Getreide ist aktuell in aller Munde. Günstige Exporte aus der Ukraine sorgen derzeit vor allem in osteuropäischen Ländern für einen Preisverfall, da große Mengen nicht mehr über den Seeweg das Land verlassen können, sondern über Land transportiert werden, eine Konsequenz des russischen Angriffskrieges mit ungewissem Fortgang. Bauern protestierten, erste Importstopps wurden verhängt.
Aber wie ist die Situation hier vor Ort? Bleiben Landwirte auch hier Landwirte auf ihren Ernten sitzen? Was passiert eigentlich mit den lokal produzierten Lebensmitteln? Was wird aus ihnen hergestellt? Wir haben bei Regionalleiter Edgar Isele vom Agrarstandort der Zentralgenossenschaft (ZG) Raiffeisen in Donaueschingen nachgefragt. Der stammt aus Bonndorf und arbeitet bereits seit 40 Jahren für die ZG.
Der Bereich Agrar der ZG Raiffeisen bietet Produkte und Dienstleistungen für landwirtschaftlichen Kunden rund um den Anbau, Erfassung und Vermarktung der Ernte sowie Tiernahrung. Der Standort Donaueschingen ist einer der größten Lagerstandorte im südbadischen Raum.
250 Landwirte aus dem Landkreis und darüber hinaus, so schätzt Isele, nutzen Dienstleistungen der ZG und liefern ihre Ernten für die Vermarktung ab. „Pro Jahr kommen 1400 Lieferungen an mit jeweils rund 15 Tonnen Getreide“, rechnet der Regionalleiter vor.

21.000 Tonnen kann die ZG insgesamt in ihren Lagersilos aufnehmen. Zuvor werden die Körner im hauseigenen Labor untersucht, gereinigt und gegebenenfalls getrocknet. Ende des Sommers sind die Silos prall gefüllt.
Nach und nach wird das Getreide dann an Lebensmittel und Futterproduzenten weiterverkauft. Isele versteht die ZG als Handelshaus und als Teil der Lebensmittelproduktion, auch wenn die ZG selbst keine Endprodukte herstellt.
Bislang keine Auswirkungen zu spüren
Aktuell sind die weithin sichtbaren Silos entlang der Bahnhofstraße noch gut gefüllt. „Aber wir haben schon alles verkauft“, sagt Isele. Bedeutet auch: Die aktuelle Getreidekrise in Europa wird in naher Zukunft vermutlich kaum Auswirkungen auf die Geschäfte der ZG und der Landwirte hier in der Region haben. „Auf den Handelsmärkten ist das aber schon spürbar. Der Markt ist belastet.“
Wie sich die Situation in den kommenden Jahren entwickle, sei momentan kaum vorhersehbar. Isele bleibt aber optimistisch. Für ihn sind Krisen auch eine Chance.

Die Zukunft für mehr Unabhängigkeit, Versorgungssicherheit und letztlich auch für den wirtschaftlichen Erfolg aller Beteiligten der Lebensmittelproduktion sieht Isele im weiteren Ausbau von regionalen Wertschöpfungsketten. Das sei auch ein Schwerpunkt der ZG Raiffeisen.
Seit 2003 verantwortet er am Standort Donaueschingen den Bereich Agrar, der die Region vom Hochrhein bis zum Bodensee, bis Pfullendorf und den Schwarzwald-Baar-Kreis umfasst.
Was aus unserem Getreide produziert wird
Weizen sei die Hauptkulturpflanze weltweit, sagt Isele, auch hier in der Region. 10.000 Tonnen davon produzieren die 250 angeschlossenen Landwirte der Region jedes Jahr. Die Ernten landen letztlich in den großen Silos der ZG. „Für ein Kilogramm Brot werden 800 Gramm Weizen benötigt“, rechet Isele vor. Aus dem gesamten Siloinhalt eines Jahres ließen sich also 15,5 Millionen Brotlaibe herstellen.
Die 4500 Tonnen Raps – bis zu 60 Prozent davon wachsen im Schwarzwald-Baar-Kreis heran – werden vornehmlich zu Speiseöl verarbeitet, zum Beispiel in der Donaueschinger Ölmühle des Maschinenrings. „Rapskörner enthalten 43 Prozent Öl“, erklärt Edgar Isele. Aus 4500 Tonnen Raps können etwa 1,7 Millionen Liter Speiseöl gewonnen werden.

Bei der Gerste können Bierliebhaber aufhorchen. Laut Isele benötigt man für zehn Liter Bier 2,1 Kilogramm Braugerste. Die Lagermenge im ZG-Silo reicht für 20 Millionen Liter Bier, was 1,5 Millionen Kisten mit jeweils 24 kleinen Bierflaschen entspricht. „Und unser Dinkelvorrat reicht aus, um 3,5 Millionen Müsli-Packungen herzustellen“, gibt der Regionalleiter ein weiteres Beispiel.
Donaueschingen ist ein Zentrum der Landwirtschaft
„Donaueschingen ist eine grüne Stadt“, sagt Isele zum Schluss. Gemeint ist, dass sich Donaueschingen seit vielen Jahren als eine Art regionales Zentrum für die Landwirtschaft etabliert hat.
Neben dem großen und bedeutenden ZG-Raiffeisen-Standort sind hier zum Beispiel auch die Fachschule für Landwirtschaft, eine Geschäftsstelle des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes sowie der Maschinenring beheimatet. Außerdem findet regelmäßig ein Viehmarkt statt.