nein, Bindungswirkung auf den Straßenbaulastträger entfalte ein Lärmaktionsplan nicht, stellte denn auch Axel Jud vom Ingenieurbüro Heine und Jud auf Nachfrage von Ulrike Benz (SPD) fest. Heine und Jud hat den Lärmaktionsplan im Auftrag der Stadt umgesetzt und bei der jüngsten Sitzung des Gemeinderats vorgestellt.
Der Knackpunkt, mit dem das Thema verbesserter Lärmschutz an der Autobahn stehe und falle, so Bürgermeister Walter Hengstler, blieben die Grenzwerte genauer gesagt deren Ermittlung. Solange nicht die tatsächlichen Messwerte Berücksichtigung fänden, sondern bei deren Berechnung von der Einhaltung der Richtgeschwindigkeit ausgegangen werde und Lärmspitzen konsequent „eingedampft“ würden, bleibe die Situation prekär. „So, wie die Grenzwertermittlung angelegt ist, dient sie nicht dem Lärmschutz der Bevölkerung, sondern dem Schutz des Bundes vor Kosten“, meinte Hengstler.
Aufgeben werde man den Kampf für ein Tempolimit und verbesserte Lärmschutzanlagen an der Autobahn keinesfalls, betonten unter anderem die Fraktionssprecher Hubert Seger (CDU), Paul Haug (FW/FDP) und Ulrike Benz (SPD) sowie Adolf Heppler (Aktive Bürger). Es sei den Einwohnern allerdings kaum noch zu vermitteln, so Benz, warum sich nichts bewege. Die Blindheit mancher Behörden und der stiefmütterliche Umgang von Regierungs- und Verwaltungsstellen mit dem Geisinger Anliegen suche, so Paul Haug, seinesgleichen. Adolf Heppler machte die Autolobby und deren Einfluss auf die Politik als wahren Schuldigen aus. "Vielleicht sollten wir die Maximalforderung nach einem Tunnel aufstellen, um dann wenigstens bei Tempolimit und verbessertem Lärmschutz zu landen", betonte Seger. Auf Vorschlag von CDU-Fraktionschef Hubert Seger werden in das Planwerk auch das Alleinstellungsmerkmal „innerstädtische Situation“ sowie Verkehrssicherheitsaspekte aufgenommen.
Enttäuschte Hoffnung
Für die A81 im Straßenabschnitt Bad Dürrheim – Geisingen wurde im Jahr 1982 für den Prognosehorizont 1990 eine schalltechnische Untersuchung durchgeführt, um den erforderlichen Lärmschutz dimensionieren zu können. Würden der Ist-Zustand deutlich von diesen Prognosewerten abweichen, hätte die Stadt eine rechtliche Handhabe, um unter dem Schlagwort „fehlgeschlagene Prognose“ auf eine Ertüchtigung der Schallschutzanlagen hinzuwirken.
Diese Hoffnung wurde enttäuscht: Messungen des Ingenieursbüros Heine und Jud im Auftrag der Stadt ergaben, dass die aktuellen Lärmbelastungen tagsüber 0,2 Dezibel und nachts 1,1 Dezibel unter den für 1990 prognostizierten Werten liegen. Ein Grund dafür ist, Axel Jud erläuterte, der Anteil des Schwerlastverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen: Zwar liegt das Verkehrsaufkommen, Stand: 2014, mit rund 37 000 Fahrzeugen deutlich über dem Prognosewert von 25 000 aus dem Jahr 1990. Dafür beträgt der aktuelle Schwerlastanteil lediglich 11,9 Prozent, während für 1990 Werte von 25 Prozent tagsüber und 45 Prozent nachts prognostiziert worden waren. (tom)