In einer Arztpraxis fallen eine Menge Aufgaben an. Und es sind dabei längst nicht alle medizinischer Natur. Da geht es um Personalplanung, Verwalten der Patientenkartei, die Buchhaltung, Terminplanung.

Den Komplex einer Hausarztpraxis komplett in seiner Hand zu behalten, das wollen mittlerweile immer weniger junge Ärzte. Und deshalb sind zunehmend auch neue Konzepte notwendig, um sie dennoch in den ländlichen Raum zu bekommen, so wie etwa in Blumberg.

Neben Gemeinschaftspraxen etabliert sich bereits seit 2008 auch ein anderes Modell, um die Ärzte zu entlasten. Die Rede ist von Versorgungsassistenten in der Hausarztpraxis (Verah) oder Nichtärztliche Praxisassistenten (Näpa).

Mitarbeiter mit dieser Weiterqualifikation der medizinischen Fachangestellten übernehmen an vielen Stellen in der Praxis Aufgaben, die sonst der Arzt machen würde – und entlasten ihn damit.

Vier Assistentinnen

In der Hausarztpraxis Karl Stuff gibt es mittlerweile vier Verah-Assistentinnen. Sie übernehmen verschiedene Aufgaben, wie Birgit Klausmann erklärt. Die Praxismanagerin ist selbst Näpa und Verah.

„Wir haben eine Verah, die das Hausbesuchsmanagement übernimmt“, erklärt sie. „Es geht darum, den Hausarzt zu entlasten und eine optimale Patientenbetreuung zu gewährleisten. Mit dem Ziel, Krankenhausaufenthalte zu vermeiden.“ Dazu gehören etwa die Bereiche Prävention und rehabilitative Maßnahmen, Impfmanagement, Fall- und Praxismanagement aber auch das Qualitätsmanagement.

„Unsere Patientenschulungen übernehmen auch die Verahs“, erklärt Klausmann. Bei Krankheiten wie etwa Diabetes oder Koronare Herzkrankheit werden mehrere Einheiten mit je 45 Minuten Angeboten, um die Patienten über die Grundlagen ihrer Erkrankung aufzuklären, sie auf Notfall-Situationen vorzubereiten und die Notwendigkeit von Bewegung und Ernährung zu erläutern. „Der Arzt macht das auch – aber er hat dafür keine 45 Minuten Zeit“, sagt Klausmann.

Die Arbeit von Näpa oder Verah gehe immer in Abstimmung mit dem Arzt. „Der Arzt entscheidet dann, wie vorgegangen wird.“

Ein wichtiger Baustein

Kai Sonntag, Leiter Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg.
Kai Sonntag, Leiter Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. | Bild: Kassenärztliche Vereinigung

Auch auf Hausbesuch

Und wenn ein Patient den Arzt anruft und einen Hausbesuch wünscht, weil er sich eine Wunde am Bein zugezogen hat? Dann wird sofort Rücksprache mit dem Arzt gehalten und je nach Verletzung entscheidet der Arzt das weitere Vorgehen. Das könne aber auch bedeuten, dass eine Verah vorbeikommt.

Beim Hausbesuch stehen aber auch andere Aspekte im Vordergrund: „Das Medikamenten-Management, werden Hilfsmittel benötigt, gibt es Stolperfallen?“

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Die Programme mit den Assistenten auszubauen, das scheint eine Stoßrichtung zu sein, um die mangelnde Ärzteversorgung auszugleichen – oder Perspektiven anzubieten: „Es ist wichtig, dass ein niedergelassener Arzt weiß, dass er durch kompetente Mitarbeiter und Delegationen entlastet wird“, sagt Klausmann. Sie sieht die zukünftige Entwicklung in Richtung von medizinischen Versorgungszentren – mit Aufgabenteilung.

Verah-Station

Da sei auch schon die Idee entstanden, in der Region eine Verah-Station aufzubauen, die mit Telemedizin arbeitet. Das heißt, der Arzt wird digital konsultiert, sollte das notwendig sein. Man habe das diskutiert, getan habe sich bislang leider noch nichts, so Birgit Klausmann.

Sie selbst arbeitet aktuell daran, medizinisch mehr übernehmen zu dürfen. Sie gehört zum ersten Studiengang Primärmedizinisches Versorgungs- und Praxismanagement. Abgeschlossen wird der mit einem Bachelor-Abschluss. „Er befindet sich seit September 2022 im Aufbau“, erklärt Klausmann. Sie befindet sich seit März bereits im vierten Semester.

Nahezu alles findet digital statt: „Das ist praktisch für mich. Einmal im Semester gibt es eine Veranstaltung in Präsenz.“ Und wie gelingt das Studium parallel zur Arbeit? „Das frage ich mich auch manchmal.“

Lernen bis in die Nacht

Gelernt wird bis in die Nacht hinein nach der Arbeit. Mittwochs ist Birgit Klausmann freigestellt für das Studium und samstags wird auch zum Lernen benutzt. Der mit dem Studium verbundene Wunsch sei dabei klar: „Mehr medizinische Tätigkeiten übernehmen zu dürfen, eine Arzt-Entlastung anzustreben und die Patientenversorgung weiter zu gewährleisten.“

Etwa in der Behandlung von einfacheren, kleineren Krankheitsbildern: „Das studieren und in die Praxis transferieren.“ Dabei stelle sich dann noch die Frage, wie ein gutes Schnittstellen-Management mit dem Arzt aussehen könne. „Das Praxismanagement mache ich ohnehin schon. Der Bedarf entsteht eher im medizinischen Bereich.“

Das sei dann wiederum eine Frage für die Zukunft. Wie geht es weiter mit der Ärzteversorgung, mit einem Nachfolger in der Praxis? Ziel sei es hier, einen Weiterbildungsassistenten zu bekommen. Das ist ein Arzt, der nach Erteilung der Approbation im Rahmen einer Weiterbildung zum Erwerb einer Zusatzbezeichnung bei einem zugelassenen Arzt mitarbeitet.